Gräfe-Berufung wegen "Klage-Erweiterung" geplatzt

Am Donnerstag sollte das Oberlandesgericht Frankfurt/Main die Berufung im Fall von Ex-Schiedsrichter Manuel Gräfe verhandeln. Doch daraus wird nichts.
Kaum hatte Manuel Gräfe die Flüge gebucht, musste er sie schon wieder stornieren. Eigentlich sollte am Donnerstag feststehen, ob der frühere Spitzenschiedsrichter als reicher Mann oder mit einem dicken finanziellen Minus aus Frankfurt/Main nach Berlin zurückkehrt - doch das Oberlandesgericht hatte andere Pläne.
Rund 25 Stunden vor dem geplanten Termin hob das Gericht die mündliche Verhandlung wegen einer "kurzfristig eingereichten erneuten Klage-Erweiterung" auf. Eine neue Ansetzung in der Auseinandersetzung mit dem Deutschen Fußball-Bund (DFB) gibt es noch nicht.
Hintergrund der Absetzung ist nach SID-Informationen ein Versäumnis der Gräfe-Seite bei der Berechnung der Schadenersatzforderung. Demnach hat der Anwalt Gräfes die Gehaltserhöhungen für die Schiedsrichter der vergangenen beiden Jahre zunächst nicht berücksichtigt und nun nachgereicht.
Unter dem Aktenzeichen "6 U 23/23" sollte es im Saal 101 ab 13.30 Uhr um die Ehre, das Prinzip - und vor allem um viel Geld gehen. Im Januar 2023 hatte Gräfe vom Landgericht eine Entschädigung von 48.500 Euro wegen Altersdiskriminierung zugesprochen bekommen. Es galt als erwiesen, dass der Referee seine Karriere wegen des Erreichens der DFB-Altersgrenze mit 47 beenden musste. Das Gericht wertete dies als "nicht zulässig" und "unverhältnismäßig", da anstatt der festgelegten Altersgrenze auch "Leistungstests" herangezogen werden könnten.
"Ich hätte lieber gepfiffen und mir mein Geld so verdient"
Der von ihm geforderte Schadenersatz wegen entgangener Einnahmen wurde Gräfe allerdings verweigert, deshalb ging der mittlerweile 51-Jährige in Berufung - wie übrigens auch der DFB. Damals forderte Gräfe knapp 195.000 Euro, mittlerweile soll er seine Forderung auf 750.000 Euro hochgeschraubt haben.
"Ich hätte lieber gepfiffen und mir mein Geld so verdient", sagte Gräfe der "Bild am Sonntag" - und verwies unter anderem auf Felix Brych, der dank ihm mit 49 noch aktiv sein dürfe: "Ich kämpfe für alle Schiedsrichter und gehe dafür in extremes persönliches Risiko. Ich habe bereits viel Geld einsetzen müssen, und sollte ich den Prozess verlieren, werden sich die Kosten für alle DFB-Prozesse auf weit über 120.000 Euro summieren."
Die von ihm geforderte Summe errechnet sich laut Gräfe aus rund drei Jahren Verdienstausfall. "Ich kann für jedes der vergangenen drei Jahre unter anderem per ärztlichen Attesten nachweisen, dass ich fit und einsatzbereit gewesen war", sagte der ehemalige Experte des ZDF: "Wenn dann vom Gericht eindeutig eine Altersdiskriminierung festgestellt wird, sollte man doch wenigstens den entstandenen finanziellen Schaden wiedergutmachen."
Ob das Gericht diese Ansicht teilt, ist offen. Der immer wieder für Diskussionen sorgende Gräfe, der in den vergangenen Tagen heftige Kritik für seine kontroversen Einlassungen zum Feuerzeugwurf beim Bundesligaspiel zwischen Union Berlin und dem VfL Bochum einstecken musste, sieht sich jedenfalls in einer Art Märtyrer-Rolle.
"All die Kämpfe, die ich ausgefochten habe, haben mir letztendlich geschadet, dadurch hatte ich persönlich nur Nachteile", sagte der streitbare Berliner: "Hätte ich meinen Mund gehalten, wäre ich heute noch Bundesliga-Schiri und hätte als VAR sowie danach sehr wahrscheinlich noch als Funktionär arbeiten können. Aber ich war da sehr fußball- und gerechtigkeitsorientiert - vielleicht manchmal zu sehr."
Immerhin ist Gräfe nicht mehr allein im Kampf gegen den DFB. Auch Regionalliga-Schiedsrichter Francisco Lahora (28) klagt mittlerweile gegen den Verband, weil er sich zu Unrecht wegen seines Alters von der Ausbildung zur Leitung von Drittliga-Spielen ausgeschlossen sieht.