08.01.2021 18:14 Uhr

Die enttäuschende Bilanz der fünf Bayern-Neuzugänge

Vier Neuzugänge des FC Bayern (v.li.): Dantas, Sarr, Roca und Costa
Vier Neuzugänge des FC Bayern (v.li.): Dantas, Sarr, Roca und Costa

Knapp 100 Tage hatten die fünf Last-Minute-Neuzugänge des FC Bayern bisher Zeit, um die Verantwortlichen von ihren Qualitäten zu überzeugen und einen bleibenden Eindruck zu hinterlassen. Das erste Zwischenfazit ist ernüchternd. 

Mit Eric Maxim Choupo-Moting, Douglas Costa, Bouna Sarr, Marc Roca und Tiago Dantas verpflichtete der FC Bayern kurz vor dem Ende der Sommer-Transferperiode fünf Spieler, die den Kader nicht nur quantitativ, sondern auch qualitativ aufrüsten sollten. 

Während nur verständlich ist, dass die Neuen Zeit brauchen, um das "Immer-Weiter-Gen" und die Funktionsweise des Rekordmeisters zu verinnerlichen, so wird doch deutlich, dass die Einkäufe bisher eher Masse statt Klasse verkörpern.

Wie fällt das Zwischenfazit aus? Woran hakt es? Und was müssen die Einkäufe künftig besser machen? Die Neuzugänge des Rekordmeisters im weltfussball-Check:

  • Eric Maxim Choupo-Moting

Pflichtspieleinsätze: 10 (4x Startelf)
Pflichtspielminuten: 384
Torbeteiligungen: 4 (3 Tore, 1 Assist)
Torschüsse: 15
Ballkontakte: 148
Passquote: 77 Prozent (61/79)

Der Stürmer wurde geholt, um Robert Lewandowski einige Verschnaufpausen zu verschaffen. In der Theorie eine gute Idee, schließlich gibt es gerade in der Bundesliga immer wieder Bayern-Spiele, die spätestens nach 45 Minuten entschieden sind. Nur ist genau das schon seit Monaten nicht mehr der Fall.

Der FC Bayern hat mittlerweile in acht (!) Spielen hintereinander das 0:1 kassiert. Lewandowski muss folglich mindestens so lange auf dem Feld stehen, bis die Münchner die Partie gedreht haben. Und genau das ist das Problem von Eric Maxim Choupo-Moting, der in den Spielen gegen Union Berlin, Mainz und Bremen nur 31 statt der erhofften 135 oder mehr Minuten ran durfte. 

Wenn der 31-Jährige mal eine Chance bekommt, haut er sich zwar rein. Seine Qualitäten im Abschluss sind aber nicht mit denen von Lewandowski zu vergleichen. Das wissen auch die Gegner, die ihr Abwehrverhalten nicht nach dem Kameruner richten müssen und somit mehr Optionen haben, sich um die gefährlichen Flügelspieler des Rekordmeisters zu kümmern. Darunter leidet wiederum die Offensive der Münchner als Ganzes.

  • Douglas Costa

Pflichtspieleinsätze: 15 (5x Startelf)
Pflichtspielminuten: 500
Torbeteiligungen: 3 (1 Tor, 2 Assists)
Torschüsse: 9
Ballkontakte: 406
Passquote: 83 Prozent (216/261)

Von allen Last-Minute-Neuzugängen war Douglas Costa bisher am häufigsten gefragt. Der Brasilianer steht seiner Konkurrenz um Gnabry (20), Sané (17) und Coman (15) in Sachen Einsätzen in nichts nach.

Was dem Rückkehr im Vergleich zu den anderen Außen aber völlig abgeht, ist die Torgefahr. Neun Torschüsse in 15 Spielen sind deutlich unter der Norm für einen Spieler seiner Klasse. Und nicht nur das. Auch die so ungeliebte Arbeit nach hinten und das intensive Pressing überfordern die Juve-Leihgabe hin und wieder.

Mit seiner Dynamik bringt Costa wiederum ein wichtiges offensives Element in das Spiel der Bayern ein. Auch sein Drang, in das Eins-gegen-Eins zu gehen, wird von Flick begrüßt.

Alles in allem erfüllt der Brasilianer die Ansprüche, die an ihn gestellt wurden. "Sehr zufrieden" sei man mit Costa, sagte Karl-Heinz Rummenigge vor wenigen Tagen. Ob die Münchner den 30-Jährigen im Sommer kaufen, steht aber noch in den Sternen: "Wir haben uns noch nicht entschieden."

  • Bouna Sarr

Pflichtspieleinsätze: 8 (6x Startelf)
Pflichtspielminuten: 545
Torbeteiligungen: 3 (3 Assists)
Torschüsse: 5
Ballkontakte: 567
Passquote: 89 Prozent (357/400)

Acht Millionen Euro zahlte der FC Bayern für den Pavard-Backup, der nach Sergino Dest (FC Barcelona) eigentlich nur zweite Wahl war. Mittlerweile ist Sarr aber nicht mal mehr das. Sowohl Chris Richards als auch Niklas Süle bekamen rechts hinten schon den Vorzug vor dem 28-Jährigen.

Der Franzose wirkt körperlich wie mental nicht auf der Höhe, war bei seinen Einsätzen oft ein Unsicherheitsfaktor. 52 Prozent seiner Zweikämpfe gewinnt Sarr in der Liga - ein akzeptabler, aber keinesfalls überragender Wert. "Wenig Fehler" und "Impulse nach vorne" fordert Hansi Flick von seinen Außenverteidigern - Sarr bietet (noch) sehr wenig davon. 

Seine Werte lesen sich auf dem Papier ordentlich, können aber nicht über die Schwächen hinwegtäuschen. Von Sarr muss ohne Wenn und Aber in den nächsten Wochen mehr kommen, wenn er sich als echte Alternative empfehlen will.  

  • Marc Roca

Pflichtspieleinsätze: 5 (3x Startelf)
Pflichtspielminuten: 266
Torbeteiligungen: 0
Torschüsse: 3
Ballkontakte: 293
Passquote: 93 Prozent (233/251)

Die positive Nachricht vorweg: Marc Roca kostete den FC Bayern "nur" neun Millionen Euro. Hätte der Rekordmeister schon wie geplant im Sommer 2019 zugegriffen, wären die in der Ausstiegsklausel festgelegten 40 Millionen Euro fällig geworden. So weit, so gut.

Unübersehbar ist allerdings, wie schwer sich der Sechser in München noch tut. Thiagos Fußstapfen sind offenkundig viel zu groß für den 24-Jährigen, der in seinen ersten Einsätzen vor allem taktische Defizite offenbarte. Wenn ein Trainer einen Neuzugang schon nach dem ersten Spiel öffentlich rüffelt, dann ist das mehr als nur ein kleiner Schuss vor den Bug. 

An sein defensives Mittelfeld stellt Hansi Flick die mitunter höchsten Ansprüche. Die Sechser sollen antreiben, wenn es möglich, gleichzeitig abräumen, wenn es nötig ist. Roca bekommt diesen Spagat nicht hin, genießt daher auch nicht das Vertrauen seines Trainers.

  • Tiago Dantas

Pflichtspieleinsätze: 0
Pflichtspielminuten: 0
Torbeteiligungen: 0
Torschüsse: 0
Ballkontakte: 0
Passquote: 0

Die Benfica-Leihgabe wechselte erst nach Ablauf der Meldefrist zum FC Bayern und durfte so in den ersten Monaten lediglich in der zweiten Mannschaft ran. Immerhin hinterließ er im Training bei Hansi Flick einen guten Eindruck. Als "aufgeschlossen", "wissbegierig" und Fußballer mit "starken Anlagen" bezeichnete der Trainer den Spieler, der explizit auf seinen Wunsch hin geholt wurde.

Flicks Meinung wird klubintern aber offenbar nicht geteilt. Im Bayern-Campu ist man laut "AZ" davon überzeugt, dass eigentlich Eigengewächs Angelo Stiller der bessere Fußballer ist. In den nächsten Wochen muss Dantas beweisen, dass dem nicht so ist.

Seine Chance in der ersten Mannschaft wird der 20-Jährige bekommen, wie Flick bereits im Dezember erklärte: "Er wird ab Januar spielberechtigt sein. Dann ist er eine Option für uns."

Christian Schenzel