20.12.2022 15:13 Uhr

Warum Manuel Neuer den FC Bayern in die Zwickmühle bringt

Manuel Neuer fehlt dem FC Bayern bis zum Saisonende
Manuel Neuer fehlt dem FC Bayern bis zum Saisonende

Mit seiner schweren Verletzung hat Manuel Neuer den FC Bayern in eine Zwickmühle gebracht. Bei der Frage danach, wie der deutsche Fußball-Rekordmeister aus München den Torwart ersetzen will, tut sich nämlich mehr als nur ein Dilemma auf.

Seit knapp zwei Wochen rauchen beim FC Bayern die Köpfe. Der Grund: Die Situation von Manuel Neuer. Kurz nach dem WM-Aus mit der DFB-Elf brach sich der Keeper bei einem Ski-Ausflug, bei dem er "den Kopf freibekommen" wollte, das Schien- und das Wadenbein, fällt damit bis Saisonende aus. Nun ist Neuer nicht mehr der Jüngste, wird zu Beginn des kommenden Jahres bereits 37 Jahre alt, doch ans Aufhören denkt der Routinier nicht und stellt die Verantwortlichen daher vor ernsthafte Probleme. 

Denn Sportchef Hasan Salihamidzic, Vorstandsboss Oliver Kahn und auch Trainer Julian Nagelsmann, die allesamt ihre Rückendeckung für die Comeback-Pläne des Torwarts ausdrückten, müssen nun entscheiden, ob sie auf die Belange des verdienten 36-Jährigen Rücksicht nehmen, der im Sommer zwischen die Pfosten zurückkehren will und sogar eine Teilnahme an der Heim-EM 2024 anpeilt, oder Neuer möglicherweise mit der Verpflichtung eines Top-Ersatzes vor den Kopf stoßen. 

Dabei bieten sich den Münchnern zahlreiche Optionen, die jeweils Vor- und auch Nachteile haben. Eines scheint laut übereinstimmenden Medienberichten bislang klar: Der bisherige Neuer-Ersatz Sven Ulreich soll keinesfalls bis Saisonende aufrücken - obwohl er nicht das erste Mal als Ersatz agieren würde und durchaus Vertrauen im Verein besitzt. Damit lassen die Bosse auch die im Umgang mit Neuer vermutlich einfachste Variante verfallen. Denn in diesem Szenario hätte der Platzhirsch zur neuen Saison gesundet und wohl völlig geräuschlos wieder ins Tor rücken können. 

Zwei Top-Kandidaten beim FC Bayern

Statt der Kombination aus Ulreich und einem jungen Nachwuchskeeper soll dem Vernehmen nach nun also ein erfahrener Torhüter geholt werden, um die ambitionierten Titelpläne nicht zu gefährden. Nachdem es in der letzten Saison lediglich zur Meisterschaft reichte, ist den Verantwortlichen das Risiko offenbar zu groß, den DFB-Pokal und die Champions League erneut zu verspielen.

Am heißesten gehandelt werden derzeit Alexander Nübel, den der FC Bayern eigentlich noch bis Sommer 2023 bei der AS Monaco geparkt hat, und Yann Sommer von Borussia Mönchengladbach, dessen Vertrag am Niederrhein im Juni ausläuft. Keylor Navas (Ersatz bei Paris Saint-Germain) und Bono von WM-Überflieger Marokko sind nur noch am Rande Thema.

Das Problem: Sowohl Nübel als auch Sommer dürften auch nach der Saison Stammplatz-Ansprüche stellen. Erstgenannter tat dies bereits in Person seines Beraters Stefan Backs, der die kolportierten Rückholpläne der Münchner zuletzt gegenüber "Sky" bestätigte. "Es liegt jetzt vor allem an den Vereinen, eine Einigung zu finden", verriet der Nübel-Agent und fügte deutlich hinzu: "Für Alexander ist es wichtig zu wissen, was seine Perspektive ist."

Schon mehrfach hatte Backs in Interviews verdeutlicht, dass sein Mandant nur dann nach München zurückkehren werde, wenn er die reelle Chance auf Einsätze habe. Kaum vorstellbar, dass dies eintritt, solange der ambitionierte und kampfeslustige Neuer noch beim FC Bayern unter Vertrag steht. 

Stößt der FC Bayern Nübel erneut vor den Kopf?

Abgesehen von den vielen noch zu klärenden Formalien und Modalitäten, die einem vorzeitigen Nübel-Comeback bislang noch im Weg stehen (ungeklärte Entschädigung für vorzeitigen Leih-Abbruch, Monaco braucht Ersatz, Ligue-1-Saison beginnt bereits wieder Ende Dezember, Kahn gilt nicht als Fan Nübels, das Verhältnis zu Bayerns Torwart-Coach Toni Tapalovic ist schwierig), müssten die Münchner eine Grundsatz-Entscheidung über den zukünftigen Platz im Tor treffen oder aber entweder Nübel oder Neuer spätestens in der neuen Saison enttäuschen.

Ähnliches gilt im Falle einer Verpflichtung von Gladbachs Sommer. Der Schweizer gilt laut "Sky" mittlerweile sogar als Wunschlösung, da sich die Nübel-Rückholaktion möglicherweise zerschlagen könnte.

Auch hier liegen noch zahlreiche Steine im Weg. Aus dem Umfeld des seit mehr als acht Jahren für die Fohlenelf spielende Keepers heißt es laut "Sport1" zwar, dass der Schweizer WM-Keeper sich einen Transfer bei einem entsprechenden Angebot vorstellen könnte.

Gladbach-Sportchef Roland Virkus forciert jedoch seit Längerem eine Verlängerung mit dem loyalen Torwart und will Sommer eigentlich nicht im Winter abgegeben.

Was verlangt Gladbach für Sommer?

Am Ende dürfte es eine Preisfrage werden, denn in der kommenden Transferphase kann die Borussia das letzte Mal für den 34-Jährigen kassieren, dessen Vertrag ausläuft. Gut möglich, dass die Ablöseforderung dementsprechend ausfällt.

Genau wie Nübel dürfte sich aber auch Sommer die Frage der Perspektive in München stellen. Der ebenfalls bei Manchester United gehandelte Nati-Keeper, der seine Klasse bereits in der Champions League und bei großen Turnieren bewies, unterschreibt schließlich den wohl letzten Vertrag seiner Karriere. Derzeit deutet wenig darauf hin, dass Sommer ab Juli nur noch auf der Bank sitzen möchte.

Den Münchnern jedenfalls drohen arbeitsreiche Feiertage. Am 6. Januar startet der Rekordmeister ins Trainingslager. Bis dahin soll dem Vernehmen nach Klarheit in der Torwart-Frage herrschen.

"Natürlich werden wir uns in aller Ruhe Gedanken machen", bestätigte Vorstandsboss Kahn zuletzt gegenüber dem "kicker", dass beim FC Bayern derzeit die Köpfe rauchen. Wem die Verantwortlichen möglicherweise zur neuen Saison vor den Kopf stoßen müssten, ist derweil noch offen.

Chris Rohdenburg