06.06.2021 14:51 Uhr

Löw warnt DFB-Stars - Stimmung "war belastet"

Joachim Löw sprach in der PK der Nationalmannschaft
Joachim Löw sprach in der PK der Nationalmannschaft

Die deutsche Nationalmannschaft will sich mit einem klaren Sieg gegen Lettland Rückenwind für die EM holen. Joachim Löw muss aber noch Fragen im taktischen und personellen Bereich beantworten.

Fußball-Lehrer Joachim Löw hat seinen EM-Schülern das "Einmaleins" eingetrichtert, für die ganz schwierigen Aufgaben setzt er aber noch Nachhilfestunden an.

"Defensivarbeit, Zweikampfverhalten, Räume schließen. Das muss in einem ganz anderen Tempo passieren als gegen Dänemark", sagte Löw vor der EM-Generalprobe gegen Lettland am Montag (20:45 Uhr/RTL) energisch und forderte vor dem 70-minütigen Flug von Innsbruck nach Düsseldorf mehr "Tempo und Intensität".

Joachim Löw: "Wer das nicht leisten kann, ist fehl am Platz"

Der Gegner liegt in der FIFA-Weltrangliste auf Platz 138 zwar hinter Ruanda, Tansania und den Komoren. Dennoch erhofft sich Löw im 100. Länderspiel von Kapitän Manuel Neuer mit Blick auf den Turnier-Kracherstart gegen Weltmeister Frankreich die dringend benötigte "Feinabstimmung".

Man müsse die Räume besetzen und bespielen, die Laufwege machen. Da spiele der Gegner keine Rolle, mahnte Löw und verschärfte den Ton: "Wir müssen intensiv und aggressiv anlaufen. Das Maß aller Dinge ist die Defensivarbeit. Wer das nicht leisten kann, ist fehl am Platz."

Beim 1:1 im ersten Test gegen Dänemark waren dem 61-Jährigen "Dinge aufgefallen, die wir korrigieren müssen". Besonders der "Kontrollverlust" nach dem Führungstreffer wurmte Löw mächtig. Daher gehe es jetzt an die "Feinarbeit, um noch stabiler und gefestigter ins Turnier gehen zu können".

Matthias Ginter nennt "Baustellen" des DFB-Teams

Die Basis wurde im zehntägigen EM-Trainingslager in Seefeld/Tirol gelegt. "Defensive, Chancenverwertung, Standards - das waren die Baustellen", sagte Abwehrspieler Matthias Ginter und ergänzte zufrieden: "Wir sind bei allen Dingen vorwärtsgekommen."

Aber noch nicht weit genug. "Das war das Einmaleins, jetzt geht es ins Detail", sagte Löw. Dabei muss der Bundestrainer vor seinem letzten Turnier taktische und personelle Fragen beantworten. Dreier- oder Viererkette? Ist Joshua Kimmich im Zentrum gesetzt oder muss er im Sinne der Mannschaft nach rechts rücken? Ist Platz in der Startelf für die Champions-League-Sieger Kai Havertz und Timo Werner?

Löw ließ sich nicht in die Karten blicken, auch wenn er gegen Lettland größtenteils seine geplante EM-Startelf auf den Platz bringen wird. "Es gibt noch zwei, drei Fragezeichen. Ich werde auch im Spiel sicher noch den einen oder anderen Wechsel vornehmen", sagte Löw.

Taktisch dürfte er gegen Frankreich und Titelverteidiger Portugal auf eine Dreierkette setzen, auch wenn er erneut betonte, dass man "zwei Grundordnungen beherrschen" müsse. Nach dem Anstoß sei ohnehin alles "flexibel und dynamisch". Wer glaube, die Dreierkette sei eher defensiver sei, der täusche sich. Denn: "Die Außenbahnspieler sind Mittelfeldspieler."

Diskussion um Rolle von Joshua Kimmich

Dennoch bleibt die Diskussion über Kimmmichs Rolle. Löw schloss aus, ihn auf die rechte Seite zu ziehen, sofern nicht alle Spieler im bestens besetzten Mittelfeld zur Verfügung stehen. Das wird beim Turnierstart nicht der Fall sein. "Er wird fürs erste Spiel wohl nicht infrage kommen", sagte Löw über Leon Goretzka, der nach seinem Muskelfaserriss im Oberschenkel immer noch individuell trainiert.

Die Ziele sind dennoch groß - auch mit Blick auf die Fans, von denen in Düsseldorf immerhin 1000 zugelassen sind. "Wir haben die Leute die letzten Jahre nur enttäuscht. Wir können uns nicht immer verstecken und sagen, dass wir viel Qualität haben. Jetzt sind wir gefragt", sagte Kimmich im ZDF: "Mein Ziel ist es, Europameister zu werden."

Die Stimmung ist schon vor dem Turnier titelreif. Das versichern zumindest die Spieler. Hierarchie-Probleme sind durch die Rückkehr der alten Leitwölfe Thomas Müller und Mats Hummels offenbar nicht entstanden. "Anstehende Konflikte zwischen Spielergruppen kann ich nicht erkennen", bekräftigte DFB-Direktor Oliver Bierhoff.

Joachim Löw: "2018 war die Stimmung belastet"

Ginter stellte im Vergleich zur Vorbereitung beim WM-Desaster 2018 eine "andere Atmosphäre, andere Stimmung" fest.

Löw sagte: "Es gibt eine Veränderung, eine andere Situation. 2018 war die Stimmung belastet. Es lag eine Schwere über der Mannschaft. Seit zwei, drei Jahren ist die Stimmung gut und jetzt auch extrem energetisch."

Er führte aus: "Die Jungs verstehen sich gut. Älter Spieler, ganz junge und mittelalte - es ist sehr kommunikativ. Alle gehen respektvoll miteinander um. Ich spüre aber auch einen gemeinsamen Ehrgeiz, den sie entwickeln. Es kommen unterschiedliche Sichtweisen zusammen, das finde ich sehr positiv."


Die wichtigsten Aussagen der DFB-PK zum Nachlesen:

+++ Joachim Löw über die Erwartungen gegen Lettland +++

Offensive Inhalte haben wir noch nicht gemacht. Das wird in der kommenden Woche erfolgen. Auch morgen ist die Defensivarbeit im Fokus, gegen diesen Gegner aber wohl eine Linie höher. Wir brauchen Kompaktheit im Angriffspressing.

Gegen Dänemark sind mir und den Spielern einige Dinge aufgefallen, die wir korrigieren wollen. Die Räume waren nach dem 1:0 zu groß. Wir haben die Kontrolle verloren, nicht zum ersten Mal in den letzten Jahren. Das sind wir noch mal angegangen. Es ist klar, dass noch Sand im Getriebe sein wird, vor allem offensiv.

+++ Joachim Löw über den Gesundheitszustand von Lukas Klostermann und Mats Hummels +++

Er hatte nach dem Dänemark-Spiel einen leichten Erguss im Knie. Das ist aber kein Problem fürs Turnier. Deswegen hat er heute individuell trainiert.

Mats Hummels hat keine grundlegenden Probleme, aber die Patellasehne schmerzt manchmal. Gestern und heute hat er aber ohne Probleme trainiert.

+++ Joachim Löw über die Leistungen von Leroy Sané und das Wortgefecht mit Joshua Kimmich +++

Leroy ist immer bereit für einen Startelf-Einsatz. Wir wollen, dass die Spieler untereinander sich auch mal kritisch sehen, wenn einer Dinge nicht im Sinne der Mannschaft macht. Das ist Kommunikation.

Leroy hat sich in diesen Bereichen eindeutig verbessert, auch was die Defensivarbeit angeht. Das ist erfreulich. Aber er muss die goldene Mitte finden. Leroy ist ein offensiver Spieler, dribbelstark. Fehler passieren, aber dann muss ich verteidigen - und zwar die ganze Mannschaft.

+++ Joachim Löw über seine System-Idee für den EM-Start +++

Es gibt verschiedene Planspiele. Frankreich ist ein Gegner, der in der Offensive wahnsinnig variabel spielt. Was wir da im Detail machen, das ist noch nicht ganz klar. Wir müssen die Franzosen vor allem vom eigenen Tor weghalten. Portugal im zweiten Spiel ist ein ganz anderer Gegner.

Gegen Lettland können wir natürlich nicht so spielen wie gegen Frankreich. Sie werden viel defensiver spielen, wir werden im Ballbesitz sein. Wir müssen unser Einmaleins beherrschen, das ist vom Gegner unabhängig.

Wir brauchen ballsichere Mittelfeldspieler, aber alle müssen Defensivarbeit verrichten. Das muss noch viel intensiver aussehen als im Test gegen Dänemark. Es geht um Tempo-Intensität, ums Verschieben, vor und zurück, rechts und links, das ist genauso wichtig wie das Fußballerische. Wer das nicht leisten kann, kann in dem ein oder anderen Spiel nicht auf dem Platz stehen.

+++ Joachim Löw über die Stimmung in der Mannschaft und Unterschiede zu 2018 +++

Es gibt eine Veränderung, eine andere Situation. 2018 war die Stimmung belastet. Es lag eine Schwere über der Mannschaft. Seit zwei, drei Jahren ist die Stimmung gut und jetzt auch extrem energetisch.

Die Jungs verstehen sich gut. Älter Spieler, ganz junge und mittelalte - es ist sehr kommunikativ. Alle gehen respektvoll miteinander um. Ich spüre aber auch einen gemeinsamen Ehrgeiz, den sie entwickeln. Es kommen unterschiedliche Sichtweisen zusammen, das finde ich sehr positiv.

+++ Joachim Löw über Matthias Ginter +++

Er ist längere Zeit dabei und unglaublich verlässlich. Er erfüllt die Aufgaben, die man ihm stellt. Er ist kein Spieler, der auffällt, aber wichtig in einem Gefüge. Er ist ein Spieler für das Gleichgewicht, offensiv wie defensiv. 

Er muss aber lauter werden auf dem Platz, mehr kommunizieren. Daran muss er arbeiten.

Joachim Löw die Rolle von Jonas Hofmann +++

Jonas Hofmann ist eine Variante für die Außenbahn, das hat er im Training ein paar Mal gespielt. Lukas Klostermann hat seine Stärken in der Defensive, Hofmann ist ein anderer Spielertyp. Er macht Laufwege, bricht durch zur letzten Linie, kann den letzten Pass spielen und gut flanken. Er ist eine gute Alternative, ihm gefällt die Position selbst auch gut.

+++ Joachim Löw über die Corona-Infektion von Toni Kroos +++

Er kam ohne Probleme aus der Erkrankung, war spielfreudig. Bei ihm ist nichts hängen geblieben. Er ist eine zentrale Figur in unserem Spiel.

+++ Joachim Löw über die Positionsfrage bei Joshua Kimmich +++

Im Moment sind nicht alle Mittelfeldspieler fit, weil Leon Goretzka noch einige Tage braucht. Fürs erste EM-Spiel wird er wahrscheinlich nicht in Frage kommen. Er muss reinwachsen und sich reinarbeiten.

Bei Joshua Kimmich müssen wir mal schauen. Beides ist denkbar, aber erst einmal müssen alle an Bord sein. Er war jahrelang Rechtsverteidiger, kann auch in einer Dreierkette spielen. Er ist sehr anpassungsfähig.

+++ Joachim Löw über Experimente gegen Lettland und die Systemfrage +++

Es geht auch ums Einspielen, aber ich muss auch Wechsel während des Spiels einplanen. Es war zuletzt sehr intensiv. Wir wollen auf keinen Fall Verletzungen riskieren. Wir haben im Training an den Automatismen gearbeitet. Es ist wichtig, dass die Spieler während des Turniers Bescheid wissen, weil wir dann taktisch nicht mehr viel trainieren können.

Beim System sind wir flexibel, wir müssen auf jeden Fall zwei Grundordnungen beherrschen. Heute ist alles unglaublich dynamisch. Wir müssen die Räume gut besetzen. Wer das macht, spielt nicht immer die entscheidende Rolle. Ob Dreier- oder Viererkette, die Prinzipien sind die gleichen. Die Dreikette ist nicht unbedingt die defensivere Variante. Wer das glaubt, der täuscht sich.

+++ Joachim Löw über Manuel Neuer und seine Startelf +++

Manuel Neuer wird morgen das Spiel bestreiten und sein 100. Länderspiel absolvieren. Das ist eine sehr, sehr magische Zahl. Bei der restlichen Aufstellung gibt es noch zwei, drei Fragezeichen. Ich plane auch den ein oder anderen Wechsel im Laufe des Lettland-Spiels. Bei den Spieler aus England muss man noch etwas vorsichtig sein. Die Aufstellung für das Frankreich-Spiel wird sich erst im Laufe der kommenden Woche entscheiden.

+++ Joachim Löw über die Personalsituation +++

Die Engländer brauchten nach dem Champions-League-Highlight noch etwas Anlaufzeit. Insgesamt sind wir personell aber zufrieden.

+++ Joachim Löw über das Trainingslager +++

Ich kann noch kein Fazit ziehen, die Vorbereitung geht für uns weiter. Wir haben nach dem Spiel gegen Lettland noch eine Woche Zeit bis zur Partie gegen Frankreich. Wir haben hier sehr, sehr gute Bedingungen vorgefunden und konnte unsere Inhalte durchführen. Es war intensiv und umfangreich. Wir haben auch viele Gespräche geführt. Wir sind einen Schritt voran gekommen. Aber jetzt geht es ins Detail und wir müssen an gewissen Dingen weiter arbeiten.

+++ Matthias Ginter geht, Joachim Löw entert das Podium +++

Fliegender Wechsel bei der DFB-PK.

+++ Matthias Ginter über die Rückkehr von Mats Hummels +++

Mats Hummels kenne ich aus gemeinsamen Dortmunder Zeiten. Er ist sehr erfahren, hat viele Jahre auf dem Buckel. Vom Typ her ist er jemand, der keine Zeit braucht, sich zu integrieren. Wir sind alle froh, dass er da ist. Er hat eine gute Saison gespielt.

+++ Matthias Ginter über seine Zukunft in Gladbach und die Bühne EM +++

Ich sehe das Turnier nicht als Bühne, sondern will es mit der deutschen Mannschaft so positiv wie möglich gestalten. Es geht nicht darum, mich als Einzelspieler besonders zu präsentieren. Alle weiteren Gerüchte will ich nicht an mich heranlassen.

+++ Matthias Ginter über seinen "Jogi-Moment" +++

Da denke ich an den ersten Anruf im März 2014. Das war ein besonderer Moment. Und bei der Geburt meines Sohnes hat er sich gemeldet, damit hätte ich nicht unbedingt gerechnet. Das war sehr schön. Er ist auch außerhalb des Platzes ein sehr besonderer Mensch. Ich wünsche ihm, dass er einen guten Verein findet und weiter Erfolge feiern kann.

+++ Matthias Ginter über Unterschiede zur WM-Vorbereitung 2018 +++

Grundsätzlich haben wir jetzt eine andere Atmosphäre, eine andere Stimmung. Man hat das Gefühl der Zusammengehörigkeit, jeder hat Bock auf das Turnier. Wir wollen diesen Zusammenhalt zeigen und ein erfolgreiches Turnier spielen.

+++ Matthias Ginter über die Trainingsinhalte +++

Wir wollen stabiler und kompakter stehen, es dem Gegner schwieriger machen. Auch die Chancenverwertung war ein Thema. Und die Standards, sowohl defensiv als auch offensiv, waren in letzter Zeit ausbaufähig. Das sind die drei Bausteine, an denen wir gearbeitet haben.

+++ Matthias Ginter über den späten Start ins Turnier +++

Wir sind in der letzten Gruppe. Es ist etwas schwierig, die Vorfreude aufrecht zu erhalten. Ich würde aber nicht von einem Nach- oder Vorteil sprechen.

+++ Matthias Ginter über seine Lieblingsposition +++

Im Verein habe ich immer Innenverteidiger gespielt, hier auch. Aber klar kann es vorkommen, dass man durch Ausfälle und ähnliches verschiedene Positionen einnimmt. Ich bin da nicht so festgelegt.

+++ Matthias Ginter über die Systemfrage im DFB-Team +++

Ich fühle mich in der Dreier- und Vierkette sehr wohl. Ich bin nicht auf eine Position oder ein System festgelegt. In der Dreierkette kann man als Innenverteidiger mehr am Offensivspiel teilnehmen. Es gibt ein paar Unterschiede. Für das Turnier ist es wichtig, dass wir verschiedene Systeme spielen können. Es kommt generell auf die Intensität und den Fleiß an.

+++ Matthias Ginter über das Trainingslager in Seefeld +++

Die Bedingungen hier waren sehr, sehr gut. Wir haben intensiv trainiert. Das Spiel gegen Lettland wollen wir positiv gestalten. Wir haben viel abgearbeitet, auch die Inhalte, die das Trainer-Team für uns vorbereitet hatte.

+++ Matthias Ginter ist da +++

Die letzte virtuelle DFB-PK aus Seefeld ist gestartet.

+++ Welche Infos lässt Joachim Löw raus? +++

Welche Erkenntnisse hat Löw bislang im Trainingslager gewonnen? Wie ist die Situation bei BVB-Abwehrchef Mats Hummels, der zuletzt mehrfach angeschlagen bei den Einheiten fehlte? Wie weit ist Leon Goretzka nach seinem Muskelfaserriss im Oberschenkel? Und wie will der Bundestrainer den letzten Test gegen Lettland personell angehen?

Informationen dazu und zu allen weiteren spannenden Aspekten rund um das DFB-Team erhoffen wir uns von der Pressekonferenz.

+++ Wie sind die Eindrücke von Matthias Ginter? +++

Spannende Einblicke in die letzten Tage beim DFB-Team dürfte auch Matthias Ginter geben. Der Gladbacher ist zudem Teil  des durch die Hummels-Rückkehr noch einmal zusätzlich angeheizten Konkurrenzkampfes in der Abwehr.

Wie sieht Ginter seine Rolle in der Nationalmannschaft? Rechnet er sich Startelf-Chancen für die EURO aus?