14.09.2020 15:32 Uhr

Flick vs. Bosse! Zoff-Potenzial beim FC Bayern

In der Transfer-Frage herrscht beim FC Bayern Konflikt-Potenzial
In der Transfer-Frage herrscht beim FC Bayern Konflikt-Potenzial

Mit Leroy Sané, Tanguy Nianzou und Alexander Nübel hat der FC Bayern in diesem Sommer bereits drei Neuzugänge unter Vertrag genommen. Doch Trainer Hansi Flick fordert weitere Verstärkungen für die Münchner - und stößt damit auf Gegenwehr der Bayern-Bosse. Es droht ein Interessenkonflikt in der heiklen Transfer-Frage, der hohes Zoff-Potenzial birgt.

Ex-Präsident Uli Hoeneß, dessen Wort noch immer viel Gewicht an der Säbener Straße hat, sieht keinen Handlungsbedarf mehr am Münchner Kader. "Wir haben jetzt die Champions League gewonnen und können ruhig in die nächsten Jahre gehen", sagte der 68-Jährige im "Sport 1 Doppelpass". Der deutsche Rekordmeister habe "eine gute Nachwuchsakademie, einige gute junge Spieler hintendran" und könne nach den gewonnenen Titeln nun "auch mal etwas experimentieren".

Doch von derartigen Experimenten hält Hansi Flick wohl wahrlich wenig. Der Coach forderte zuletzt öffentlich weitere Neuzugänge. "Wir brauchen Optionen!", machte der 55-Jährigen gegenüber der "Sport Bild" keinen Hehl aus seinen Transfer-Wünschen. Der Kader des FC Bayern soll schließlich auf "jeder Position doppelt besetzt sein", so der Trainer des Jahres, der "20 gestandene Feldspieler plus vier Talente" als perfekte Kadergröße ansieht.

Doch Flicks Transfer-Forderungen wurden unmittelbar nach der Veröffentlichung des Interview von Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge abgeschmettert. "Auch für den Trainer gilt: 'Wünsch dir was' können wir uns in Zeiten von Corona finanziell nicht leisten'", stellte er gegenüber der "Abendzeitung" klar.

Wie auch Ex-Präsident Hoeneß will Rummenigge verstärkt auf den eigenen Nachwuchs setzen: "In der Spitze sind wir sowieso top aufgestellt mit 16, 17 Nationalspielern. Deshalb haben wir jetzt Interesse daran, dass der eine oder andere Spieler aus der Jugend nachwächst, um den Kader in der Breite zu verstärken."

Flügelstürmer, Rechtsverteidiger und Mittelfeldspieler gesucht

Auch Flick will den Kader in der Breite verstärken, doch dass er die vakanten Positionen mit Talenten aus dem Bayern-Campus besetzt, ist eher unwahrscheinlich. Konkret verlangt Flick nach einem weiteren Außenstürmer, ein Rechtsverteidiger und ein neuer Mittelfeldspieler sollen auch Thema sein.

Gerade nach dem Abschied von Ivan Perisic, der nach dem Leihende zu Inter Mailand zurückkehrte, wäre ein vierter Flügelstürmer neben Leroy Sané, Serge Gnabry und Kingsley Coman laut Flick "optimal" - zumal Talent Oliver Batista-Meier die Bayern erst jüngst in Richtung sc Heerenveen verließ.

"Auf den Flügeln hat man Spieler, die sehr intensiv gefordert sind: Sprints, Eins-gegen-eins-Duelle. Da brauchen wir Wechselmöglichkeiten, eine große Auswahl", stellte Flick klar.

Auch im Mittelfeld tut sich wohl schon bald eine Lücke auf. Der Abschied von Javi Martínez ist so gut wie besiegelt, auch Thiago wird dem FC Bayern wohl den Rücken kehren. Einen weiteren Rechtsverteidiger fordert Flick bereits seit seiner Amtsübernahme. Schließlich soll Joshua Kimmich im Mittelfeld spielen und ein Konkurrent für Benjamin Pavard her.

Flicks Forderung erhöht den Druck auf Salihamidzic

Dass Flick seine persönlichen Transferplanungen in der Öffentlichkeit ausgeplaudert und damit den Druck gerade auf Sportvorstand Hasan Salihamidzic erhöht hat, dürfte in der Chefetage der Münchner nicht gerade gut angekommen sein.

Zwar betonte Flick, dass er "großes Vertrauen" in Salihamidzic hat und davon ausgeht, dass "die richtigen Lösungen" gefunden werden, doch einen Gefallen hat er dem Sportvorstand damit nicht getan.

Der Bosnier hatte zuvor nämlich noch betont: "Corona hat Spuren hinterlassen. Es geht darum, erfolgreich zu sein, ohne neue Schulden zu machen." Salihamidzic sieht es als sein Ziel an, "dem Trainer auch für die neue Saison eine Mannschaft zu stellen, mit der er Titel gewinnen kann, aber keine Transfers zu machen, die unsere wirtschaftliche Gesundheit gefährden".

Zoff-Potenzial hängt vom sportlichen Erfolg ab

Selbst Vereinslegende Franz Beckenbauer schaltete sich zuletzt höchstpersönlich die öffentlich ausgetragene Transfer-Frage beim FC Bayern ein und pflichtete Flick bei: "Die Bayern werden gut daran tun, ihm alles zu ermöglichen, was er sich vorstellt. Ich hoffe, dass die Bayern seinen Wünschen entsprechen." 

Laut "Sport Bild" will die Klubführung der Bayern aber erst Geld für einen weiteren kostspieligen Transfer locker machen, wenn zuvor Transfereinnahmen erzielt wurden. Geschehen könnte dies bekanntermaßen noch durch die Personalien Thiago, Martíniez und David Alaba, die  noch vor einer ungewissen Zukunft beim Rekordmeister stehen.

Sollten die Bayern allerdings nicht mehr auf dem Transfermarkt tätig werden und Flick mit seinen Wünschen im Regen stehen lassen, bleibt das Zoff-Potenzial groß - gerade falls die Erfolgswelle der Münchner abreißen sollte und die Suche nach Verantwortlichen beginnt.

Lissy Beckonert