07.09.2021 13:33 Uhr

David Alaba und der "aufgescheuchte Hühnerhaufen"

Ex-FC-Bayern-Star David Alaba und Nationalcoach Franco Foda stehen in der Kritik
Ex-FC-Bayern-Star David Alaba und Nationalcoach Franco Foda stehen in der Kritik

Obwohl der Kader überaus prominent besetzt ist, steckt Österreichs Fußball-Nationalmannschaft in der Krise. Vor dem richtungsweisenden Heimspiel gegen Schottland (Dienstag ab 20:45 Uhr im LIVE-Ticker) schrillen beim EM-Achtelfinalisten die Alarmglocken. Die Kritik wächst - sowohl an der mit Bundesliga-Stars gespickten Mannschaft, als auch an Coach Franco Foda.

Dass der Tag nach der Pleite nicht angenehm würde, ahnte Foda schon. "Wenn man fünf Tore kassiert, hat man etwas nicht richtig gemacht", sagte der deutsche Trainer der österreichischen Nationalmannschaft nach dem 2:5-Debakel in Israel.

Die Medien der Alpenrepublik stimmte es auch nicht gnädig, dass die Auswahl des Österreichischen Fußball-Bundes trotz der Quali-Blamage gegen die vom Ex-ÖFB-Sportdirektor Willi Ruttensteiner betreuten Gastgeber noch immer die Chance auf die WM in Katar hat.

Neu war das Erlebnis am Samstagabend für Foda und seine Spieler nicht. Im März 2019 gab es in der EM-Qualifikation eine ähnliche Klatsche mit 2:4: ebenfalls in Haifa, ebenfalls gegen Israel, in Andreas Herzog saß ebenfalls ein Landsmann auf der gegnerischen Trainerbank - und ebenfalls war die Leistung unterirdisch.

"Was für eine Klatsche!"

Am vergangenen Sonntag fielen die Kommentare ähnlich aus wie vor zweieinhalb Jahren: "Was für eine Klatsche", schrieb die "Kronen Zeitung". Die Mannschaft sei herumgelaufen "wie ein aufgescheuchter Hühnerhaufen". "Die Presse" stellte "Österreichs quälende Ineffizienz" fest. "Der Kurier" konstatierte "ein kollektives Versagen, das auch den Teamchef miteinbezieht".

Unumstritten war Foda in seinen bisherigen vier Jahren ohnehin selten. Dem ehemaligen Bundesliga-Profi wird vorgeworfen, zu defensiv und abwartend spielen zu lassen.

Dabei wird die aktuelle Generation in Österreich als die wohl beste aller Zeiten betrachtet. Mehr als die Hälfte der Profis verdient in der Bundesliga ihr Geld, hinzu kommen Legionäre vom FC Barcelona, Real Madrid und vom heimischen Serienmeister Red Bull Salzburg.

Beißender Spott im Netz

In den sozialen Medien mutmaßten einige Ironie-Twitterer hinter der jüngsten Vorstellung der Mannschaft um Kapitän David Alaba bereits einen höheren politischen Sinn.

"Menschenrechtlich sehr lobenswert dass Österreichs Mannschaft die WM in Katar boykottiert", schrieb einer. Ein anderer meinte: "Andere reden davon, #Qatar2022 zu boykottieren. Österreich macht es einfach unangekündigt."


Mehr dazu: So lacht das Netz über Österreichs Blamage


Doch so weit ist es noch nicht. Österreichs WM-Aus ist noch etwas hin. Stand jetzt wären die Austria-Kicker beim WM-Playoff im März 2022 dabei - unabhängig vom Verlauf der weiteren Gruppenspiele.

Als Gruppensieger in der B-Liga der Nations League im vergangenen Jahr dürften sie die Entscheidungsspiele bestreiten, wenn aus den fünf Mannschaften aus Frankreich, Belgien, Italien, Spanien und Wales vier ihre Qualifikations-Gruppen als Tabellenerster oder -zweiter beenden.

Verzweifelter Kampf um Platz zwei

Klar ist nach fünf von zehn Quali-Spieltagen bislang nur, dass Platz eins in der Gruppe F für Österreich so gut wie unerreichbar ist. Dänemark liegt mit 15 Punkten schon acht Zähler vor Österreich auf Platz vier.

Somit geht es nur noch um den Kampf um Rang zwei. Und da haben Israel mit zehn Punkten und auch Schottland mit acht einen Vorteil.

Am Dienstag in Wien gegen die Schotten muss in jedem Fall ein Sieg her - trotz der Ausfälle von Marcel Sabitzer, Stefan Lainer, Sasa Kalajdzic, Xaver Schlager und Julian Baumgartlinger.

Mit einer Leistung wie in Israel wird das ohnehin schwierig. Schon nach 33 Minuten stand es 0:3.

"Fünf Tore dürfen wir gegen Israel nicht bekommen. Es hat einiges gefehlt", meinte Torwart Daniel Bachmann frustriert. Er ahnte wie sein Trainer das mediale Gewitter. "Wenn es etwas Gutes zu schreiben gibt, kommt das ganz, ganz kurz und klein. Und wenn es einmal nicht läuft, dann wird wieder richtig groß geschrieben und geschrien." Allerdings räumte er ein: "Wir haben uns das heute nach der Leistung verdient."

Keine Spur vom gefürchteten Kollektiv

In gewisser Weise war die jüngste Blamage ein Tiefschlag mit Ansage. Bereits vor der EM im Sommer hatten sich Schwierigkeiten hervorgetan.

Beim 3:1-Erfolg in der WM-Quali gegen Färöer wendeten Alaba und Co. nur mit viel Mühe eine Pleite ab, die bittere 0:4-Niederlage gegen Dänemark unmittelbar vor dem EM-Start war offenbar ein Warnschuss zur rechten Zeit. Die ÖFB-Auswahl erreichte mit großem Zusammenhalt das erste Achtelfinale der Verbandsgeschichte.

Vom gefürchteten Kollektiv, das den späteren Europameister Italien (2:1 n.V.) beinahe aus dem Turnier gekegelt hatte, war in Haifa jedoch keine Spur.

"Wir haben es in den letzten Tagen nicht geschafft, die Atmosphäre aufzubauen, wie wir sie noch vor ein paar Monaten hatten", bemängelte Alaba, der am Dienstag noch einmal den EM-Geist beschwören will: "Wir wissen, dass wir erfolgreicher spielen können. Das haben wir schon öfter bewiesen."

Heiko Lütkehus (mit Material von SID und dpa)