26.05.2021 17:28 Uhr

Warum Alcácer und Co. ihre Chance wittern

Ex-BVB-Torjäger Paco Alcácer (r.) greift mit Villarreal nach dem Europa-League-Pokal
Ex-BVB-Torjäger Paco Alcácer (r.) greift mit Villarreal nach dem Europa-League-Pokal

Der FC Villarreal hat ungeschlagen das Finale der Europa League erreicht und greift nun nach dem ersten internationalen Titel. Dort wartet mit Manchester United ein echtes Schwergewicht. Doch das Gelbe U-Boot wittert seine Chance – auch aufgrund seines Trainers.

Betrachtet man nur die Briefköpfe beider Finalisten der diesjährigen Europa League, gibt es nur einen Favoriten: Manchester United. Die Red Devils gewannen in ihrer glorreichen Geschichte nicht weniger als 66 Titel.

Der FC Villarreal kann am Mittwochabend gegen Manchester (ab 20:15 Uhr live bei NITRO) nun nicht nur seinen ersten Europapokaltitel holen, sondern den ersten in der 98-jährigen Vereinshistorie überhaupt.

Erstaunlich, wenn man bedenkt, dass der Klub aus der Region Valencia regelmäßig in Europa vertreten ist und in der spanischen Eliteklasse an guten Tagen jeden Top-Klub schlagen kann.

Topf und Deckel: Villarreal holte Erfolgscoach Emery

Die Europa League ist jedoch ein besonderer Wettbewerb für das Gelbe U-Boot. Seit Jahren macht es hier Halt und scheiterte noch nie in der Gruppenphase. Seit Einführung des Wettbewerbs 2009 hat keine andere Mannschaft so viele Spiele absolviert (87) - und auch keine so häufig den Platz als Sieger verlassen (49 Mal).

Im Sommer 2020 verpflichtete der Verein dann passenderweise einen Mann, der in den meisten Europa-League-Spielen (92) als verantwortlicher Trainer auf der Bank saß und den man getrost als "König der Europa League" bezeichnen kann: Unai Emery. Die vielleicht größte Verstärkung in der letztjährigen Transferperiode.

Dreimal in Serie (von 2014 bis 2016) holte der Baske die Trophäe bereits – jeweils mit dem FC Sevilla – und steht nun in seinem fünften Finale seit Einführung des Wettbewerbs 2009.

"Jedes Spiel wie ein Finale"

Was ihn als Trainer auszeichnet? Das weiß ein ehemaliger Spieler, der inzwischen bei Finalgegner Manchester United kickt – Juan Mata, der beim FC Valencia unter dem Basken spielte.

"Ich habe mich sehr verbessert und bin als Mensch und Fußballer gewachsen. Er hat mich stark geredet und mich in jedem Spiel eingesetzt", so Mata auf der Vereinswebsite. Und weiter: "Er arbeitet sehr hart und professionell und bereitet sich auf jedes Spiel vor, als wäre es ein Finale. Wir müssen aufpassen, er hat sich bestimmt etwas ausgedacht, wird etwas anders machen. Taktisch oder auch bei Standardsituationen."

Neben seinem taktischen Geschick, das sich auch aus stundenlangen Videoanalysen der Gegner speist, setzt Emery bei Villarreal wie häufig in seiner Trainerkarriere auf alte Weggefährten. Mit Dani Parejo und Raul Albiol, zwei Stützen des Teams, sowie Carlos Bacca arbeitete Emery bereits bei anderen Stationen zusammen.

Vier Nullnummern gegen Finalgegner

Mit Manchester United trifft Villarreal auf einen Gegner, der die deutlich größere Erfahrung in derart großen Spielen hat. Allerdings sind die Submarinos unbesiegt gegen United. Zugleich aber auch sieglos – je nach Betrachtungsweise.

Viermal traf das Gelbe U-Boot in der Vergangenheit (2005/06 und 2008/09) auf die Red Devils, kurioserweise endete jedes Aufeinandertreffen mit einem torlosen 0:0. Diese Serie wird in Danzig spätestens im Elfmeterschießen ein Ende finden.

Dass United den titellosen Klub aus Spanien noch nie besiegen konnte, zeigt, wie unangenehm Villarreal im Europapokal zu bespielen ist. Und dass die Schützlinge von Unai Emery nicht chancenlos sein werden, beweist auch folgender Vergleich aus der laufenden Europa-League-Saison:

*Manchester United absolvierte nur die acht Spiele der K.o.-Phase in der Europa League, deshalb wurden Durchschnittswerte berechnet
*Manchester United absolvierte nur die acht Spiele der K.o.-Phase in der Europa League, deshalb wurden Durchschnittswerte berechnet

Erstaunlich ist, dass die Spanier durchschnittlich mehr Ballbesitz hatten als das stargespickte United. Eine große Stärke der Submarinos ist außerdem die defensive Stabilität. Eine Vielzahl an Chancen dürften die Red Devils wohl nicht bekommen.

Superstar Moreno und ein alter Bekannter vom BVB

Apropos Chancen: Viele benötigt Gerard Moreno davon nicht – mit seinen 29 Jahren spielt er die Saison seines Lebens, schoss wettbewerbsübergreifend 29 Tore für Villarreal. Gerard, wie er kurz genannt wird, ist Spaniens EM-Hoffnung und soll eine Ausstiegsklausel über 100 Millionen Euro in seinem Vertrag stehen haben.

An seiner Seite könnte ein alter Bekannter aus der Bundesliga stürmen: Paco Alcácer. Der Ex-Dortmunder erzielte wie Moreno sechs Tore in dieser Europa-League-Saison.

Der 27-Jährige spielte zwar nur eineinhalb Jahre im deutschen Oberhaus, hinterließ dort aber einen bleibenden Eindruck. Für seine ersten sechs Bundesliga-Tore benötigte Alcácer nur 81 Minuten, am Ende seiner Premierensaison standen 12 Jokertore auf seinem Konto. Nie zuvor hatte ein Spieler in einer Bundesligasaison zwölf Treffer als Einwechselspieler erzielt.

Gerade diese Tore könnten im Finale (am Mittwochabend, ab 20:15 Uhr live bei NITRO) noch ein wichtiger Faktor werden, denn momentan läuft der erfahrene Carlos Bacca Alcácer etwas den Rang ab.

Ungeschlagen zum Titel?

Mit seinen ganz eigenen Waffen und einem Trainer, der in der Europa League einmalig ist, kann Villarreal für eine faustdicke Überraschung sorgen.

Und nebenbei Geschichte schreiben: Denn lediglich der FC Chelsea gewann 2018/19 die Europa League, ohne dabei eine einzige Niederlage zu kassieren.

Lars Wiedemann