04.08.2017 09:25 Uhr

Rüdiger bei Chelsea: Keine DF-B-Ware

Kann sich Antonio Rüdiger in der Premier League durchsetzen?
Kann sich Antonio Rüdiger in der Premier League durchsetzen?

Auf zu neuen Ufern: An der Themse steht für Antonio Rüdiger das erste Pflichtspiel mit dem FC Chelsea auf dem Programm. Im Community Shield gegen Stadtrivale Arsenal (am Sonntag ab 15:00 Uhr im weltfussball-Liveticker) will der Deutsche gleich Pluspunkte im Kampf um einen Stammplatz sammeln. Wie stehen seine Chancen?

Derzeit prasseln viele Eindrücke auf Antonio Rüdiger ein. Seit seinem vielbeachteten Transfer vom AS Rom an die Stamford Bridge steht der 24-Jährige mehr denn je im medialen Fokus. Für einen Menschen wie ihn, der das Rampenlicht bekanntermaßen nicht sucht, kein Zuckerschlecken. Doch Rüdiger schlägt sich wacker.

"Ich wollte immer in der Premier League spielen. Seit Jahren wurde mein Name mit Chelsea in Verbindung gebracht. Nun bin ich endlich hier", frohlockte der Defensivmann kürzlich auf der Vereinshomepage. Die Unterschrift beim englischen Meister ist ein Meilenstein in der Karriere Rüdigers, der sein enormes Potenzial zuletzt konstant abrufen konnte.

Ohne Skepsis ging der 35 Millionen Euro schwere Deal allerdings nicht über die Bühne. Zwar ist der Hype um deutsche Profis im Mutterland des Fußballs ungebrochen, doch neben all den Özils, Gündoğans und Sanés galt Rüdiger bislang nur als DF-B-Ware.

Entsprechend groß war die Verwunderung im Fan-Lager der Blues, als der Ex-Stuttgarter in London aufschlug. Ein Weltklasse-Verteidiger à la Mats Hummels würde, verfügbar oder nicht, eher zum Selbstverständnis vieler Chelsea-Anhänger passen. Dabei unterschätzen sie den neuen Deutschland-Export.

Spürbarer Reifeprozess

Für Rüdiger, dessen größtes Manko über Jahre hinweg der Hang zum Leichtsinn war, hat sich das Abenteuer Serie A ausgezahlt. Nirgendwo wird mehr Wert auf defensive Disziplin gelegt, keine andere Top-Liga ist derart taktisch geprägt wie die italienische. Rom war ein Stahlbad für Rüdiger, der als Spieler spürbar gereift ist. Kopfballstark und robust war er schon immer, jetzt stimmt bei dem 24-Jährigen auch das Timing.

Freilich stellt die rasante Premier League andere Anforderungen an Verteidiger. Wer sich auf der Insel durchsetzen will, muss die nötige Balance zwischen Abwehr und Angriff finden. Ruhepausen bieten sich kaum, selbst Abstiegskandidaten attackieren gegen nominell stärkere Gegner 90 Minuten. Der als heißblütig geltende Rüdiger wird einen kühlen Kopf bewahren müssen.

Blues-Urgestein als Vorbild?

Als Vorbild beim FC Chelsea könnte Gary Cahill taugen. Der 31-Jährige war in der Meistersaison 2016/2017 der "Unsung Hero" der Blues. 37 Mal kam der englische Nationalspieler in der Liga zum Einsatz, zumeist als Kapitän. Mit dem Routinier in der Startelf ließ das Team nur 30 Gegentore zu, das sind 0,81 pro Partie. Diese Stabilität war letzten Endes der Schlüssel zum Titelgewinn.

Umso beeindruckender, dass sich Cahill zudem sechsmal selbst in die Torschützenliste eintrug. An dieser Offensiv-Qualität wird sich Rüdiger messen lassen müssen. Die Krux: In der vorigen Saison traf der 1,90-Mann wettbewerbsübergreifend kein einziges Mal. Speziell bei eigenen Standards ist der gebürtige Berliner künftig mehr gefordert. Trotz brillanter Pass- und Flankengeber wie Eden Hazard und Cesc Fàbregas dürfte die Feinabstimmung aber noch Zeit in Anspruch nehmen.

Wiedersehen mit Mustafi und Özil

Wie weit der Eingewöhnungsprozess des nach dem Confederations Cup später in die Vorbereitung gestarteten Rüdigers vorangeschritten ist, könnte das Community-Shield-Duell mit Arsenal zeigen. Beim Wiedersehen mit den Nationalmannschaftskollegen Shkodran Mustafi und Mesut Özil hofft der Rechtsfuß auf Einsatzzeit.

Ob Chelsea-Coach Antonio Conte einen Platz in seiner überaus erfolgreichen 3-4-2-1 Formation für Rüdiger freischaufelt, bleibt derweil fraglich. Neben Cahill dürften David Luiz und César Azpilicueta in der Dreierkette derzeit noch die Nase vorn haben.

Bewährungschancen bietet der rappelvolle Terminkalender englischer Klubs allerdings zuhauf - ein wichtiger Faktor für den 17-fachen deutschen Auswahlspieler, der im engen Kampf um die letzten Tickets für die WM 2018 Argumente liefern muss. Den Sprung in den Weltmeister-Kader hatte er 2014 knapp verpasst.

Damit sich die Geschichte im kommenden Jahr nicht wiederholt, will ein gereifter Rüdiger auch in der womöglich stärksten, mit Sicherheit aber reichsten Liga der Welt den Durchbruch schaffen: "Die Premier League ist eine riesige Herausforderung. Doch ich glaube an mich".