13.09.2022 16:06 Uhr

Anlaufprobleme bei Bayern: Darum hakt es bei Mané und Co.

Sadio Mané konnte Robert Lewandowski zuletzt nicht ersetzen
Sadio Mané konnte Robert Lewandowski zuletzt nicht ersetzen

Nach zuletzt drei Unentschieden in Folge hinkt der FC Bayern in der Bundesliga den eigenen Ansprüchen hinterher. Ein Grund dafür ist, dass die Neuzugänge noch mit Anlaufschwierigkeiten zu kämpfen haben. Doch woran liegt der Stotterstart von Sadio Mané, Ryan Gravenberch und Co.?

Noch vor wenigen Wochen hätte es kaum jemand gewagt, die Neuzugänge des FC Bayern oder die Transferperiode insgesamt zu kritisieren. Denn nach eher zurückhaltenden Jahren griffen die Münchner in diesem Sommer gleich mehrfach ins oberste Regal.

In Person von Sadio Mané wurde ein echter Weltstar verpflichtet, Matthijs de Ligt ist auf dem besten Wege dahin, ein ebensolcher zu werden. Hinzu kamen die Transfers der beiden Ajax-Stars Ryan Gravenberch und Noussair Mazraoui, hinter denen angeblich halb Europa her war. Mit Mathys Tel wurde zudem noch ein aufregender Mann für die Zukunft geholt.

"Dass der Hasan das geschafft hat, ist ein Meisterwerk", lobte der langjährige Klub-Präsident Uli Hoeneß die Arbeit von Sportvorstand Hasan Salihamidzic, der für sein gelungenes Transferfenster mit einer Vertragsverlängerung bis 2026 belohnt wurde.

Dass der Verein mit Robert Lewandowski einen zentralen Leistungsträger verloren hatte, war bei allem Jubel über die neuen Gesichter fast vergessen. 

Doch mehr und mehr hat sich in den letzten Spielen gezeigt, dass ein derartiger Umbruch, wie ihn der Rekordmeister vollgezogen hat, nicht spurlos an einem Team vorbeigeht - nicht einmal am FC Bayern.

Woran liegt es nun, dass die Neulinge zuletzt nur selten überzeugten? Die Antworten darauf sind vielschichtig.

Mané und die Systemfrage beim FC Bayern

Die wohl größte Debatte wurde in den letzten Wochen über die Mittelstürmerposition geführt. Fast auf jeder Pressekonferenz musste sich Trainer Julian Nagelsmann die Frage nach der fehlenden Neun gefallen lassen.

Zwar moderierte der Coach die Zweifel immer wieder elegant weg, die Auswirkungen auf dem Platz sind aber nicht zu bestreiten: Die Wucht, Torgier und Kopfballstärke eines Robert Lewandowski kann Mané schlicht nicht ersetzen.

Doch während Nagelsmann zu Beginn der Saison auf Manés Profil reagierte und ihm im sehr offensiven 4-2-2-2-System einen zusätzlichen Stürmer an die Seite stellte, kehrte er jüngst wieder zum 4-2-3-1 zurück.

Als alleinige Spitze hatte Mané jedoch Schwierigkeiten, Bindung zum Spiel zu entwicklen. Gerade gegen engmaschige Dreierketten, wie sie zuletzt Union Berlin, Inter Mailand und der VfB Stuttgart spielten, kam er zu selten in die richtigen Positionen.

"Ich glaube, ihm fehlt so ein Dosenöffner", befand auch Nagelsmann, der zudem von seinem Stürmer einforderte, egoistischer zu sein. "Seine selbstlose Art habe ich schon gelobt, zu viel davon ist dann auch nicht gut", mahnte der Übungsleiter an.

Gravenberch beim FC Bayern schon gefrustet?

Für Ryan Gravenberch verlief der Start in München sogar noch frustrierender. Denn während Mané spielt und immerhin schon drei Bundesligatore erzielt hat, sitzt der Achter häufig nur auf der Bank - und das, obwohl Leon Goretzka zum Saisonstart nach seiner Knie-OP ausfiel.

Laut der "Bild" schiebt der Niederländer bereits mächtig Frust. Sogar schon von gebrochenen Versprechen ist die Rede.

Teil der Wahrheit ist aber auch, dass der 20-Jährige offensichtlich noch mit der neuen Liga fremdelt. Bei seinen Jokereinsätzen konnte er nie sonderlich Pluspunkte sammelte. Fast immer war Gravenberch - wenn überhaupt - Mitläufer.

Die erhoffte Dynamik und Kreativität im Passspiel brachte er einzig im DFB-Pokal gegen Viktoria Köln auf den Rasen - ein Gegner, der gewiss nicht der Maßstab für den FC Bayern sein sollte.

Taktik-Puzzle um Mazraoui

Ein ähnliches Problem mit der Spielzeit hat auch Gravenberchs ehemaliger Ajax-Kollege Noussair Mazraoui, der momentan nicht an Benjamin Pavard vorbeikommt.

Gegen Stuttgart machte der Marokkaner am Wochenende immerhin sein bestes Spiel im Dress der Münchner und legte einen Treffer auf. Ausgerechnet sein Offensivdrang wird ihm aber bei der Frage nach einem Stammplatz wohl zum Verhängnis.

Denn Nagelsmanns Antwort auf die Defensivprobleme der letzten Jahren war es zuletzt häufig, einen weiteren Spieler in die Restverteidigung zu beordern. Üblicherweise war dies Pavard, der etwas tiefer stand und mit den Innenverteidigern gegen Konter absicherte.

Mit Mazraoui könnte die Art der Absicherung fehlen, weshalb er in den wichtigen Spielen wohl weiter draußen bleiben wird.

De Ligt kostet den FC Bayern Punkte

Für Matthijs de Ligt ist fehlende Spielpraxis zwar nicht das Problem. Final angekommen ist allerdings auch der niederländische Defensivspieler noch nicht, wie sein jüngster Patzer gezeigt hat.

Ähnlich wie Mané legte der Oranje-Star zunächst einen guten Start hin. Fast auf Anhieb verdrängte er Dayot Upamecano aus dem Abwehrzentrum, ehe der Dämpfer kam. 

"Ich finde, dass er extrem stabil spielt, sehr reif. Er macht keinen Ferz dahinten, haut den Ball auch mal auf Tribüne, wenn es sein muss", lobte Nagelsmann vor dem Stuttgart-Spiel. Der Abwehrboss habe sich in seinen ersten Spielen nicht einen klaren Fehler erlaubt, so der Coach. 

Dieser erste klare Fehler folgte dann prompt gegen den VfB, als de Ligt in der Nachspielzeit einen unnötigen Elfmeter verursachte, der den FC Bayern zwei Punkte kosten sollte. Ein Fauxpas, der einem Top-Spieler so nicht passieren sollte.

Tel bislang effizienter als Mané

Auszuklammern von der Kritik ist sicherlich Youngster Mathys Tel. Der 17-jährige Franzose schlug stärker ein, als man es von einem Perspektivspieler erwarten konnte. Seinem ersten Bayern-Treffer im DFB-Pokal ließ er gegen Stuttgart das erste Bundesligator folgen. Bei nur 159 Einsatzminuten und zwei Treffern ist er rein statistisch bislang sogar effizienter als Mané.

Doch nicht alle Neuzugänge genießen den Luxus der geringen Erwartungshaltung.

Gerade de Ligt und Gravenberch sollten ihre individuellen Probleme möglichst schnell hinter sich lassen. Bei Mané und Mazraoui ist auch Julian Nagelsmann gefordert, taktische Lösungen zu finden.

Die Zeit drängt, denn die großen Gegner in der Champions League werden kommen.

Jonas Hofmann