Warum Julian Brandt beim BVB die Erwartungen nicht erfüllt
Julian Brandt zählte in den vergangenen Jahren bei Borussia Dortmund stets zu den besten Offensivakteuren. Doch in der neuen Saison ist der Vize-Kapitän nur selten ein echter Faktor beim BVB. Bundestrainer Julian Nagelsmann wird er so nicht zum Umdenken bewegen.
Deutlicher kann ein Cheftrainer seine Wertschätzung für einen Spieler eigentlich kaum ausdrücken.
Nicht nur wurde Julian Brandt von Nuri Sahin vor der Saison zum stellvertretenden Kapitän ernannt, wodurch seine Stellung beim BVB endgültig auf das Niveau eines absoluten Führungsspielers angehoben wurde.
Brandt stand auch in jedem der sieben Dortmunder Pflichtspiele 2024/2025 in der Startelf. Damit reiht er sich in eine exklusive Gruppe von Dauerbrennern ein, zu der außer ihm nur nur Torwart Gregor Kobel, Julian Ryerson und Pascal Groß gehören.
Nicht zuletzt trägt er seit Saisonbeginn die prestigeträchtige Nummer 10 auf dem Rücken. Brandt, so schien es, ist nach etwas mehr als fünf Jahren endgültig ganz oben in der Hierarchie beim BVB angekommen.
Allein: Der Offensivakteur kann Sahins Vertrauen noch nicht nachhaltig mit guten Leistungen zurückzahlen. Von seinen Top-Werten im BVB-Trikot aus den letzten Jahren ist der 28-Jährige weit entfernt.
Julian Brandt fremdelt unter Sahin beim BVB
Nach einer starken Debütsaison mit 20 Torbeteiligungen folgte zwar ein schwaches Jahr mit nur sechs Scorer-Punkten. 2021/22 und 2022/23 gelangen ihm dann aber je 19 Torbeteiligungen, in der vergangenen Spielzeit sogar 26 - seine bis dato beste Ausbeute in Schwarz und Gelb.
Doch unter Sahin fremdelt Brandt noch. War er unter Edin Terzic 2023/2024 alle 125 Minuten an einem BVB-Tor direkt beteiligt, hat er in dieser Saison nur alle 189 Minuten bei einem Treffer seiner Farben die Füße im Spiel - zu wenig für einen Spieler, dessen Anspruch es ist, nach knapp einem Jahr der Nicht-Berücksichtigung auch wieder in die DFB-Auswahl berufen zu werden.
Dort haben derzeit ganz andere Stars auf Brandts Lieblingsposition im zentral-offensiven Mittelfeld das Sagen: allen voran Jamal Musiala vom FC Bayern und Florian Wirtz von Bayer Leverkusen.
BVB: Darum sind Musiala und Wirtz besser als Julian Brandt
Auffällig, das zeigen die Statistiken des Datenanbieters Opta: Im Vergleich zu Musiala und Wirtz schoss Brandt in der laufenden Bundesliga-Saison viel seltener aufs gegnerische Tor. Neun Mal zog der Dortmunder ab, je 16 Mal die beiden DFB-Leistungs- und Hoffnungsträger.
Wie Wirtz lässt sich auch Dortmunds Spielmacher gerne auf den Flügel fallen, vorzugsweise auf die linke Seite. Doch während 21 Prozent der bislang 14 geschlagenen Flanken des Leverkuseners ankommen, sind es bei Brandt bislang nur acht Prozent (bei 13 Flanken).
Zudem hat Brandt im BVB-Trikot deutlich seltener den Ball als Wirtz oder Musiala (254 zu 456 bzw. 313 Ballkontakte). Das verdeutlicht: Das Spiel läuft bislang häufig noch an Brandt vorbei.
Anders als seine Konkurrenten ist Brandt auch bei den Fans nicht über jeden Zweifel erhaben. Der Unmut einiger Anhänger wird immer wieder auf Social Media deutlich.
Das Credo: Der Kreativspieler sei zwar hochveranlagt, tauche in zu vielen Spielen aber ab. Als Fan müsse man stets die Sorge haben, lautet eine beispielhafte Kritik auf X, dass Brandt "zu jedem Zeitpunkt ein Totalausfall sein könnte".
Lange Diskussion im BVB-Training
Doch: Nach einer desolaten Leistung im Auswärtsspiel beim VfB Stuttgart (1:5), als Brandt wie seine Mitspieler völlig untergingen und anschließend selbstkritisch die fehlende "Leidenschaft" anprangerte, zeigte er sich zuletzt immerhin formverbessert.
Beim 4:2-Heimsieg gegen den VfL Bochum zählte Brandt - trotz einer vergebenen Großchance - zu den besseren BVB-Spielern, seine Flanke (!) auf Serhou Guirassy zum zwischenzeitlichen 1:2 läutete die Aufholjagd ein.
Geholfen hat womöglich, dass sich Sahin dem jüngsten Gegenwind zum Trotz auch öffentlich hinter Brandt stellte. Vor dem kleinen Revierderby sagte der 36-Jährige: "Ich bin eigentlich sehr, sehr zufrieden mit Jule. Auch, wie er sich gibt, wie er alles analysiert und auch, wie er trainiert. Er ist ein sehr, sehr wichtiger Spieler und ein Fixpunkt in unserem Spiel. Daran lässt er sich auch messen und daran messen wir ihn auch."
Wie wichtig Brandt für den BVB-Coach ist, zeigt auch eine Beobachtung im Training am Montag: Brandt und Sahin führten eine lange Diskussion, wie unter anderem der "WAZ" auffiel. Dabei ging es augenscheinlich um bessere Laufwege und die richtige Balance im Spiel.
Klar dürfte sein, dass man beim BVB derzeit alles versucht, um Brandt besser ins System zu integrieren.
Bestätigt Julian Brandt seinen Aufwärtstrend beim BVB?
Ob er seinen kleinen Aufwärtstrend bestätigen kann, wird sich sich am Dienstag (21:00 Uhr) im zweiten Champions-League-Spiel der neu geschaffenen Ligaphase gegen Celtic zeigen.
Dann bietet sich dem BVB-Profi auch die Gelegenheit, Bundestrainer Julian Nagelsmann zu beweisen, dass er mittelfristig wieder eine Option für die DFB-Auswahl sein kann. Kurzfristig, für die Nations-League-Duelle gegen Bosnien-Herzegowina (11. Oktober) und die Niederlande (14. Oktober), dürfte eine Nominierung Brandts aber kein Thema sein.
Und an Musiala und Wirtz scheint auch langfristig kein Vorbeikommen zu sein.