23.05.2016 13:45 Uhr

Auftakt zum EM-Countdown im Alpenregen

Marcel Koller reagierte bekleidungstechnisch auf den Wetterumschwung
Marcel Koller reagierte bekleidungstechnisch auf den Wetterumschwung

Der Auftakt zum ÖFB-Trainingslager in der Schweiz war wohl zu schön, um wahr zu sein. Nach dem Traumwetter im Bergpanorama vom Vortag wurde Österreichs Nationalmannschaft im Kanton Graubünden von der Wirklichkeit im Hochgebirge eingeholt: Der Montag präsentierte sich zur Region passend grau in grau, wolkenverhangen und mit Dauerregen.

Die beiden einzigen öffentlichen Trainingseinheiten um 10:00 Uhr und 17:00 Uhr in der Raiffeisen Arena Crap Gries in Schluein standen natürlich im Zeichen der unwirtlichen äußeren Bedingungen. Ein Tief südlich der Alpen sorgte für einen trüben und nassen Wochenstart, die Schneefallgrenze sank auf rund 1.300 Meter. Auch sonst wirkte rund um das ÖFB-Quartier in Laax noch die gesamte Gegend im "weekend"-Kater.

Die lokalen Probleme hatten die idyllische Romantik des strahlenden Sonntags wieder abgelöst. Die alten Stallbauten in Graubünden stehen leer. Die Bauern können aus gesetzlichen und wirtschaftlichen Gründen die Ställe nicht mehr nutzen. Der Zerfall droht. Auch die "Lia Rumantscha" als Dachorganisation aller rätoromanischen Sprach- und Kulturvereine in der Südostschweiz tut sich schwer beim Versuch die lokale Identität zu wahren.

Teamchef Koller: "Machen wir die Schleusen auf"

Man setzt ganz auf die Trumpfkarte Tourismus. Radtouren, Wanderungen, Golf und Hochseilparks dienen im Sommer als Alternative zur Skisaison im Winter. Ein Wandel mit dem Österreich ebenfalls bestens vertraut ist. Teamchef Marcel Koller kennt ja nicht nur seine Heimat, sondern auch das östliche Nachbarland, wo er äußerst erfolgreich seine Arbeit verrichtet.

Beim ÖFB-Pressetermin am Montag um 12:00 Uhr im Hotel Adula in Flims gab sich Koller vom Wettersturz zum Start des EM-Countdowns unbeeindruckt. "Gestern mit Sonnenschein in den Bergen hat alles gepasst. Aber wir dachten uns heute damit wir den Rasen nicht spritzen müssen, machen wir die Schleusen auf."

Von einer Beeinträchtigung in der Vorbereitung wollte der Schweizer Lokalmatador, der auf einen "Heimschläfer" verzichtet, aber nichts wissen: "Morgen soll es ja schon wieder besser werden. Wir sind nicht nur Schönwetter-Fußballer und haben ja entsprechende Bekleidung dabei. Ab Dienstag können wir die Regensachen dann wieder ausziehen und Sonnencreme auftragen."

Fuchs, Alaba, Lindner und Jantscher kommen im Lauf der Woche

Vier Mann waren vorerst noch nicht dabei: Teamkapitän Christian Fuchs, der am Dienstag eintrifft, Superstar David Alaba, der am Freitag erwartet wird, Heinz Lindner, der Donnerstag nach Laax kommen soll, und Jakob Jantscher, der als letzter Spieler am Samstag den Kader vervollständigt.

Dazu wird Marc Janko am Mittwochabend noch bei der Meisterfeier des FC Basel dabei sein, ehe er am Tag danach zur Nationalmannschaft zurückkehrt. Der Teamchef dementierte kolportierte Fitness-Probleme seines Torjägers, der seit einiger Zeit verletzt pausieren musste. "Nach Gesprächen mit unserer Physio-Abteilung mache ich mir da keine Sorgen", so Koller.

Der ÖFB-Coach setzt vielmehr auf Training in mehreren Gruppen. So steht zunächst die Regeneration nach Abschluss der jeweiligen Meisterschaftssaison im Vordergrund. Die Spieler hatten zuletzt einige Tage Urlaub. "Jetzt wollen wir sie uns anschauen, abchecken sowie den Aufbau fortführen. Ich hoffe aber natürlich, dass alle so bald wie möglich bei uns voll einsteigen können."

Individuelles Programm, Abwechslung, aber auch Fußball spielen

Neben Goalgetter Janko machte zuletzt auch Abwehrchef Aleksandar Dragović eine Verletzung zu schaffen. Individuelles Programm ist deshalb ein fixer Bestandteil des Trainings. Dazu Abwechslung aber natürlich wird auf den Spaß am Fußball nicht vergessen.

"Wir möchten die Mannschaft damit mehr oder weniger auf den selben Stand bringen. Nach dieser langen Saison brauchten die Spieler vor der EM noch ein paar freie Tage. Wir werden jetzt sicher nicht speziell Kondition bolzen, sondern Fußball spielen. Meine Jungs haben genug Kraft", versicherte der Teamchef.

Bei EM-Titel lebenslanger Sektvorrat für Teamspieler

Schon am Montagvormittag hatte der ÖFB unterdessen mit Schlumberger eine neue Kooperation präsentiert. "Mit dem traditionsreichsten heimischen Sekthersteller haben wir einen idealen Partner gefunden. Ich bin überzeugt, unser Team wird uns ausreichend Gelegenheit geben, um würdig anzustoßen", meinte ein optimistischer Verbands-Boss Leo Windtner.

Der Neo-Unterstützer gab sich jedenfalls generös und versprach im Falle des Europameister-Titels allen Nationalspieler einen lebenslangen Sektvorrat. Marcel Koller wollte aber lieber über ein anderes "Zückerchen" sprechen: Am Donnerstag um 17:45 Uhr testen seine Schützlinge gegen den US Schluein Ilanz. Die Tribüne mit 700 Plätzen ist längst ausverkauft, nur noch Stehplätze sind erhältlich.

Für den Teamchef ist die Partie eine nette "Abwechslung, ein Spiel gegen Einheimische und die Möglichkeit sich zu bewegen." Ein Einsatz etwa von Janko ist für den ÖFB-Erfolgstrainer "nicht notwendig", wichtiger ist dann die 'Deadline' für die Bekanntgabe des endgültigen EM-Kaders nach dem Länderspiel gegen Malta in Klagenfurt.

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Christian Tragschitz, weltfussball.at aus Graubünden