15.12.2022 12:20 Uhr

Frankreich in Sorge: Entscheidet die Klimaanlage die WM?

Bayern-Profi Dayot Upamecano ist einer der erkrankten französischen Spieler
Bayern-Profi Dayot Upamecano ist einer der erkrankten französischen Spieler

Die Bayern-Fraktion ist verschnupft - in jeder Hinsicht. Dass Stammkraft Dayot Upamecano und Edeljoker Kingsley Coman der französischen Fußball-Nationalmannschaft wegen heftiger Erkältungen im WM-Halbfinale gegen Marokko (2:0) fehlten, lässt beim Titelverteidiger mit Blick auf das Endspiel gegen Argentinien nichts Gutes erahnen. Nach zahlreichen Erkrankungen bei anderen Mannschaften während der Endrunde könnten tatsächlich die Klimaanlagen die Wüsten-WM entscheiden.

Frankreichs Trainer Didier Deschamps, der gegen Marokko auch auf Adrien Rabiot verzichten musste, ist sich mit Blick auf das Finale am Sonntag gegen Lionel Messi und Kollegen (16.00 Uhr/ARD und MagentaTV) der Gefahr bewusst. "Wir versuchen, gut aufzupassen", sagte der 54-Jährige: "Damit es sich nicht weiter verbreitet."

Diesen Vorsatz hatten allerdings auch andere Teams zuvor gefasst - ohne Erfolg. Bei den Brasilianern, den Schweizern, den Niederländern und den US-Amerikanern hatten Erkältungswellen für Ausfälle während des Turniers gesorgt. Verantwortlich dafür war nach Ansicht der meisten Betroffenen die "Klimapolitik" der Gastgeber.

Die Katarer sorgen unter anderem dafür, dass die Stadion-Innenräume auf 20 Grad heruntergekühlt werden - von einer um die zehn Grad höher liegenden Außentemperatur. Dabei ist in der Medizin unumstritten, dass bereits ab einem Unterschied von sechs Grad der menschliche Körper leidet. Genau davon konnten zahlreiche WM-Protagonisten in den vergangenen Wochen ein Lied singen.

"Ich habe mich für einige Tage schlecht gefühlt. Das waren die Klimaanlagen", hatte der Brasilianer Anthony geklagt: "Nicht nur ich, sondern auch andere Spieler hatten Husten und Halsschmerzen." Betroffen war unter anderem Superstar Neymar, der zwischenzeitlich mit Fieber fehlte.

"Das hat mit der Klimaanlage zu tun"

Nicht fit fühlte sich auch Hansi Flick - und der Bundestrainer war sich ebenfalls sicher, woher die gesundheitlichen Schwierigkeiten kamen. "Das hat mit der Klimaanlage zu tun", sagte Flick vor dem Spiel gegen Coast Rica (4:2) mit belegter Stimme: "Die läuft hier überall - im Auto, im Bus, im Hotel."

Flicks Kollege Gregg Berhalter ging es ähnlich. "Wir alle hier leiden darunter", sagte der US-Coach: "Ich bin mir sicher, dass es an den Klimaanlagen liegt." Der niederländische Bondscoach Louis van Gaal hatte seinen Schützlingen sogar einen Ruhetag wegen der zahlreichen Erkältungen verordnet.

Damit handelte van Gaal richtig, wie Professor Hans-Georg Predel von der Deutschen Sporthochschule in Köln meint: "Ein Atemwegsinfekt stellt eine erhebliche Beeinträchtigung der Leistungsfähigkeit dar und kann - bei zusätzlichen Entzündungszeichen - sogar eine Trainings- und Wettkampfpause erforderlich machen."

Schweiz leidet besonders

Richtig schlimm hatte es zwischenzeitlich die Schweizer erwischt. Eine solche Erkältungswelle habe es bei der "Nati" noch nie gegeben, ließ der Verband während der Vorrunde verlauten, nachdem es unter anderem Yann Sommer, Nico Elvedi und Manuel Akanji erwischt hatte.

Als Konsequenz wurden in allen Hotelräumen und im Mannschaftsbus die Klimaanlagen ausgeschaltet. Den Spielern wurde zudem empfohlen, in ihren Zimmern etwas Wasser in die Badewannen laufen zu lassen, um die Luftfeuchtigkeit zu erhöhen. Außerdem gab es zusätzliche Getränke und Vitamintabletten.

Der Zusammenhang zwischen Klimaanlagen und Erkältungen ist längst belegt. Durch das Senken der Temperatur entsteht kalte Zugluft, die Schleimhäute im Nasen- und Rachenraum trocknen aus und werden nicht mehr ausreichend durchblutet. Das hat zur Folge, dass die körpereigene Abwehr nicht mehr optimal arbeitet und Keime schlechter bekämpft werden. Klimaanlagen können außerdem Viren, Pilze oder Bakterien über ihren Luftstrom verteilen.

Dagegen helfen nur entsprechende Kleidung, eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr, Lutschbonbons, Augentropfen und Nasensprays. Bleibt nur zu hoffen, dass der französische Mannschaftsarzt alles in seinem Koffer hat.