27.08.2024 21:23 Uhr

Neulinge und Rückkehrer: Sieben DFB-Optionen im Blick

Bundestrainer Julian Nagelsmann muss seinen Kader für den Länderspiel-Doppelpack im September zusammenstellen
Bundestrainer Julian Nagelsmann muss seinen Kader für den Länderspiel-Doppelpack im September zusammenstellen

Am Donnerstag (10:00 Uhr) wird Julian Nagelsmann seinen ersten Länderspielkader nach der Heim-Europameisterschaft bekannt geben. Wen nimmt der Bundestrainer für die ersten beiden Duelle in der Nations League mit? sport.de blickt auf sieben Personalien, die nun eine Rolle spielen könnten.

Die deutsche Fußball-Nationalmannschaft bekommt ein neues Gesicht: In Ilkay Gündogan, Toni Kroos, Manuel Neuer und Thomas Müller haben nach der EURO gleich vier Führungsspieler und Leistungsträger ihre DFB-Karriere beendet. Zusammen hat das Quartett 451 Länderspiele (82, 114, 124, 131) auf dem Buckel - Bundestrainer Julian Nagelsmann geht somit also auch reichlich Erfahrung auf dem Platz abhanden.

Spätestens zur Weltmeisterschaft 2026 in Mexiko, Kanada und den USA sollen die Lücken geschlossen sein. Erste Möglichkeiten für Experimente bietet dem 37-Jährigen die neue Nations-League-Saison 2024/25. Zum Auftakt geht es gegen zwei alte Bekannte: Gegen EM-Gruppengegner Ungarn (7. September, 20:45 Uhr) soll in Düsseldorf ein erster Sieg eingefahren werden, drei Tage später reist der DFB-Tross nach Amsterdam zum Klassiker gegen die Niederlande (10. September, 20:45).

Dann könnten sich womöglich gleich sieben Spieler in den Vordergrund spielen, die aus unterschiedlichen Gründen bei der EM nicht zum endgültigen Kader zählten - darunter zwei mögliche Debütanten aus dem Nachwuchs. sport.de gibt den Überblick:

  • Brajan Gruda (Brighton & Hove Albion)

Wenn Brajan Gruda auf die vergangenen Monate zurückblickt, muss er sich womöglich manchmal selbst noch kneifen.

Der Rechtsaußen schaffte in der vergangenen Saison bei seinem Heimatklub Mainz 05 den Durchbruch (28 Bundesliga-Einsätze, vier Tore und drei Vorlagen) und zählte in der U21 des DFB zu den Schlüsselspielern. Dann wurde der 20-Jährige kurz vor der EM völlig überraschend von Bundestrainer Nagelsmann ins Trainingslager beordert, wo er erstmals mit der A-Nationalmannschaft auf Tuchfühlung gehen durfte.

Zwar musste er verletzungsbedingt vorzeitig wieder abreisen, die Berufung war dennoch ein erster Wink des Bundestrainers, dass mit Gruda in den nächsten Jahren zu rechnen sein könnte.

Nicht zuletzt mit seinem Rekordwechsel zu Brighton & Hove Albion sorgte er kürzlich dann für weitere Schlagzeilen, über 30 Millionen Euro kassieren die Rheinhessen für ihr Eigengewächs. Um mittelfristig in der DFB-Auswahl eine Rolle zu spielen, braucht Gruda aber dringend Einsätze. Ob er die im Haifischbecken Premier League bekommt, bleibt abzuwarten. Zudem: Die Konkurrenz in der deutschen A-Nationalmannschaft ist auf seiner Position auf dem offensiven Flügel trotz des Abschieds von Thomas Müller riesig.

  • Rocco Reitz (Bor. Mönchengladbach)

Wie Brajan Gruda wurde auch Rocco Reitz im Juni ins DFB-Trainingslager berufen. "Es hierher geschafft zu haben, war eine Riesenüberraschung", so der Mittelfeldspieler begeistert. Nun will er erneut einen Anruf bekommen.

Der 22-Jährige war in 2023/24 einer der wenigen Gladbacher Lichtblicke einer ansonsten enttäuschenden Saison. Reitz stand in allen 34 Bundesliga-Partien auf dem Rasen und beeindruckte mit sechs Toren und drei Vorlagen. 

Klar ist: Auf seiner Position in der Schaltzentrale sind durch die Abschiede von Kroos und Gündogan gleich zwei Plätze frei geworden. Kann Reitz seine Leistungen auch in der neuen Saison bestätigen, führt mittelfristig wohl kein Weg an ihm vorbei. Zwei andere zentrale Mittelfeldtalente haben aber vorerst die Nase vorn.

  • Aleksandar Pavlovic (FC Bayern)

Alles andere als eine Nominierung von Aleksandar Pavlovic wäre eine faustdicke Überraschung. Der Shootingstar des FC Bayern durfte sich eigentlich EM-Fahrer nennen, dann kam aber eine Mandelentzündung dazwischen. Für den zentralen Mittelfeldspieler wurde BVB-Kapitän Emre Can nachnominiert, der sogar vier Partien bestritt. 

Beeindruckend im Fall von Pavlovic: Der 20-Jährige kann offenbar nahtlos an seine so überzeugende Vorsaison anknüpfen. Auch unter Thomas Tuchels Nachfolger Vincent Kompany gibt er im Star-Ensemble des FC Bayern den Strippenzieher. Auch unter dem Belgier hat sich der zentrale Mittelfeldspieler im internen Konkurrenzkampf gegen Leon Goretzka durchgesetzt.

  • Angelo Stiller (VfB Stuttgart)

Dass Angelo Stiller bald auch in der deutschen Nationalmannschaft für Furore sorgt, scheint nur eine Frage der Zeit zu sein. Im Vorfeld der EM hatte Julian Nagelsmann verraten, dass er dem 23-Jährigen gerne schon zum DFB-Debüt verholfen hätte - die Plätze im Kader aber bereits vergeben waren. Durch die Abschiede von Kroos und Gündogan ist der Weg frei.

Stiller hatte großen Anteil an der Fabelsaison der Schwaben, im Mittelfeld zog das ehemalige Bayern-Talent abgebrüht die Fäden. Auch in der neuen Spielzeit gibt der gebürtige Münchner den Taktgeber des VfB Stuttgart.

Ein Plus, das die DFB-Karriere begünstigen könnte: Mit 17 U21-Länderspielen verfügt Stiller über reichlich Erfahrung im DFB-Dress. 

  • Julian Brandt (BVB)

An Julian Brandt scheiden sich die Geister. Zählt er bei Borussia Dortmund nach anfänglichen Startschwierigkeiten längst zu den absoluten Leistungsträgern - inzwischen ist er auch Vizekapitän des BVB -, hat er in der deutschen Nationalmannschaft nicht immer die größten Befürworter. 

Nagelsmann hatte auf den 47-fachen Nationalspieler nicht nur bei der EM, sondern auch schon zuvor im März gegen Frankreich und die Niederlande verzichtet. Klar die Nase vorn im offensiven Mittelfeld haben beim Bundestrainer die beiden Hoffnungsträger Jamal Musiala vom FC Bayern und Florian Wirtz von Bayer Leverkusen. 

Doch Julian Brandts Trumpf zurück in die DFB-Auswahl könnte neben seinen inzwischen konstanteren Leistungen im Klub auch seine Vielseitigkeit sein. Der gebürtige Bremer kann sowohl auf den offensiven Flügeln als auch im zentralen Mittelfeld agieren - etwa auf der Gündogan-Position.

  • Serge Gnabry (FC Bayern)

Serge Gnabry hat eine regelrechte Katastrophen-Saison hinter sich: Wegen eines Unterarmbruchs und mehrerer Muskelverletzungen kam er in 2023/24 insgesamt nur auf 764 Einsatzminuten, verteilt auf gerade einmal 20 Pflichtspiele. Am Ende verpasste er dadurch auch die Europameisterschaft.

Doch der 29-Jährige gab im Sommer Vollgas und präsentierte sich so zu Saisonbeginn in guter Verfassung. Galt er zunächst als Abschiedskandidat, hat er sich unter dem neuen Münchner Cheftrainer Vincent Kompany seinen Platz in der Startelf des FC Bayern zurückerobert. Sein Siegtor beim Liga-Auftakt in Wolfsburg (3:2) bescherten dem Rekordmeister die drei Punkte.

Einem Comeback in der DFB-Auswahl steht inzwischen nichts mehr im Wege, zumal Gnabry mit 22 Länderspieltoren (in 45 Einsätzen) hinter Timo Werner (24 Tore in 57 Einsätze) die zweitmeisten Treffer aller Aktiven erzielen konnte. Werner machte sein letztes Länderspiel übrigens vor anderthalb Jahren. Heißt: Gnabry dürfte Müllers Kaderplatz einnehmen.

  • Alexander Nübel (VfB Stuttgart)

Manuel Neuer macht den Weg frei für Alexander Nübel - zumindest in der DFB-Auswahl könnte es dazu kommen. Beim FC Bayern hütet der 38-Jährige mindestens noch in dieser Saison das Tor, erst im nächsten oder übernächsten Jahr könnte es im Klub zu einer Wachablösung kommen.

Nah dran an einem ersten DFB-Einsatz war Nübel im vergangenen Mai, als er von Nagelsmann als einer von vier Torhütern in den vorläufigen EM-Kader berufen wurde. Wollte der Bundestrainer zunächst mit einem Keeper-Quartett ins Turnier gehen, überwarf er diesen Plan später - und Nübel flog aus dem Kader. 

Durch das DFB-Karriereende von Neuer wird ein Platz im Nations-League-Kader nun für die Leihgabe des FC Bayern frei. Den Platz in der Startelf dürfte aber vorerst Marc-André ter Stegen bekommen, der Barca-Kapitän wartet seit Jahren sehnsüchtig auf seine Chance. Nübel dürfte aber ter Stegens größter Konkurrent in den nächsten Jahren werden.