16.08.2013 18:22 Uhr

Spanien: Neue Stars und viele Deutsche

Seit einigen Jahren gilt es unter Fußballfachmännern in ganz Europa als offenes Geheimnis, dass sich die spanische Primera División im Vergleich mit den anderen Top-Ligen auf dem absteigenden Ast befindet. Viele Vereine sind verschuldet, die Stadien oft halbleer und das Titelrennen sowieso nicht spannend, da es höchstwahrscheinlich wieder zwischen dem übermächtigen FC Barcelona und Real Madrid ausgefochten wird.

weltfussball.de sagt dazu: Es wird dennoch eine aufregende Saison! Wenn an diesem Wochenende die höchste spanische Spielklasse in die neue Saison startet sind neben prominenten Neuzugängen und renommierten Aufsteigern auch acht Spieler mit deutschem Pass in der Liga vertreten. Auch wenn die Tabellenspitze erneut für die üblichen Verdächtigen reserviert sein könnte, ist vieles neu und spannend in La Liga.

Neues Traumpaar in Barcelona?

Noch kommt der FC Barcelona ohne deutsche Spieler aus. Auch wenn sich immer wieder hartnäckige Gerüchte um ein Interesse an Mats Hummels, Marc-André Ter-Stegen und Co halten, hat es der Traditionsclub auf dem Transfermarkt eher ruhig angehen lassen und außer dem Wechsel von Top-Star Neymar vom FC Santos keine nennenswerten Neuzugänge zu verzeichnen. Man baut viel mehr auf das Zusammenspiel der beiden Dribbelkünstler Lionel Messi und Neymar, welches laut des argentinischen Weltfußballers immer besser funktioniert:

"Wir verstehen uns sehr gut neben dem Platz. Und darauf lernen wir uns immer besser kennen." Einen Schock mussten alle Anhänger der Katalanen in der Saisonvorbereitung jedoch auch hinnehmen: Coach Tito Vilanova musste aufgrund einer erneuten Krebserkrankung seinen Rücktritt vom Traineramt erklären und wurde durch den Argentinier Gerardo Martino ersetzt, der vorher die Newell's Old Boys zur Vizemeisterschaft geführt hatte. Der zweite Platz wird in Barcelona jedoch nicht reichen, alles andere als die Meisterschaft wäre eine Enttäuschung für die Fans des mehrfachen Champions-League-Siegers.

Star-Coach für die Königlichen

Ein Wörtchen mitreden bei der Titelvergabe will auch Real Madrid, dass sich nach einer enttäuschenden Vorsaison zum Umbruch gezwungen sah und deshalb die Zusammenarbeit mit dem exzentrischen Coach José Mourinho beendete. Sein Nachfolger ist Carlo Ancelotti, frisch gebackener Meistertrainer von Paris Saint-Germain, der sogleich für einige Änderungen sorgt und vor allem die Verpflichtung einheimischer Talente vorantreibt. Mit Isco (vom FC Malaga) und Asier Illarramendi (von Real Sociedad San Sebastián) wechselten zwei der größten Hoffnungsträger des spanischen Fußballs für insgesamt 60 Millionen Euro zu den Königlichen und streiten sich von nun an mit den deutschen Topstars Mesut Özil und Sami Khedira um die begehrten Plätze in der Startelf.

Dank des SSC Neapels ist im Kader der Madrilenen auch etwas freier Raum entstanden, verpflichteten die neureichen Italiener mit Gonzalo Higuaín, Raúl Albiol und José Callejón doch gleich drei Akteure von Real für ebenfalls 60 Millionen Euro Ablöse. Ob der Hauptstadtklub dem ewigen Rivalen aus Barcelona dieses Jahr die Meisterschaft streitig machen kann, wird sich zeigen, doch spätestens wenn der seit Monaten geplante Rekordtransfer von Gareth Bale noch klappen sollte, wird Madrid wieder ganz oben angreifen.

Kampf um Europa

Wer hinter den beiden Teilnehmern des Clásicos nun Tristesse erwartet hat, sieht sich getäuscht. Gleich ein Dutzend Vereine schielen mit einem Auge auf die Plätze an der Sonne der Primera División. Zwar mussten die Champions-League-Anwärter Atlético Madrid mit Falcao, der FC Valencia mit Roberto Soldado und der FC Sevilla mit Álvaro Negredo allesamt ihre Topstürmer ins Ausland ziehen lassen, doch haben die Verantwortlichen dieser Clubs schon bewiesen, dass sie namhafte Abgänge clever ersetzen können.

Einer dieser Hoffnungsträger ist Marko Marin, der nach einer verkorksten Saison in der englische Premier League vom FC Chelsea für ein Jahr nach Sevilla verliehen wurde. Nun wirbelt der "German Messi", wie er einst von der internationalen Presse getauft wurde, an der Seite vom Ex-Hamburger Piotr Trochowski. In der Vorbereitung hinterließ der Ex-Bremer gleich einen guten Eindruck, sodass die spanische Sportzeitung Estadio Deportivo bereits euphorisch titelte: "Marin glänzt".

Weltstar verramscht

Auch in Valencia und Madrid wurde kräftig investiert, mit David Villa konnte Champions-League-Teilnehmer Atlético einen absoluten Weltstar zum Schnäppchenpreis von zwei Millionen Euro erwerben. Hinter diesem Trio lauern Klubs wie die letztjährigen Überraschungsteams Real Sociedad und Betis Sevilla, das sich mit dem Ex-Frankfurter Markus Steinhöfer verstärkte, genau wie der FC Malaga mit Neu-Trainer Bernd Schuster auf einen der begehrten Europa-Cup-Plätze.

Eher Außenseiterchancen im Rennen um die Top-Ränge hat wohl Real Valladolid, wo der Ex-Herthaner Patrick Ebert nach einer bärenstarken ersten Saison weiterhin seine Brötchen verdient. Sein ehemaliger Teamkollege Christian Lell startet ebenfalls in seine zweite Spielzeit in La Liga - beim UD Levante wird er von nun an vom Deutsch-Portugiesen Sérgio da Silva Pinto unterstützt, der von Hannover 96 in den Vorort Valencias wechselte.

Das "Gelbe U-Boot" ist zurück

Dazu kommt aus der Segunda División Renommee zurück. Als der FC Villareal als Champions-League-Teilnehmer im Mai 2012 nach einem dramatischen Saisonfinale in die Zweitklassigkeit abstieg, staunten viele Beobachter nicht schlecht. Lange warten mussten die Fans des "Gelben U-Boots" jedoch nicht, um wieder Duelle gegen die Top-Vereine des Landes sehen zu können.

Dank einer grandiosen Rückrunde rollte Villareal das Feld von hinten auf und sicherte sich genau wie der FC Elche, der nach 24 Jahren Abstinenz in die Primera División zurückkehrt und UD Almería das Ticket für die höchste Spielklasse Spaniens. Während die letzteren beiden Clubs wohl um den Klassenerhalt kämpfen müssen, trauen Experten dem FC Villareal durchaus den Durchmarsch ins obere Tabellendrittel zu. Spannung ist jedenfalls garantiert!

Selbst wenn sich an der Vormachtstellung von Real und Barca bislang noch nichts geändert hat, verspricht die neue Spielzeit in Spanien viel Spannung und attraktiven Fußball. weltfussball.de freut sich auf den Anpfiff in La Liga, von der weiterhin sehr viele Spiele live kommentiert werden. Vielleicht lassen sich dann auch die letzten Fußballfachmänner vom alten und neuen Glanz der Primera División überzeugen.

 

Heiko Lütkehus