15.02.2022 15:14 Uhr

Der große Irrtum des FC Bayern bei David Alaba

Wechselte 2021 vom FC Bayern zu Real Madrid: David Alaba
Wechselte 2021 vom FC Bayern zu Real Madrid: David Alaba

Während der FC Bayern München regelmäßig defensiv schwächelt, genießt David Alaba bei Real Madrid einen hervorragenden Ruf. Der Österreicher überzeugt bei den Königlichen in seinen ersten Monaten auf ganzer Linie. Hat sich der deutsche Rekordmeister bei Alaba verzockt?

Das 2:4 beim VfL Bochum war für den FC Bayern München eine Demütigung. Vor allem defensiv ließ sich der Rekordmeister teilweise vom Aufsteiger am Nasenring über den Rasen führen. "Uns passiert das nicht zum ersten Mal. In Gladbach ist das schon passiert", meckerte Cheftrainer Julian Nagelsmann nach der Partie und fügte an: "Da müssen wir aufpassen. Wir haben sämtliche Tugenden vermissen lassen. Wir müssen uns fragen, ob das die Mentalität des FC Bayern ist." 

Natürlich richtet sich der Blick bei einer solchen Entwicklung in erster Linie in Richtung Trainerbank. Nach der äußerst erfolgreichen Flick-Ära gab es bislang unter Nagelsmann mehrere defensive Aussetzer. Doch auch im Kader gab es einen Umbruch: Mit David Alaba verließ eine Klublegende den Verein. Die riesigen Fußstapfen, die der Österreicher hinterließ, sind für den als vermeintlichen Kronprinzen verpflichteten Dayot Upamecano derzeit schlicht zu groß.  

Alaba wird beim FC Bayern vermisst

"Was auffällt, ist, dass sie speziell in der Innenverteidigung nicht die Stabilität haben", legte der ehemalige Vorstandsvorsitzender Karl-Heinz Rummenigge bei "Sky 90" den Finger in die Defensiv-Wunde: "Vielleicht fehlt der Organisator. David Alaba war da ein wichtiger Mann, auch in der Kabine. Dieser Abgang hätte besser nicht stattfinden sollen." 

Lange kämpfte der Bundesliga-Primus um den 29-Jährigen, der sich in seinen letzten zwei Jahren in München als herausragender Innenverteidiger neu erfand. Letztendlich zog es ihn dann im Sommer 2021 ablösefrei zu Real Madrid - dort schlug er sofort ein.

Keine Selbstverständlichkeit: Denn Alaba musste in der spanischen Hauptstadt auch selbst eine Klublegende ersetzen.

Nach 16 Jahren und etlichen Titeln verließ Sergio Ramos, Abwehrbiest, Torjäger und emotionaler Leader in Personalunion, die Madrilenen und wechselte zu Paris Saint-Germain. Da sich zu allem Überfluss auch noch Ramos' langjähriger und kongenialer Nebenmann Raphaël Varane in Richtung Manchester United verabschiedete, zweifelten nicht wenige daran, dass Alaba die Lücke schließen könnte. Wenig später stand allerdings fest: Er kann! Dass der Wiener wie bereits in München dennoch betonte, eigentlich sehe er sich eigentlich im zentralen Mittelfeld am besten aufgehoben, führt die Situation beinahe ad absurdum. 

Italien-Legende schwärmt von David Alaba

Denn der 29-Jährige kommt unter seinem alten Bekannten Carlo Ancelotti auch bei Real in der Innenverteidigung zum Einsatz - und sticht aus dem Starensemble heraus: "Von den Qualitäten her ist er ein Knaller. Er ist vielseitig, hat einen guten Schuss und Führungsqualitäten. Mit seiner Verpflichtung war Qualität garantiert", schwärmte zum Bespiel Ex-Blanco und Innenverteidiger-Legende Fabio Cannavaro gegenüber der "Marca". 

Nebenmann Éder Militao profitiert ebenfalls von Alaba und fühlt sich neben dem neuen Abwehrchef sichtlich wohl. Der Brasilianer zeigt seit Alabas Ankunft deutlich stabilere Leistungen. Dass der Tabellenführer aus Madrid mit 20 Gegentoren nach 24 Partien die zweitbeste Defensive La Ligas hat, ist Beleg genug. 

Real profitiert aber nicht nur defensiv von Alaba, auch in der Offensive setzt der Nationalspieler immer wieder Akzente. Seine Spieleröffnung ist essentieller Bestandteil des Spiels der Ancelotti-Elf. Dass Alaba sein Debüttor ausgerechnet im Clásico gegen den Erzrivalen FC Barcelona erzielte, untermauert zudem die Leader-Qualitäten des Linksfußes. 

Alaba: "Wollte nicht den einfachen Weg gehen"

Doch nicht nur deshalb eroberte er die Herzen der Real-Fans im Rekordtempo. Dem 29-Jährigen ist anzumerken, wie viel Spaß es ihm macht, für die Königlichen zu spielen. Er brennt förmlich für seinen neuen Klub. Schließlich war es auch eine Entscheidung, für die er sich Zeit nahm.

"Nach 13 Jahren im selben Verein habe ich mich gefragt, wie es weitergehen soll", erklärte er gegenüber der "GQ Espana". Er verließ kurzerhand seine Komfortzone München und schloss sich Real Madrid an, das einen Umbruch anstrebte, um sich "einer neuen Herausforderung" zu stellen "und nicht den einfachen Weg gehen".

Zur Wahrheit gehört allerdings auch, dass der Entschluss, eine "neue Herausforderung" anzugehen durch einen sehr gut dotierten Vertrag befeuert wurde. Neben einem sehr ansehnlichen Handgeld soll Alaba beinahe 20 Millionen Euro pro Jahr verdienen. Eine Summe, die man in München nicht in den Ring werfen konnte oder wollte.

Hat sich der FC Bayern verzockt?

Grundlegend dafür war sicherlich auch eine grundlegende Fehleinschätzung: Im Zuge des zähen Pokers um den Innenverteidiger betonte Bayerns Ehrenpräsident Uli Hoeneß medienwirksam und im besten "Mia san Mia"-Pathos, "die letzte Million" sei nicht "so wichtig", ein Wechsel sei "finanziell vielleicht ein Fortschritt, aber in allen anderen Bereichen ein Rückschritt". 

Bislang kann man allerdings eher von einer königlichen Erfolgsgeschichte sprechen. Die Mentalität, die Nagelsmann nach der Bochum-Blamage vermisste, wird seit dem Sommer in Madrid Spiel für Spiel vorgelebt.

Für Real Madrid ist Alaba genau der erhoffte Toptransfer. An der Säbener Straße werden Alabas Qualitäten hingegen schmerzlich vermisst.

Damian Ozako