01.07.2022 16:26 Uhr

Angriff auf den FC Bayern dank Peter Hermann?

Peter Hermann ist neuer Co-Trainer beim BVB
Peter Hermann ist neuer Co-Trainer beim BVB

Co-Trainer Peter Hermann könnte sich als wichtigster Neuzugang von Borussia Dortmund entpuppen und zum X-Faktor beim Angriff auf den FC Bayern werden. Der 70-Jährige arbeitete vor seinem Wechsel zum BVB ausgerechnet bei Erzrivale FC Schalke 04 und hält sogar einen Weltrekord.

Für viele ist es eine Glaubensfrage: Borussia Dortmund oder Schalke 04? Einige Fußballer wie Stan Libuda, Jens Lehmann oder Andreas Möller trugen beide Farben und wurden von den Fans angefeindet. Dieses Schicksal sollte Peter Hermann nicht widerfahren.

Der "ewige Assistent" schließt sich nach drei erfolgreichen Monaten bei den Königsblauen, in denen er als Co-Trainer von Mike Büskens den Wiederaufstieg schaffte, dem BVB an. Dort soll er den neuen Chefcoach Edin Terzic entlasten.

"Edin will immer alles 130-prozentig machen. Einen erfahrenen Mann im Trainerteam zu haben, war explizit Edins Wunsch", sagte BVB-Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke über den neuen Assistenten, der sich als besonders wertvoller Neuzugang entpuppen könnte.

Der wichtigste Neuzugang des BVB?

Spricht man im laufenden Transferfenster rund um den BVB über die Verpflichtungen von Niklas Süle, Nico Schlotterbeck, Karim Adeyemi oder den unmittelbar bevorstehenden Kauf von Sébastien Haller, geht der Name des vielleicht besten Co-Trainers der Bundesliga unter.

Hermann, inzwischen 70 Jahre alt, verfügt über die Erfahrung von über 1000 Spielen im Profifußball - zehn Mal sprang er als Interimstrainer ein - und könnte nun der X-Faktor bei den Westfalen werden.

Warum? Lobeshymnen seiner alten Weggefährten geben erste Aufschlüsse über die Wichtigkeit des unscheinbaren Assistenten.

"Peter war ein Glücksfall, eine Sensation, er war mit Abstand mein bester Co-Trainer", geriet etwa Klaus Toppmöller über die gemeinsame Zeit in Leverkusen (2001-2003) ins Schwärmen. Jupp Heynckes adelte Hermann als "sportliche Koryphäe", ihm sei "jede Eitelkeit fremd", er begegne seinem "Umfeld mit einer ganz besonderen Empathie".

Auf Hermann kann man sich als Cheftrainer verlassen, er sei hundertprozentig loyal. So lautet die Meinung seiner früheren Vorgesetzten unisono.

Das heißt aber nicht, dass Hermann nicht aus der Haut fährt oder mit seiner Meinung hinter dem Berg hält. Klaus Augenthaler, der von 2003 bis 2005 sein Chef in Leverkusen war, drückte es so aus: "Er ist schon in sich ruhend, aber es schlummert auch ein kleiner Vulkan in ihm." Dieser breche vor allem aus, wenn Hermanns Anweisungen im Training - etwa im Pass- oder Positionsspiel - nicht befolgt werden.

"Weltrekordhalter" Peter Hermann

Diese besondere Mischung macht Hermann so wertvoll und spiegelt sich in den Erfolgen des gebürtigen Rheinländers wider.

Mit dem FC Bayern holte er nach zwei Saisons der "Titel-Dürre" 2012/2013 das Triple an der Seite von Heynckes, die Mannschaft präsentierte sich als Einheit wie selten zuvor - oder danach. Als Assistent von Niko Kovac bejubelte Hermann 2018/19 zudem das Double.

Sein jüngster Coup, der Wiederaufstieg mit dem FC Schalke 04, scheint ebenfalls kein Zufall zu sein. Auf Platz vier übernahm Hermann das Amt des Co-Trainers neben Mike Büskens, am Ende wurde Schalke Zweitligameister.

Hermann arbeitete mit den verschiedensten Typen in seiner Karriere zusammen: Angefangen von Jürgen Gelsdorf im Sommer 1989 über Dragoslav Stepanovic, Christoph Daum, Klaus Toppmöller (alle bei Bayer Leverkusen) bis hin zu Friedhelm Funkel (Fortuna Düsseldorf) und Jupp Heynckes beim FC Bayern - um nur einige zu nennen.

Damit er "Don Jupp" erneut assistieren konnte, machte der Rekordmeister Hermann im Oktober 2017 gar zum Weltrekordhalter: Zwei Millionen Euro flossen an Fortuna Düsseldorf, um ihn aus seinem dortigen Vertrag herauszukaufen. Eine höhere Summe wurde Berichten zufolge in der Fußballgeschichte nie für einen Co-Trainer bezahlt.

Titellos mit Bayer und dem FC Bayern 

Zu Hermanns erfolgreicher Karriere gehören allerdings auch Enttäuschungen und Misserfolge. 2002 verspielte er mit "Vizekusen" drei Titel. Mit dem FC Bayern verlor Hermann das "Finale dahoam" in der Champions League 2012. Damals mussten die Münchner zudem dem BVB in der Meisterschaft sowie im DFB-Pokal den Vortritt lassen. Daran ist Hermann gewachsen und wusste dies immer realistisch einzuschätzen. 

Dass er mit 70 Jahren bei den Top-Vereinen gefragt ist wie eh und je, zeigt, dass seine tägliche Trainingsarbeit keinesfalls von gestern ist.

Er greift auf ein beinahe unerschöpfliches Reservoir an Trainingsformen zurück. Positionsspiel, Umschalten mit Felderwechsel, zonenorientiertes Pressing, Wechsel zwischen Angriffs- und Mittelfeldpressing sowie eine sehr detaillierte Videoanalyse - das sollen laut Beobachtern seine Steckenpferde sein.         

BVB wieder ernsthafter Verfolger des FC Bayern?

Eine Rolle bei der Verpflichtung von Hermann dürfte BVB-Berater Matthias Sammer gespielt haben. Er war Sportvorstand beim FC Bayern, als Hermann und Heynckes Triple-Sieger wurden.

Nicht nur Sammer weiß, dass die erneute Berufung von Edin Terzic zum Cheftrainer durchaus ein Wagnis ist.

Auch wenn alle BVB-Verantwortlichen vom 39-Jährigen überzeugt sind, fehlt ihm die langfristige Erfahrung im Profigeschäft. Hermann verkörpert genau diese wie kein Zweiter und soll Terzic den Rücken freihalten.

Beim Angriff auf den FC Bayern könnte der neue Mann in der zweiten Reihe als strenger Freund und Helfer ein entscheidendes Puzzleteil werden.

Und dass der Weltrekord-Assistent das Innenleben an der Säbener Straße aus dem Effeff kennt, ist ganz sicher kein Nachteil für den BVB.

Lars Wiedemann