10.06.2016 13:45 Uhr

ÖFB-Attacke gegen TV-Partner ORF

Willi Ruttensteiner ließ mit einer verbalen Attacke aufhorchen
Willi Ruttensteiner ließ mit einer verbalen Attacke aufhorchen

ÖFB-Sportdirektor Willi Ruttensteiner ließ am Freitag bei der Pressekonferenz in Mallemort mit einer überraschenden Kritik am TV-Partner ORF aufhorchen. Ein Täuschmanöver um von den Sorgen rund um Marc Janko abzulenken?

Willibald Ruttensteiner erschien gemeinsam mit Stefan Ilsanker und Jakob Jantscher um 12:00 Uhr zum Medientermin im Vorfeld der Europameisterschaft 2016 in Frankreich. Österreich steht nach einer beeindruckenden EM-Qualifikation kurz vor dem ersten Turnierspiel gegen Ungarn am Dienstag (ab 18:00 Uhr im weltfussball-Liveticker) in Bordeaux.

Eigentlich ein Grund zur allgemeinen rot-weiß-roten Euphorie. Doch dem ÖFB hatten Bemerkungen des ORF-Feldreporters Peter Hackmair bei der Live-Übertragung des öffentlichen Trainings am Donnerstagnachmittag sauer aufgestoßen. 

Interpretationen der Körpersprache als großes Ärgernis

Ruttensteiner war mit den Ausführungen des Ex-Bundesligaspieler ganz und gar nicht einverstanden: "Es ist ganz wichtig zu unterscheiden, was ist eine Wahrnehmung und was ist eine Interpretation. Man muss da sehr vorsichtig sein. Es gilt, niemanden zu diffamieren oder gar zu beleidigen." Besonders die Einschätzungen über hängende Schultern oder Fragezeichen im Gesicht störten den ÖFB-Sportchef.

"Man könnte meine gute Gesichtsfarbe auch so interpretieren, als ob ich den ganzen Tag in der Sonne liege. Dies ist natürlich nicht der Fall", so der 53-Jährige, der sich in Rage geredet hatte. Ein derartiger Rundumschlag (noch dazu skur­rilerweise erneut live im ORF übertragen) kam völlig ohne Vorwarnung. Was sind die Beweggründe dafür?

Wird Marc Janko zum Problemfall wie Andi Herzog bei der WM 1998?

Eines ist seit Freitag jedenfalls klar: Wenn man damit versuchen wollte die Fitnessprobleme bei Marc Janko medial zu übertönen, dann ist es nur vorläufig gelungen. Die weltfussball-Geschichte über die Sorgen um den körperlichen Zustand des ÖFB-Torjägers war plötzlich auch für die anderen heimischen Berichterstatter ein großes Thema.

Eingangs der Pressekonferenz legte Medienchef Wolfgang Gramann noch Wert auf die Feststellung, dass bei Janko die "Muskelverspannungen" nicht so gravierend sind. Man wollte dem Sturmtank die "Erschütterungen nicht antun", weshalb er beim internen Trainingsspiel pausiert hatte.

Dann wurde Sportdirektor Ruttensteiner um seine Einschätzung über die Einsatzfähigkeit des bald 33-jährigen Routiniers im EM-Kader gebeten: "Er weiß es selbst sicher am Besten. Marc kann den Prozess steuern und einschätzen ob es seine Gesundheit erlaubt." Die ÖFB-Hoffnung ist noch immer, dass der Goalgetter "am Dienstag voll da sein" wird.

Die Nachfrage von weltfussball konfrontierte den Oberösterreicher mit dem heimischen Déjà-vu-Erlebnis. Bei der WM 1998 hatte Herbert Prohaska seinen Spielmacher Andi Herzog trotz großer Verletzungsprobleme im Vorfeld auch beim Turnier eingesetzt. Für den damaligen ÖFB-Teamchef in der Nachbetrachtung sein größter Fehler.

"Im Nachhinein ist man immer klüger", meinte Ruttensteiner zum Prohaska-Geständnis. Im Fall Janko setzt man darauf, dass "in sportmedizinischer Verantwortung vom Teamarzt nach Absprache mit dem Trainer die richtige Entscheidung getroffen wird." Wenn nicht, dann kann man ja wieder einen ÖFB-Partner medial an den Pranger stellen.

Mehr dazu:
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Christian Tragschitz, weltfussball.at aus Mallemort/Frankreich