16.11.2021 18:01 Uhr

Warum Bayerns "French Connection" schrumpfen dürfte

Die
Die "French Connection" beim FC Bayern ist in den vergangenen Jahren gewachsen

Vier Akteure des FC Bayern waren zuletzt auf Länderspielreise mit Frankreich im Einsatz. Die "French Connection" beim deutschen Rekordmeister ist in den letzten Jahren auch ohne Franck Ribéry stetig gewachsen. Intern soll das nicht allen gefallen, bei genauerer Betrachtung fällt aber auf, dass über die Hälfte der aktuell in München spielenden Franzosen ohnehin bald weg sein könnte.

Beim FC Bayern spricht man französisch, und das schon seit einiger Zeit. Die Zahl der Spieler aus dem Land des Weltmeisters hat ein neues Allzeithoch erreicht.

Nicht weniger als acht (!) Franzosen gehören aktuell zum Profi-Kader des Bundesliga-Tabellenführers. Viele von ihnen wechselten auch und vor allem auf Wunsch von Sportchef Hasan Salihamidzic an die Säbener Straße.

Einige Klub-Vertreter sollen allerdings der Meinung sein, dass der Fokus auf Akteure aus dem westlichen Nachbarland für Deutschlands Vorzeige-Verein nicht der richtige Weg ist.

Salihamidzics Vorliebe für französische Spieler sei intern "ganz klar ein Thema". Es werde "einigen im Verein zu viel", so "Bild"-Sportchef Christian Falk zuletzt.

Ein genauerer Blick auf die acht Frankreich-Legionäre und ihre jeweilige persönliche Situation beim FC Bayern verrät jedoch, dass der kritisierte Trend beim Branchenprimus schon bald wieder vorbei sein könnte.

"French Connection" beim FC Bayern: Nur drei Stars bleiben sicher

Gerade einmal drei Profis aus der Grande Nation besitzen beim FC Bayern sowohl langfristige Verträge als auch eine dauerhafte sportliche Perspektive: Die beiden Weltmeister Lucas Hernández und Benjamin Pavard sowie Neuzugang Dayot Upamecano. Trainer Julian Nagelsmann vertraut dem Abwehr-Trio, das die Münchner Defensive noch über Jahre hinweg prägen soll.

Grundlegend anders stellt sich die Lage bei zwei weiteren Nationalspielern dar. Seit Monaten wird über die Zukunft von Mittelfeld-Allrounder Corentin Tolisso, dessen Arbeitspapier im kommenden Sommer ausläuft und der daher ablösefrei wechseln könnte, und Flügelflitzer Kingsley Coman (bis 2023 gebunden) spekuliert.

Während Tolisso in seinen mittlerweile viereinhalb Jahren beim Rekordmeister - auch verletzungsbedingt - nie Leistungsträger war und wohl ohne große Umstimmungsversuche der Offiziellen gehen darf, ist die Lage bei Coman komplizierter.

Comans Abschied vom FC Bayern weiterhin Thema

Auch der Außenstürmer wurde immer wieder von Blessuren gestoppt, hat sich speziell in den vergangenen zwei Jahren nichtsdestotrotz enorm gesteigert. Absolutes Highlight war sein Siegtreffer im Champions-League-Endspiel 2020 gegen Paris Saint-Germain.

Von Vereinsseite heißt es, dass eine Fortsetzung der Zusammenarbeit im Sinne aller Beteiligten wäre. Erst kürzlich sagte Julian Nagelsmann: "Ich habe schon oft betont, dass King ein herausragender Mensch ist, mit dem ich sehr gerne arbeite. Ich würde gerne noch viele Jahre mit ihm arbeiten."

Problem: Seit längerem pokern die Berater des Nationalspielers mit dem FC Bayern um eine Verlängerung, eine Einigung ist dabei nicht in Sicht.

Ein Stolperstein soll Comans exorbitanter Gehaltswunsch sein, laut der spanischen Sportzeitung "AS" fordert er ein Jahressalär zwischen 15 und 16 Millionen Euro. Zu viel für die Münchner, die ihrerseits unbedingt verhindern wollen, dass der Tempodribbler in eineinhalb Jahren ablösefrei geht.

Sollte es zu keiner Übereinkunft kommen, wäre der Rekordmeister wohl oder übel gezwungen, seinen Trophäensammler im kommenden Sommer zu verkaufen.

An möglichen Abnehmern mangelt es nicht: Allen vier Top-Klubs aus England - Manchester City, Manchester United, der FC Chelsea und der FC Liverpool - wurde in diesem Jahr bereits Interesse an Coman nachgesagt.

Bayern München: Zwei Flops ohne Perspektive

Blieben noch der blutjunge Innenverteidiger Tanguy Nianzou sowie die perspektivlosen Fehlkäufe Mickael Cuisance und Bouna Sarr.

Letzterer soll rund um seinen überraschenden Wechsel nach München am Deadline Day 2020 vor einer Nominierung für die Équipe tricolore gestanden haben, ein Jahr später ist er aus dem Fokus von Nationalcoach Didier Deschamps verschwunden und spielt stattdessen für den Senegal.

Dass der Rechtsverteidiger überhaupt international Beachtung findet, verwundert durchaus, hat Sarr beim FC Bayern bislang doch jede Eignung für höhere Aufgaben vermissen lassen. Hin und wieder wechselt Nagelsmann ihn bei deutlichen Vorsprüngen ein, andere Male schafft es der 29-Jährige nicht einmal in den Kader. Alles andere als eine vorzeitige Trennung im Januar, spätestens aber nach der Saison wäre eine faustdicke Überraschung.

Keinen Deut besser stehen Cuisances Chancen an der Säbener Straße. Nach gefloppter Leihe nach Marseille ist der Ex-Gladbacher Dauergast auf der Tribüne, auch er wird den FC Bayern 2022 ziemlich sicher verlassen (müssen).

Und Nianzou? Der wartet im Schatten seiner namhaften Abwehr-Konkurrenten auf Bewährungschancen, die sich allerdings nur selten bieten. Auch wenn Nagelsmann beim Teenager zuletzt eine Steigerung feststellte, benötigt er mittelfristig mehr Spielpraxis. Eine Leihe könnte Abhilfe schaffen.

Unter dem Strich könnte die teils kritisch gesehene "French Connection" also schon in Kürze um mehr als die Hälfte schrumpfen. Es sei denn, Hasan Salihamidzic geht im Weltmeister-Land bald wieder auf Einkaufstour.

Heiko Lütkehus