25.04.2019 11:39 Uhr

Christian Titz: "Möchte ab Juli wieder als Trainer arbeiten"

Christian Titz ist heiß auf eine neue Aufgabe im Profi-Fußball
Christian Titz ist heiß auf eine neue Aufgabe im Profi-Fußball

Im zweiten Teil des großen weltfussball.de-Interviews spricht Christian Titz über die Konstellation in der 2. Bundesliga, seine eigene Spielidee beim HSV und neue Ambitionen als Cheftrainer.

Eine Spielklasse tiefer ist die Stimmungslage derzeit auch ziemlich dürftig, wenn wir über den 1. FC Köln sprechen. Und dass, obwohl der FC immer noch sicher an der Tabellenspitze steht. Wie erklären Sie sich diesen Stimmungsumschwung bei den Kölnern in den letzten Wochen?

Ich kann es mir nicht erklären, weil ich es gar nicht weiß! Ich bin da nicht nah genug dran, um beurteilen zu können, ob die Atmosphäre dort wirklich so schlecht ist, wie zuletzt geschrieben wurde. Der 1. FC Köln wird aufsteigen und das völlig verdient. Dass sie jetzt mal ein Spiel verloren haben und davor gegen den HSV unentschieden gespielt haben, das kann mal passieren. Die Mannschaft geht trotzdem sehr konstant durch die Saison. Auch in den Phasen, in denen es nicht so lief, sind sie in Köln ruhig geblieben. Damit sind sie gut gefahren. Die nächsten entscheidenden Spiele wird Köln auch wieder gewinnen und dann klar aufsteigen.

Ihre ehemalige Mannschaft vom HSV hat zuletzt fünf Spiele in Folge nicht gewonnen. Was muss sich wieder ändern, damit der direkte Wiederaufstieg nicht noch misslingt?

Diese Frage will ich ungerne beantworten, weil ich kein Trainer der Mannschaft mehr bin. Ich finde, es ist eine Frage des fairen Umgangs, dass ich deshalb keine Ratschläge zur sportlichen Situation des HSV zum Besten gebe. 

Anders gefragt: Wie überzeugt sind Sie trotz der letzten Ergebnisse noch, dass es für den HSV am Ende noch zu Platz zwei oder sogar eins reichen wird?

Platz eins wird sicherlich nur noch ganz schwer zu erreichen sein, so fair muss man schon sein. Ich habe schon gehofft, dass sich der HSV ein Stück weit eher hätte absetzen können. Ich glaube trotzdem, dass die Mannschaft durchgehen wird, weil sie ein sehr großes Potenzial hat und die nötige Qualität, um die Spiele für sich zu entscheiden. Gegen Union Berlin geht es am Sonntag jetzt um ganz viel. Das ist aber auch das Schöne: Sie haben es selbst in der Hand und können mit einem Sieg in Berlin alles in die richtige Richtung lenken. Es geht für den HSV auch noch Paderborn. In diesen beiden Spielen hat die Mannschaft alle Möglichkeiten, die Weichen auf Aufstieg zu stellen.

Stehen Sie selbst noch in Kontakt zu einzelnen Spielern beim HSV?

Ja, aber das ist selten und unregelmäßig. Das war auch von mir so gewünscht. Wenn man als Trainer von seinen Aufgaben entbunden wird, dann kann ich nicht in diesem Kreis bleiben und noch sehr viel kommunizieren. Das würde den Spielern und dem Trainerstab, mit dem ich zum großen Teil ja selbst zusammengearbeitet hab, nicht guttun. Dem neuen Trainer würde es ebenfalls die Arbeit erschweren. Es gebührt der Anstand und der Respekt, dass man sich dann auch zurückzieht. Ich bin dem HSV trotz der Freistellung verbunden, weil ich in dem Verein als Trainer gewachsen bin.

Ich durfte in der 1. und 2. Bundesliga als Cheftrainer tätig sein, im individuellen Bereich Spieler entwickeln, die das Potenzial hatten, Profis zu werden und davor auch die U17 und U21 betreuen. Da viele Spieler aus dieser Zeit auch Bestandteil des Profikaders waren ist es nicht ungewöhnlich, das auch darüber hinaus Kontakte bestehen bleiben. In dieser Zeit habe ich viele tolle Spieler und Mitarbeiter kennengelernt, dazu kamen noch die Fans und Sponsoren. 

Spannend ist das Rennen um den Relegationsplatz in der 2. Bundesliga. Wem trauen Sie am ehesten zu, am Ende Dritter zu werden?

Eigentlich habe ich immer damit gerechnet dass Union Berlin es am ehesten schaffen kann. Union halte ich für die ausgeglichenste Mannschaft, wenn wir über die Plätze drei bis acht sprechen. Sie haben immer gute Möglichkeiten, auf Spielsituationen zu reagieren. Jetzt in der Konstellation, bei der gleich vier Mannschaften am Wochenende direkt gegeneinander spielen, lässt sich aber noch überhaupt nicht vorhersehen, wer es schaffen wird, die Gunst der Stunde zu nutzen. Neben dem SC Paderborn ist auch Heidenheim ist auch eine Mannschaft, die sich unheimlich gut entwickelt hat und sehr unangenehm zu spielen ist.

Sie hatten der Arbeit beim HSV Ihre eigene Handschrift verliehen, sind für die Verjüngung der Mannschaft, für Ihre Kommunikation, für die spieltaktische Ausrichtung und vor allem für das offensive Torwartspiel von Julian Pollersbeck gelobt worden. Werden Sie sich diese Herangehensweisen auch für mögliche kommende Vereinsstationen beibehalten?

Ich hatte in der Vergangenheit den Vorteil, dass ich als Nachwuchstrainer einige Dinge ausprobieren konnte, ohne bereits in der Öffentlichkeit zu stehen. Da haben sich gewisse Ideen entwickelt und ich habe meine Erfahrungen gesammelt. Wenn du eine Profi-Mannschaft hast, müssen die Dinge sofort funktionieren, weil du immer an Ergebnissen gemessen wirst. Ich würde nicht per se sagen, dass ich die Spielweise, wie ich sie beim HSV bevorzugt habe, direkt auch auf andere Vereine übertragen werde. Das hängt auch davon ab, welche Philosophie ein Verein hat und welche Spieler beim Klub spielen.

Ich habe nie als Trainer irgendwo angefangen und habe gesagt: Jetzt komme ich und alle Ideen, die ich habe, müssen sofort integriert werden. Du musst immer schauen, was du wirklich umsetzen kannst und darfst die Stabilität nicht verlieren. Mit der Zeit entwickelt sich ein verändertes Spiel innerhalb einer Mannschaft, aber das sind längere Prozesse.

Was reizt Sie denn als nächste Aufgabe mehr: Wieder eine Profi-Mannschaft zu übernehmen oder erneut im Jugend-Bereich zu arbeiten?

Jeder, der einmal 1. oder 2. Bundesliga trainiert hat, wird zugegeben, dass das unglaublich reizvolle Aufgaben sind. Das macht Spaß und ist auch das Höchste, was du als Trainer in Deutschland erreichen kannst. Ich weiß es sehr zu schätzen, dass ich diese Möglichkeit schon einmal bekommen habe und in der Bundesliga würde ich auch gerne weitermachen. Ich habe mich aber noch nie beschränkt in meinem Fußballerleben, dafür habe ich den Trainerberuf immer viel zu gerne ausgeübt. Auch vor meiner Zeit als Cheftrainer war ich bei der U17 und der U21 ein sehr zufriedener Mensch, weil ich etwas machen durfte, was nur sehr wenigen vergönnt ist, nämlich hauptberuflich Fußball zu trainieren. Aber klar ist, wenn sich die Chance ergibt, 1. oder 2. Bundesliga zu trainieren, ist das immer absolut reizvoll.

Wie konkret waren oder sind denn die Gespräche mit möglichen neuen Klubs?

An solchen Spekulationen habe ich mich noch nie beteiligt. Wenn es etwas Konkretes gibt, wird es mit Sicherheit auch mitgeteilt.

Sie sind aber auf jeden Fall bereit, wenn die passende Anfrage kommt, wieder in den Profi-Fußball einzusteigen?

Das ist korrekt, das würde ich gerne machen! Gewisse Dinge kann man ja nicht immer selbst beeinflussen. Aber es ist meine Absicht, dass ich ab dem 1. Juli gerne wieder als Fußballtrainer arbeiten möchte. Als ich freigestellt wurde, war ich auch gar nicht in der Situation, dass ich müde oder kaputt war, weil ich komplett auf ein Ziel eingestellt war. Ich war voller Energie gewesen und jetzt logischerweise noch mehr nach den letzten Monaten.

ZUR PERSON: Christian Titz hat als Firmeneigentümer schon seit vielen Jahren ein Fußball-Dienst-Leistungsunternehmen Coaching Zone mit den Angeboten Trainingslehre, Individualtraining, Spiel- und Videoanalysen und Workshops. Das ermöglicht ihm, in der trainerfreien Zeit aktiv als Vortragsredner für Vereine, Verbände und Wirtschaftsunternehmen, als Individualcoach, Buchautor oder Taktik- und TV-Experte mitzuarbeiten.

Das Gespräch führte Mats-Yannick Roth