07.06.2018 11:29 Uhr

"Schande": Ägyptens WM-Quartier sorgt für Ärger

Ägypten hat mit seiner WM-Herberge für ordentlich Wirbel gesorgt
Ägypten hat mit seiner WM-Herberge für ordentlich Wirbel gesorgt

Ohne Mohamed Salah hat Ägypten sein letztes Testspiel vor der WM mit 0:3 in Belgien verloren. Nun machen sich die Pharaonen auf zur WM: Sie wohnen ausgerechnet in Grosny.

Er war nicht dabei, aber dennoch in aller Munde. Bei seinem letzten Härtetest vor der Reise nach Russland unterlag Ägypten ohne den nach wie vor verletzten Mohamed Salah dem WM-Teilnehmer Belgien mit 0:3, und wie nicht anders zu erwarten, war der Torjäger Hauptgesprächsthema. Selbst beim Gegner. "Jede Mannschaft würde die Torgefährlichkeit von Mo Salah vermissen", sagte Belgiens Nationaltrainer Roberto Martinez. Und nicht nur das: Ohne Salah ist Ägypten einfach nicht Ägypten.

"Ohne Salah", erläuterte der zweifache Torschütze Eden Hazard, "ist Ägypten eine andere Mannschaft." Heißt: Mannschaften wie Belgien, das die Pharaonen als "Kopie" für den Vorrundengegner Tunesien ausgewählt hatte, können sich darauf konzentrieren, die normalerweise anständige Defensive zu malträtieren - wenn einer wie Salah fehlt, muss auch keiner auf ihn aufpassen. Liverpools Angreifer ist seit dem Finale der Champions League am 26. Mai (1:3 gegen Real Madrid) an der Schulter verletzt.

Ägyptens Nationaltrainer Hector Cuper behauptet, es gebe einen Plan B, falls Salah nicht bis zum ersten WM-Gruppenspiel am 15. Juni in Jekaterinburg gegen Uruguay fit werden sollte: "Er ist ein wichtiger Spieler", sagte er, "aber wenn er nicht fit ist, werden wir mit einem anderen Spieler bereit sein." Wirklich? Ja, "wir hoffen, dass uns das nicht beeinträchtigt", ergänzte der Argentinier, "wir versuchen, dasselbe Team zu sein, wir können ja nicht von einem Spieler abhängig sein." Zweifel sind erlaubt.

Human Rights Watch schlägt Alarm

Geplant sei, sagte Cuper, dass Salah vor dem Auftaktspiel zur Mannschaft stoßen werde - das heißt also nicht, dass er schon am Sonntag dabei ist, wenn die Ägypter ihr umstrittenes WM-Quartier beziehen: "The Local Hotel" in Grosny. Dass die Hauptstadt der muslimisch geprägten russischen Teilrepublik Tschetschenien, die mit harter Hand vom Moskau-treuen Ramsan Kadyrow regiert wird, zumindest eine WM-Mannschaft beherbergen darf, hat für heftige Empörung gesorgt.

Die Entscheidung der FIFA, Grosny als Quartier für ein WM-Team zuzulassen, sei "schockierend und ungeheuerlich", sagte Jane Buchanan von der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch bei der Bekanntgabe des ägyptischen Quartiers. Insgesamt hatten 67 Standorte für die Mannschaften zur Auswahl gestanden, warum sich die Ägypter für das nach zwei Sezessionskriegen von Moskau aufgepäppelte und mittlerweile aufstrebende Grosny entschieden, taten sie öffentlich bislang nicht kund.

Auch strategisch fragwürdig

Die Zulassung von Grosny sei eine "Schande", sagte Buchanan, die FIFA legitimiere durch ihre Entscheidung das Regime von Kadyrow. Diesem werden schwere Menschenrechtsverletzungen vorgeworfen, unter anderem die Verfolgung Homosexueller. Von der FIFA gab es darauf die erwartbare Antwort: Es bestünde "kein Zweifel", hieß es in einer schriftlichen Stellungnahme, dass "jegliche Art der Diskriminierung", also "auch Diskriminierung aufgrund sexueller Orientierung", verurteilt werde.

Strategisch ergibt die Wahl von Grosny jedenfalls wenig Sinn. Ägypten muss für seine Vorrundenspiele gegen Uruguay, Russland sowie Saudi-Arabien beinahe 12.000 Kilometer reisen. Und damit weiter als jede andere Mannschaft.