Werder Bremen zwischen Sorgen, Nöten und Hoffnungen

Wird unter Horst Steffen beim SV Werder Bremen in 2025/26 alles neu? Jein. Der Fußball-Bundesligist von der Weser kann auf ein solides Grundgerüst bauen, wird aber wohl oder übel einige Veränderungen hinnehmen müssen. Das sind die Kader-Baustellen der Grün-Weißen:
Die wohl wichtigste Personalie hat Werder Bremen in diesem Sommer schnell und recht geräuschlos geregelt: In Horst Steffen stand in Windeseile der Nachfolger von Ole Werner, mit dem die Gespräche über eine Verlängerung gescheitert waren, als Cheftrainer parat.
Umso länger mussten die SVW-Fans jedoch auf den ersten Transfer warten. Erst vor wenigen Tagen schlugen die Grün-Weißen, die bis dahin als einziger Bundesligist noch gar keine Aktivität auf dem Markt zeigten, bei Maximilian Wöber zu. Doch der Innenverteidiger soll nicht die einzige Veränderung im Kader bleiben.
Sowohl bei den Verpflichtungen als auch bei möglichen Abgängen kann und soll noch einiges geschehen. Gerade Verkäufe sind nötig, um die Kasse für weitere Verstärkungen zu füllen. Hierbei könnte es allerdings auch dazukommen, dass Leistungsträger den Nordklub verlassen müssen.
Neu-Trainer Steffen steht also in den kommenden Wochen vor einem Spagat, die vorliegende Mannschaft auf seinen neuen Stil einzuschwören und andererseits flexibel für personelle Anpassungen zu bleiben.
Das sind die Kaderbaustellen von Werder Bremen:
TOR
Aktuell sieht es nicht danach aus, als würde es zwischen den Pfosten bei den Bremern große Bewegung geben. Platzhirsch Michael Zetterer spielte eine souveräne Saison, wenn auch die ganz großen Highlights im Vergleich zum Vorjahr fehlten. Antastbar ist der Routinier aber ohnehin nicht. Im Gegenteil: Aufgrund seiner insgesamt guten Leistungen hat sich Zetterer längst auch für andere Klubs interessant gemacht. Der FC Kopenhagen und West Ham United sollen an ihm baggern.
Erliegt Zetterer dem Werben? "Zur Wahrheit gehört im Fußball, dass man niemals nie sagen sollte. Und es ist ja auch kein Geheimnis, dass Werder Einnahmen braucht und bei uns kein Spieler im Kader unverkäuflich ist", sagte der 30-Jährige jüngst am Rande des Testspiels gegen Verden (6:0) mit Blick auf seine Zukunft. Allerdings betonte Zetterer auch, im Zweifelsfall nur dann wechseln zu wollen, wenn er an neuer Stelle auch einen Stammplatz bekommt.
Aktuell geht man in Bremen aber von einem Zetterer-Verbleib aus. Erster Vertreter und wohl auch möglicher Nachfolger, sollte die Nummer eins doch gehen (müssen), wäre Youngster Mio Backhaus, mit dem Werder kürzlich verlängerte. Der 21-Jährige geht als Herausforderer in die Vorbereitung und braucht wohl schon exorbitant gute Auftritte, um Zetterer vorerst wirklich zu gefährden.
ABWEHR
Die Verteidigung der Bremer steht vor einem größeren Umbruch. Gar nicht unbedingt personell, sondern vor allem aufgrund des neuen Spielsystems, das Cheftrainer Steffen implementieren will. Während Werner zuvor noch in den allermeisten Fällen auf eine Dreierkette ganz hinten setzte, baut Steffen auf den Viererriegel.
Heißt: Gesucht und gebraucht wird vor allem ein klassischer rechter Verteidiger. Mitchell Weiser, der im 3-5-2 auf der rechten Seite meist zwischen Abwehr und Mittelfeld agierte und mit starkem Offensivdrang ausgestattet ist, soll diese Stärke weiter einbringen und ist eher vor der Abwehr geplant. Nur im Notfall soll Weiser auch Rechtsverteidiger spielen, das ließ Steffen bereits durchblicken.
Bleibt die Frage, wer sonst auf rechts rücken könnte, falls kein Neuzugang kommt? Eine Option wäre Julián Malatini. Auch Felix Agu kann rechts spielen, zeigte seine Qualitäten in 2024/25 aber in hohem Maße als Linksverteidiger. Auch aus dem starken Nachwuchs bietet sich eher kein Spieler für die Rechtsverteidigerposition an. Eigentlich ist es nötig, dass Werder hier noch nachrüstet. Doch es fehlt das Geld.

In der Abwehrmitte gibt es hingegen genug Optionen. Neuester Anwärter auf einen Platz ist Neuzugang Wöber, auch Niklas Stark wird nach seiner Verlängerung nicht nachgeben. Seinen Stammplatz sicher haben dürfte derweil Kapitän Marco Friedl.
MITTELFELD
Richtig schwierig wird es für Steffen im Mittelfeld. In der Vergangenheit ließ der Trainer bei seinen Klubs sowohl im 4-4-2 als auch im 4-2-3-1 spielen. Heißt: Steffen hat grundsätzlich die Qual der Wahl, gerade, wenn "nur" vier Plätze zur Verfügung stehen.
Auf Leistungsträger Jens Stage, der in 2024/25 15 Scorerpunkte in der Liga lieferte, kann Steffen allerdings vorerst ohnehin nicht setzen aufgrund dessen akuter Fußverletzung.
Werder hofft aber, dass der Däne bis zum Saisonstart fit wird. "Jens ist in einer guten körperlichen Verfassung, weshalb ich mir sicher bin, dass er auch diese Zeit nutzen wird, um sich gut auf die neue Saison vorzubereiten", sagte Profichef Peter Niemeyer der "Deichstube". Stage gilt aufgrund seines hohen Marktwerts aber auch als Verkaufskandidat, um dringend benötigtes Geld in die Kassen zu spülen.
Bleibt Stage, dürfte er die Nase in der Zentrale aber vorn haben. Rechts wird, egal in welcher taktischen Ausrichtung, wohl Weiser gesetzt sein.
Bleibt im 4-4-2 die Position hinter den Spitzen sowie die linke Außenbahn, über die sich Steffen Gedanken machen muss: Auf dem Flügel erhärten sich derzeit die Gerüchte, dass Werder mit Juve-Angreifer Samuel Mbangula einig geworden ist. Die Vereine verhandeln laut übereinstimmenden Berichten über die Ablöse, die sogar eine zweistellige Millionenhöhe erreichen könnte. Viel Geld für die klammen Bremer. Und ein Fingerzeig, dass es bald auch einen namhaften Abgang geben könnte.
Hört dieser auf den Namen Romano Schmid? Der Österreicher hat den höchsten Marktwert im Kader und wechselte gerade erst den Berater. Schmid jedoch ist eher hinter den Spitzen beheimatet. Denkbar, dass Talente-Flüsterer Steffen hier auf die Jugend setzt. Aus der U19, die jüngst DFB-Pokalsieger wurde, schickt sich Patrice Covic an, ein Wörtchen mitzureden. Der 18-jährige Kroate trainiert schon länger bei den Profis mit und erzielte im ersten Test einen Doppelpack.

Leise Hoffnung hat Werder auch noch auf einen Transfer von Bayern-Talent Paul Wanner, der die Münchner wohl aufgrund mangelnder Perspektive verlassen will. Ein Vorteil: Steffen kennt Wanner bestens aus gemeinsamen Zeiten bei der SV Elversberg, der Coach könnte ein entscheidender Faktor beim Werben um den 19-Jährigen werden.
ANGRIFF
Wählt Steffen das 4-4-2-System wären Plätze für zwei Angreifer frei. Ob Routinier Marvin Ducksch zu den Anwärtern auf einen der beiden gehören wird, ist jedoch noch offen. Eigentlich galt der 31-Jährige als Verkaufskandidat, aufgrund der Wadenverletzung beim Vorbereitungsstart ist Werder aber in den Bemühungen zurückgeworfen worden.
Heißt: Hier ist abwarten angesagt, ob der Transfer des zuletzt für immerhin 17 Bundesliga-Scorerpunkte guten Duckschs noch vollzogen werden kann.
Hinter oder besser neben Ducksch scharren schon Justin Njinmah und Keke Topp mit den Hufen. Beide hatten unter Werner einen eher schweren Stand und wollen sich nun neu beweisen. Leihrückkehrer Dawid Kownacki soll derweil verkauft werden. Hertha BSC zeigt Interesse.
Überraschungspotenzial hat U19-Held Salim Musah, der im DFB-Pokal der Junioren zum Titelgewinn beitrug (fünf Treffer) und auch in der Liga treffsicher war (15 Tore). Ob sich Musah zeigen kann, dürfte aber auch davon abhängen, ob Steffen das 4-4-2 wählt oder eher im 4-2-3-1 auf nur einen Stoßstürmer setzt.
Neben Musah und dem oben erwähnten Covic hat Steffen derzeit noch weitere hoffnungsvolle Talente aus der Nachwuchsschmiede zu Gast im Training. Namentlich sind das Keeper Stefan Smarkalev, die beiden Innenverteidiger Karim Coulibaly, Mick Schmetgens sowie Sechser Wesley Adeh.
Diese dürfen sich aktuell genauso beweisen wie der Rest des Kaders, der sich bis zum Saisonstart noch an vielen Stellen verändern wird, sobald Steffen seine ersten Eindrücke gesammelt hat.