02.07.2016 09:23 Uhr

Ein deutsches Drama in acht Akten

Wieder einmal war 2006 für Michael Ballack und das DFB-Team gegen Italien Schluss
Wieder einmal war 2006 für Michael Ballack und das DFB-Team gegen Italien Schluss

Deutschland gegen Italien, das ist ein Klassiker, der für Deutschland fast immer mit großen Schmerzen verbunden war. Ob Sommermärchen oder Jahrhundertspiel: Jubeln durften am Ende immer nur die Azzurri. Die acht Duelle bei EM- oder WM-Turnieren in der Übersicht:

WM-Vorrunde, 31. Mai 1962, Santiago

Italien - Deutschland 0:0
Italien: Buffon - Losi, Robotti - Maldini, Salvadore, Radice - Rivera, Ferrini, Altafini, Sivori, Menichelli
Deutschland: Fahrian - Nowak, Schnellinger - Schulz, Erhardt, Szymaniak - Sturm, Haller, Seeler, Schäfer, Brülls
Schiedsrichter: Morgan (Kanada)
Tore: keine
Zuschauer: 65.440

Die Zuschauer pfiffen aus Leibeskräften. Zunächst gegen die Italiener, die sich mit harscher Kritik am Ausrichter Chile unbeliebt gemacht hatten, dann gegen beide Mannschaften, die destruktiven Fußball boten. Die deutsche Elf brachte es immerhin durch Uwe Seeler zu einem Lattenschuss, zweimal verweigerte der kanadische Schiedsrichter der Mannschaft von Sepp Herberger einen möglichen Elfmeter. In der zweiten Hälfte beschränkten sich beide Teams nur noch darauf, Tore zu verhindern.

WM-Halbfinale, 17. Juni 1970, Mexiko-Stadt
Italien - Deutschland 4:3 (1:1, 1:0) n.V.
Italien: Albertosi - Burgnich, Cera, Rosato (90. Poletti), Facchetti - Bertini, Mazzola (46. Rivera), de Sisti - Domenghini, Boninsegna, Riva
Deutschland: Maier - Vogts, Schulz, Schnellinger, Patzke (66. Held) - Seeler, Beckenbauer, Overath - Grabowski, Müller, Löhr (52. Libuda)
Schiedsrichter: Velasquez (Kolumbien)
Tore: 1:0 Boninsegna (8.), 1:1 Schnellinger (90.), 1:2 Müller (95.), 2:2 Burgnich (99.), 3:2 Riva (104.), 3:3 Müller (110.), 4:3 Rivera (111.)
Zuschauer: 102.444

Von einem Jahrhundertspiel war zunächst wenig zu sehen. Beide Mannschaften boten bei rund 50 Grad im Glutkessel des Azteken-Stadions von Mexiko-Stadt eher Rasenschach. Die unglaubliche Verlängerung, die das Spiel legendär machte, erzwang ausgerechnet der Italien-Legionär Karl-Heinz Schnellinger mit dem Ausgleich in der 90. Minute. Danach spielten sich die völlig erschöpften Akteure in einen Rausch und machten die Partie zum "besten WM-Spiel aller Zeiten". Gerd Müller brachte die deutsche Mannschaft zwischenzeitlich in Führung, am Ende triumphierten die Italiener.

WM-Zwischenrunde, 14. Juni 1978, Buenos Aires
Deutschland - Italien 0:0
Deutschland: Maier - Vogts, Rüssmann, Kaltz, Dietz - Bonhof, Flohe (69. Beer), Hölzenbein - Zimmermann (54. Konopka), Fischer, Rummenigge
Italien: Zoff - Gentile, Scirea, Bellugi, Cabrini - Benetti, Antognoni (46. Zaccarelli), Tardelli - Causio, Rossi, Bettega
Schiedsrichter: Maksimovic (Jugoslawien)
Tore: keine
Zuschauer: 67.547

Die Zuschauer in Buenos Aires bekamen wenig zu sehen: Dichter Nebel hing über der argentinischen Haupstadt. Die deutsche Mannschaft, die schon in der Vorrunde zweimal 0:0 gespielt hatte, beschränkte sich auf die Defensive und gelegentliche Konter. Im Mittelpunkt stand Sepp Maier, der nicht nur mit seinem 16. WM-Spiel einen Torwartrekord aufstellte, sondern auch mit mehreren Glanzparaden eine Niederlage verhinderte. Der Punkt nutzte dem Team von Helmut Schön am Ende wenig, durch die Schmach von Cordoba gegen Österreich (2:3) in der zweiten Finalrunde verspielte die deutsche Mannschaft die Chance auf einen Platz unter den ersten Vier.

WM-Finale, 11. Juli 1982, Madrid
Italien - Deutschland 3:1 (0:0)
Italien: Zoff - Gentile, Scirea, Collovati, Cabrini - Conti, Oriali, Bergomi, Tardelli - Rossi, Graziani (8. Altobelli, 89. Causio)
Deutschland: Schumacher - Briegel, Karlheinz Förster, Stielike, Bernd Förster - Dremmler (63. Hrubesch), Kaltz - Littbarski, Breitner - Fischer, Rummenigge (70. Hansi Müller)
Schiedsrichter: Coelho (Brasilien)
Tore: 1:0 Rossi (57.), 2:0 Tardelli (69.), 3:0 Altobelli (81.), 3:1 Breitner (83.)
Besonderes Vorkommnis: Cabrini verschießt Foulelfmeter (26., neben das Tor)
Zuschauer: 90.089

Nach der "Schmach von Gijon", dem Nichtangriffspakt beim 1:0 gegen Österreich, sowie der Attacke von Toni Schumacher gegen den Franzosen Patrick Battiston im Halbfinale hatte das deutsche Team wenig Sympathien. In der ersten Halbzeit hatte die Mannschaft von Jupp Derwall Glück, als Antonio Cabrini einen Elfmeter verschoss. Danach setzte sich Technik gegen Kampfkraft durch: Paolo Rossi wurde mit seinem sechsten Tor endgültig zum Star der WM. Als Paul Breitner - als bislang einziger Deutscher - auch in seinem zweiten WM-Finale traf, war längst alles entschieden.

EM-Gruppenphase, 10. Juni 1988, Düsseldorf
Deutschland - Italien 1:1 (0:0)
Deutschland: Immel - Herget - Kohler, Buchwald - Berthold, Littbarski, Matthäus, Thon, Brehme (74. Borowka) - Völler (82. Eckstein), Jürgen Klinsmann. - Trainer: Beckenbauer.
Italien: Zenga - Franco Baresi - Bergomi, Ferri, Maldini - Donadoni, De Napoli (87. De Agostini), Giannini, Ancelotti - Mancini, Vialli (89. Altobelli). - Trainer: Vicini
Schiedsrichter: Keith Hackett (England)
Tore: 0:1 Mancini (53.), 1:1 Brehme (56.)
Zuschauer: 62.552

Das Eröffnungsspiel. Italien war überlegen, ging in der 53. Minute durch Roberto Mancini, heute Meistermacher von Manchester City, in Führung. Andreas Brehme glich mit einem Freistoß aus - Italiens Torhüter Walter Zenga hatte den Ball zu lange festgehalten. Ansonsten: keine besonderen Vorkommnisse.

EM-Gruppenphase, 19. Juni 1996, Manchester
Italien - Deutschland 0:0
Italien: Peruzzi - Costacurta, Mussi, Maldini, Carboni (76. Torricelli) - Fuser (81. Di Livio), Albertini, Di Matteo (67. Chiesa), Donadoni - Casiraghi, Zola. - Trainer: Sacchi.
Deutschland: Köpke - Freund, Sammer, Helmer - Strunz, Häßler, Eilts, Ziege - Möller (89. Bode) - Bobic, Klinsmann. - Trainer: Vogts
Schiedsrichter: Guy Goethals (Belgien)
Tore: keine
Zuschauer: 53.740

Das große Spiel von Andreas Köpke. Der heutige Bundestorwarttrainer entschärfte Großchancen in Serie, hielt sogar einen Elfmeter von Gianfranco Zola (9.) - Italien war draußen, Deutschland Gruppensieger und auf dem Weg zum Titel. Über Kroatien und England ging es ins Finale gegen Tschechien, dann kam Oliver Bierhoff, der heutige Manager der Nationalmannschaft, mit seinem Golden Goal.

WM-Halbfinale, 4. Juli 2006, Dortmund
Deutschland - Italien 0:2 (0:0) n.V.
Deutschland: Lehmann - Friedrich, Mertesacker, Metzelder, Lahm - Schneider (83. Odonkor), Kehl, Ballack, Borowski (73. Schweinsteiger) - Klose (111. Neuville), Podolski. Trainer: Klinsmann
Italien: Buffon - Zambrotta, Materazzi, Cannavaro, Grosso - Perrotta (104. Del Piero), Pirlo, Gattuso, Camoranesi (91. Iaquinta) - Totti - Toni (74. Gilardino). Trainer: Lippi
Schiedsrichter: Benito Archundia (Mexiko)
Tore: 0:1 Grosso (119.), 0:2 Del Piero (120.+1)
Zuschauer: 65.000 (ausverkauft)

Das abrupte Ende des Sommermärchens. Italien war besser, brachte aber den Ball nicht ins Tor - und dann kam Andrea Pirlo. Ein Pass wie ein Kunstwerk, als alle aufs Elfmeterschießen warteten, und Fabio Grosso drehte den Ball um Jens Lehmann herum. Das 0:2 durch Alessandro Del Piero war ganz egal. Italien holte fünf Tage später den Titel, Deutschland tröstete sich damit, eine unglaubliche WM auf die Beine gestellt zu haben.

EM-Halbfinale, 28. Juni 2012, Warschau
Deutschland - Italien 1:2 (0:2)
Deutschland: Neuer - Boateng (71. Thomas Müller), Hummels, Badstuber, Lahm - Schweinsteiger, Khedira - Kroos, Özil, Podolski (46. Reus) - Gomez (46. Klose). - Trainer: Löw
Italien: Buffon - Balzaretti, Barzagli, Bonucci, Chielini - Pirlo - Marchisio, Montolivo (64. Motta), De Rossi - Balotelli (70. Di Natale), Cassano (58. Diamanti). - Trainer: Prandelli
Schiedsrichter: Stéphane Lannoy (Frankreich)
Tore: 0:1 Balotelli (20.), 0:2 Balotelli (36.), 1:2 Özil (90., Handelfmeter)
Zuschauer: 55.540

An diesem Abend wurde Mario Balotelli zum Deutschland-Schreck. Der danach bei keinem Verein glücklich gewordene Stürmer erzielte schon vor der Pause zwei Tore und feierte das zweite mit einer Bodybuilder-Pose. Ernsthaft hoffen durfte das DFB-Team danach nicht mehr, das Anschlusstor von Mesut Özil per Handelfmeter fiel erst in der Nachspielzeit. Italien verlor das Finale gegen Spanien sang- und klanglos mit 0:4.

Mehr dazu:
>> zur Bilanz zwischen Italien und Deutschland