23.03.2017 16:00 Uhr

Gegen Moldau ist Österreichs Geduld gefragt

Marcel Koller wollte zu System und Personalien nur wenig preisgeben
Marcel Koller wollte zu System und Personalien nur wenig preisgeben

Österreich empfängt am Freitag (ab 20:45 Uhr im weltfussball-Liveticker) im Wiener Ernst Happel Stadion die Republik Moldau. Auf dem Gastgeber lastet als aktuell nur Vierter der WM-Qualifikationsgruppe D enormer Erfolgsdruck. Teamchef Marcel Koller plant wahrscheinlich eine Systemumstellung. Neu ist jedenfalls der Kapitän.

"David wird als Erster auf das Spielfeld laufen, also Kapitän sein." Immerhin eine Personalie wurde von ÖFB-Teamchef Marcel Koller schon im Vorfeld des wichtigen WM-Qualifikationsspiels preisgegeben, "weil er bei Bayern München spielt, mit Druck umgehen kann, die Champions League gewonnen hat und seit Jahren regelmäßig in dieser Liga spielt." 

Alaba vertritt den gesperrten Julian Baumgartlinger. "In erster Linie Riesenehre", meinte der Bayern-Legionär dazu. Abgesehen von der Schleife am Arm werde der Abend nicht anders sonst. "Mein Spiel spielen, die Mannschaft mitreißen und vorne weggehen", lauten Alabas Vorsätze.

Ansonsten präsentierte sich ÖFB-Teamchef Marcel Koller wie gewohnt wenig auskunftsfreudig. Dass David Alaba als Kapitän implizit bedeutet, Marc Janko nimmt nur auf der Bank Platz, bezeichnete Koller als "Interpretation".

Wer steht im Tor?

In der Tormannfrage gäbe es lediglich "eine Tendenz", die sich erst nach dem Abschlusstraining manifestieren soll. Angesichts der jüngsten Krankengeschichte von Andreas Lukse (wochenlange Probleme mit dem Hüftbeuger, zuletzt eine Magenverstimmung) und der Unerfahrenheit des erstmals berufenen Daniel Bachmann wäre alles andere als Heinz Lindner im ÖFB-Tor eine große Überraschung.

Der Eintracht-Keeper hat einen für österreichische Verhältnisse allerdings nicht ungewöhnlichen Makel: Er ist bei seinem Klub nur Ersatz. "Man muss nicht spielen, um Selbstvertrauen zu haben", so Koller dazu. Zuversichtlich stimmen den Teamchef Lindners Trainingsleistungen und Körpersprache, sowie die zwei Einsätze für Frankfurt statt dem Finnen Lukas Hradecky nach dessen Roter Karte.

Dreierkette als offenes Geheimnis

Gegen Moldau dürfte Marcel Koller auf eine Dreierkette in der Abwehr bestehend aus Aleksandar Dragović, Martin Hinteregger und Sebastian Prödl umstellen. Die Anzeichen dafür haben sich durch Kaderzusammenstellung, entsprechende Übungseinheiten und diverse Andeutungen verdichtet. Der Teamchef gab sich auch diesbezüglich vage: "Es gibt noch einen Tag um das zu festigen. Wir haben das ja auch schon gespielt und werden sehen, ob das eine Möglichkeit ist."

In der Ära Koller beschränkt sich die Praxis dieses Systems auf einen Juxkick gegen US Schluein Ilanz sowie die ersten 45 Minuten im dritten EM-Gruppenspiel gegen Island. Die Vorteile der Dreierkette liegen für Koller jedenfalls darin, "dass man in der Vorwärtsbewegung mehr Spieler zur Verfügung hat und das ausnützen kann und sollte." Mit Spannung dürfen sich aus einer etwaigen Dreierkette ergebende Personalentscheidungen erwartet werden: Bietet Koller zwei oder drei Stürmer auf? Wer besetzt die Außenpositionen im Mittelfeld?

Moldau ist grundsätzlich als defensiv eingestellt zu erwarten, wenngleich unter Teamchef Igor Dobrovolskiy etwas mehr Mut Einzug in die Mannschaft gehalten hat. "Sie versuchen mehr zu spielen als noch in der letzten Qualifikation", brachte Koller seine Hoffnung auf einen höher stehenden Gegner zum Ausdruck. Unabhängig davon warnte der Schweizer vor Moldaus Stärke bei Standards. "Grundsätzlich ist aber speziell bei einem Heimspiel und dieser Konstellation wichtig, dass wir auf uns schauen", so Koller.

Geduldspiel

Am Freitag muss ein Pflichtsieg eingefahren werden. Nicht etwa, weil es im Duell zwischen der Nummer 34 und 162 der Welt nur einen Favoriten gibt, sondern weil sich das ÖFB-Team keinen weiteren Punktverlust mehr leisten kann. Als Vierter mit vier Punkten nach ebenso vielen Spieltagen ist Österreich im Rennen um die WM-Teilnahme 2018 in Russland ins Hintertreffen geraten. Der Rückstand auf Spitzenreiter Irland beträgt sechs Punkte, jener auf den von Serbien gehaltenen Playoff-Platz vier.

Das Team muss sich auf ein Geduldspiel in einem knapp halbvollen Prateroval vorbereiten. Ob sich diese psychische Stärke trainieren lässt, ließ Koller offen. Er setzt auf die Macht der Erfahrung. "Es ist nicht so, als ob wir das erste Mal in dieser Situation sind", erinnerte er an das Auswärtsspiel in Irland in der vorangegangenen WM-Quali für Brasilien 2014. "Da waren wir im Rückstand, haben den Spieler gesagt, wir müssen geduldig spielen, den Ball flach halten, dran bleiben, und dann hat David das 2:2 erzielt."

Auch beim letzten Duell gegen Moldau wäre es ähnlich gewesen. Damals fügte Zlatko Junuzović mit seinem Siegestreffer eines der letzten Puzzlestücke zur EM-Teilnahme hinzu. "Wenn du hektisch wirst und nur hohe Bälle spielst, dann gibt das nicht die Ruhe, die wir brauchen und die auch nicht unserer Qualität entspricht", blickte Koller zurück. Die Halbzeitansprache besitzt auch heute noch Aktualität: "Ruhig bleiben, es werden zwei, drei Möglichkeiten kommen. Diese müssen wir nützen", zitierte sich Koller selbst.

"Das wird wieder so sein. Wir können nicht von einer frühen Führung ausgehen", führte der Teamchef weiter aus. "Wichtig wird sein, Positionen zu halten, in der Organisation zu bleiben, unsere Idee weiter durchzusetzen, natürlich auch zu provozieren". Ersatzkapitän David Alaba kennt die Situation "speziell aus München, wenn der Gegner tief steht. Aber wir alle wissen, dass ein Spiel nicht 70 Minuten dauert, sondern 90 plus." Er forderte: "Ruhe bewahren und an unsere Stärken glauben."

Bereits ein Schicksalsspiel?

Das Spiel gegen Moldau kann als erstes von sechs Finalspielen betrachtet werden. Mit der Bedeutung für den ÖFB oder ihn persönlich, wollte sich Teamchef Marcel Koller nicht beschäftigen. "Es geht immer nur um drei Punkte. Ich kann nur diesen Gedanken haben und muss mich auf das Spiel konzentrieren."

Knapp 20.000 Karten wurden für das Spiel gegen Moldau abgesetzt. Der Hype um das ÖFB-Team ist verebbt. Koller fühlt sich an die Zeit seines Amtsantritts erinnert. "Wir müssen wieder dazu beitragen, dass Österreich sagt, "Das ist eine geile Truppe, wir wollen die sehen und im Stadion anfeuern.’" Im ersten Länderspiel des Jahres kann das Feuer gern neu entfacht werden.

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Sebastian Kelterer