Ein Bayern-Star wird zum Sicherheitsrisiko

Der FC Bayern hat das so wichtige Playoff-Hinspiel bei Celtic FC gewonnen und so einen Schritt in Richtung Champions-League-Achtelfinale gemacht. Doch vor allem ein Spieler entpuppte sich als Sicherheitsrisiko - nicht zum ersten Mal in den vergangenen Wochen.
Es gibt Auswechslungen, die sind taktischer Natur. Natürlich auch verletzungsbedingte. Und es gibt solche, die verdeutlichen, was der Trainer von der Leistung des Spielers gehalten hat.
Die von Linksverteidiger Raphael Guerreiro am Mittwochabend im Champions-League-Spiel des FC Bayern bei Celtic FC (2:1) fällt sicherlich in die dritte Kategorie.
(Erst) nach 78 Minuten war für den Portugiesen Feierabend, kaum ein Beobachter hätte sich über einen früheren Tausch gewundert. Dass Cheftrainer Vincent Kompany derart lange zögerte, lag womöglich allein an dem Umstand, dass er Hiroki Ito für den 31-Jährigen ins Spiel brachte - der nach langer Verletzung zu seinem Bayern-Debüt kam und sicherlich noch nicht bei 100 Prozent ist. Konkurrent Alphonso Davies fällt seit Wochen mit einem Muskelfaserriss aus, sodass die Wahl auf Raphael Guerreiro alternativlos schien.

Guerreiro im Tiefschlafmodus unterwegs
Doch der Routinier, immerhin in seiner neunten Bundesliga-Saison, befindet sich in einem waschechten Formloch. Die schwache Leistung in Glasgow stellt so etwas wie den neuen Tiefpunkt dar.
Gleich zu Spielbeginn geisterte Guerreiro im Tiefschlafmodus über den Platz: Im ersten Angriff der Hausherren ließ er den Ex-Münchner Nicolas Kühn ohne Gegenwehr zum Abschluss kommen. Der FC Bayern hatte Glück, dass Adam Idah aus Abseitsposition Manuel Neuer die Sicht versperrte.
Stabilisieren konnte sich der Bayern-Star mit fortlaufender Spieldauer nicht. 41 Prozent aller Angriffe von Celtic gingen laut "Whoscored" über die von Guerreiro verteidigte Seite - ein klares Indiz dafür, dass der Glasgower Teammanager Brendan Rodgers im Münchner System eine Schwachstelle ausgemacht hatte.
Der schwache Auftritt spiegelte sich auch in der sport.de-Einzelkritik (Note 5,0) wider, folgerichtig erhielt er die schlechteste Bewertung aller Akteure. Aufgrund seiner "Defizite im Zweikampfverhalten" war er ein "klarer Schwachpunkt" in der Bayern-Abwehr. Auch das Fachmagazin "kicker" sieht Guerreiro in dieser Saison kritisch: Sein Notenschnitt in der Champions League liegt bei 4,1, in der Bundesliga bei 3,43 - zu wenig für die eigentlichen Qualitäten des Technikers.
In der Champions League ein Sicherheitsrisiko
Bereits in den Königsklassen-Duellen gegen Feyenoord (0:3) und Bratislava (3:1) war Guerreiro das große Sicherheitsrisiko der Kompany-Elf. In Rotterdem verursachte er mit stümperhaftem Zweikampfverhalten den Elfmeter zum 0:2, vor dem 0:3 hob er das Abseits auf. Gegen Bratislava hatte er sich sich in der Schlussphase von Torschütze Tolic regelrecht vorführen lassen.
Die Defensiv-Schwäche lässt sich auch in Zahlen ablesen: Gewinnt sein Teamkollege in 2024/25 im Schnitt 56 Prozent seiner Zweikämpfe, entscheidet der Portugiese nur 49 Prozent für sich. Auch in der Luft (40 % zu 57 %) hat er das Nachsehen gegenüber seinem Teamkollegen.
Guerreiros Qualitäten verpuffen beim FC Bayern - Ito macht Druck
Guerreiro allein wegen seiner Schwächen im Zweikampf zu kritisieren, wäre aber nicht fair. Jene Defizite sind beim 31-Jährigen allseits bekannt, schon zu Dortmunder Zeiten waren sie offenkundig.
Verpflichtet wurde er vom FC Bayern daher auch nicht, um als Teil der Viererkette ein Abwehrbollwerk zu zementieren, sondern weil er Fähigkeiten mitbringt, die sonst kaum ein anderer Außenverteidiger hat: Spielwitz, Ballsicherheit und technische Finesse.
Zu Saisonbeginn konnte er seine Qualitäten durchaus abrufen - nach einem enttäuschenden Debütjahr mit zahlreichen Verletzungen unter Thomas Tuchel. Auch Vincent Kompany erkannte schnell die Vielseitigkeit des Linksfußes und stellte ihn des Öfteren sogar als Rechtsverteidiger auf. Der Plan ging auf, vor allem beim 9:2-Kantersieg in der Champions League gegen Dinamo Zagreb, als Guerreiro dank seines cleveren Positionsspiels eines der Traumtore der laufenden Saison erzielte.
Das Problem: Jene kreativen Momente gehen Raphael Guerreiro seit nun schon mehreren Wochen ab. Sein zweites Problem: Mit Hiroki Ito steht dem Trainer nun ein gefühlter Neuzugang als Alternative zur Verfügung - um bald wieder zu mehr Stabilität auf der Außenbahn zu kommen.
Womöglich bekommt Guerreiro im Spitzenspiel gegen Bayer Leverkusen (Samstag, 18:30 Uhr im Live-Ticker auf sport.de) aber noch eine Chance, sich aus dem Formloch zu befreien.