Wücks Befreiungsschlag mit Seitenhieb

Das EM-reife 4:0 gegen die Niederlande sorgt für gute Laune und Erleichterung im Lager der DFB-Frauen - insbesondere beim Bundestrainer.
Von den Rängen schallte "Oh, wie ist das schön", auf dem Rasen hüpften Klara Bühl und Sjoeke Nüsken ausgelassen im Takt umher. Auch Christian Wück genoss das "Ausrufezeichen" mit zufriedener Miene, nach den Negativschlagzeilen der vergangenen Woche ließ sich der Bundestrainer auch einen Seitenhieb nicht nehmen.
"Man hat nicht gesehen auf dem Platz, dass irgendwelche Kommunikationsschwierigkeiten da waren", sagte Wück nach der Torparty gegen die Niederlande - gegen die Unruhe, die die Kritik von ausgebooteten Spielerinnen ausgelöst hatte, war das 4:0 (3:0) die perfekte Reaktion. "Die Antwort hat die Mannschaft heute auch auf dem Platz gezeigt", befand der 51-Jährige nach der besten Heimspiel-Leistung seiner Amtszeit, die die EM-Euphorie schürte.
Nochmals betonte der Bundestrainer, dass die Irritationen rund um den Instagram-Post von Felicitas Rauch zum Umgang mit ihrer Nichtnominierung längst ausgeräumt und intern "kein großes Ding" waren. "Ich bin jetzt seit zehn, elf Monaten im Amt", erklärte der langjährige Junioren-Nationalcoach, "wir sind immer noch in der Kennlernphase. Ich mache vieles vielleicht anders als andere Trainer."
Nach einer Aussprache lenkte Wück in einer "intensiven" Trainingswoche den Fokus aufs Wesentliche. Die Detailarbeit im taktischen Bereich zahlte sich aus: Vor stimmungsvoller Kulisse im Weserstadion gelang nach zuletzt wankelmütigen Auftritten endlich eine konstante Leistung. Und somit "ein Ausrufezeichen, das wir auch für uns selbst gesetzt haben, aber auch für ganz viele da draußen", wie Kapitänin Giulia Gwinn betonte.
Dallmann: "Energie und Leidenschaft" der Schlüssel
Das Wichtigste mit Blick auf die Titeljagd in der Schweiz im Juli? "Dass wir gegen einen Topgegner diese Leistung gezeigt haben - und uns selbst, dass wir gegen die großen Nationen mithalten können", sagte Linda Dallmann, die sich mit dem Führungstreffer (9.) und einem starken Auftritt als erste Wahl auf der Position als Spielgestalterin hinter Doppelpackerin Lea Schüller (25./48.) empfahl.
"Energie und Leidenschaft" seien laut Dallmann der Schlüssel im Duell der Ex-Europameister gewesen, dabei half die Stimmung. "Beim Aufwärmen hat man schon gemerkt, wie geil die Fans mitmachen", sagte die Bayern-Spielerin und erklärte die Premiere in Bremen vor 32.398 Fans zum "geilsten Heimspiel, das wir je gespielt haben".
Das Ticket für die Nations-League-Endrunde ist in der Tasche, bei "70, 80 Prozent" sei sein Team rund einen Monat vor der EURO, schätzte Wück. Die Spielerinnen sahen das ähnlich. "Es war ein guter Schritt, aber mit Sicherheit noch nicht alles", meinte Dallmann.
Auch für sie ist das Rumoren Schnee von gestern. "Da hat jetzt auch jeder Hans und Franz, sag' ich mal, was dazu gesagt", befand die 30-Jährige. "Wir haben Bock, wir sind mit der Mannschaft stimmig, haben die Sache geklärt und freuen uns einfach aufs Turnier."
Doch vorher steht ohne die wegen einer muskulären Verletzung abgereiste Cora Zicai noch die EM-Generalprobe gegen Österreich am Dienstag (20.30 Uhr/ARD) in Wien an. Es ist die letzte Chance im Casting, bevor Wück am 12. Juni seinen 23er-Kader nominiert. "Ich werde noch einigen Spielerinnen sehr wehtun müssen", sagte der Bundestrainer - und nannte auch explizit die nur auf Abruf nominierte Rauch als "eine Kandidatin, die nicht raus ist".