Von der Kölner Bank auf die größte aller Bühnen

Er war DIE Überraschung des überraschend einseitigen Achtelfinal-Hinspiels in der Champions League zwischen dem FC Bayern und Bayer Leverkusen: Winter-Einkauf Jonas Urbig feierte auf der größten aller Bühnen sein Pflichtspiel-Debüt für die siegreichen Hausherren und zeigte als Stellvertreter von Manuel Neuer keinerlei Anlaufschwierigkeiten. Dabei saß der 21-Jährige zu Jahresbeginn noch auf der Bank - in der 2. Bundesliga.
Am Mittwoch gegen 22 Uhr dürfte Jonas Urbig eine Menge durch den Kopf gegangen sein. Keine sechs Wochen ist es her, da musste der deutsche U21-Nationaltorhüter den 1:0-Heimsieg des 1. FC Köln gegen den SV Elversberg vom Seitenrand aus verfolgen, Effzeh-Coach Gerhard Struber hatte ihn bereits Monate zuvor zur Nummer zwei degradiert.
39 Tage später betrat Urbig den Rasen der an diesem Abend kochenden Allianz Arena erstmals in einem Pflichtspiel für seinen neuen Arbeitgeber, den FC Bayern. Und dann direkt in einem K.o.-Spiel der Königsklasse gegen den amtierenden deutschen Meister Bayer Leverkusen, Erzrivale der Kölner. Was für eine Geschichte!
Möglich wurde Urbigs Premiere überhaupt erst durch ein kurioses Missgeschick von Stammkeeper Manuel Neuer, der sich beim Bejubeln des Treffers zum zwischenzeitlichen 2:0 durch Jamal Musiala an der rechten Wade verletzte und nach 58 Minuten raus musste. Der Kapitän zog sich einen Muskelfaserriss zu und fällt "vorerst" aus, wie die Bayern am Donnerstag mitteilten.
Es ist die große Chance für Urbig.
Lob für Urbigs Bayern-Premiere: "Sehr stark und stabil"
Nach seinem unerwarteten Debüt war Urbig mit einem zufriedenen Lächeln in die Münchner Nacht entschwunden, Fragen der Journalisten wehrte er auf seinem Weg aus der Arena ab. Er dürfe "nicht reden", betonte der Youngster - und grinste breit.
Immerhin gab der Winter-Neuzugang den Vereinsmedien einen kurzen Einblick in seine Gefühlswelt. Erstmal wünsche er Neuer "gute Besserung. Ich hoffe, dass es nicht so schlimm ist", erklärte Urbig artig, gestand zugleich aber: "Für mich persönlich habe ich mich natürlich sehr gefreut. Ich habe versucht, die 30 Minuten zu meistern."
Das gelang ihm durchaus ansehnlich, von sport.de erhielt der ungewöhnlich durchtrainierte Torwart für seine vor allem fußballerisch saubere Performance eine solide Note.
Mittlerweile steht fest, dass es auch im Rückspiel am Dienstag (21:00 Uhr/Prime Video) in Leverkusen auf Urbig ankommen wird - doch die Verantwortlichen hegen keinerlei Zweifel.
"Er hat drei, vier Monate kein Spiel gemacht. Dann kommst du rein und weißt, dass alle gucken. Ich finde, dass er sehr stark und stabil war. Es hat so gewirkt, als ob es ihm gar nicht viel ausmacht", schwärmte Sportvorstand Max Eberl.
Ein Video der Aussagen öffnet sich weiter oben im Text!
Auch Trainer Vincent Kompany war mit seinem Auftritt seines Schützlings einverstanden: "Es gibt zum Debüt einfachere Spiele. Aber so wie ich ihn erlebt habe in den ersten Monaten: sehr ruhig, sehr souverän."
Beim 1. FC Köln degradiert, jetzt in der Champions League
Nach einem eher zähen Poker war Urbig im Winter an der Säbener Straße aufgeschlagen, um den Kampf um das Erbe von Manuel Neuer nach dessen voraussichtlichem Karriereende 2026 perspektivisch weiter anzuheizen.
Die Ablösesumme soll bei acht Millionen Euro plus Bonuszahlungen in Höhe von 3,5 Millionen Euro gelegen haben - nicht gerade wenig Geld für einen Schlussmann, der nicht einmal in der 2. Bundesliga gesetzt war. Doch die Bayern-Bosse sahen das Potenzial des Kölner Eigengewächses. Und sehen es weiterhin.
Bei seinem Heimatklub, für den er seit seinem 9. Lebensjahr auflief, hatte Urbig nach einem starken Leihjahr bei Greuther Fürth in der Hinserie zunächst das Vertrauen erhalten, seinen Platz zwischen den Pfosten nach allenfalls durchwachsenen Leistungen aber räumen müssen. Der deutlich erfahrene Marvin Schwäbe übernahm, die Ergebnisse wurden besser, Urbigs Stern sank ein wenig.
Doch jetzt leuchtet er wieder, greller denn je. Urbig hat früher als gedacht die Chance, sich beim FC Bayern so richtig zu beweisen. Er scheint bereit.