30.11.2023 21:49 Uhr

Wück: Keiner hatte die Jungs auf dem Zettel

Die U17 feiert in Indonesien eine Erfolgsgeschichte
Die U17 feiert in Indonesien eine Erfolgsgeschichte

Die deutsche U17-Nationalmannschaft löst mit ihrem WM-Erfolg Begeisterung in der Heimat aus. Dabei hatte vor ein paar Jahren mit den Spielern aus diesem Jahrgang keiner gerechnet, erzählt Bundestrainer Christian Wück im exklusiven Interview.

Die Euphorie und Begeisterung für den deutschen Fußball-Nachwuchs hat es auch ins weit entfernte Indonesien geschafft,

"Ja, Gott sei Dank bekommen wir das mit", sagte U17-Coach Christian Wück im exklusiven Gespräch mit sport.de und RTL/ntv. "Und ich kann nur sagen: Ich habe mir das schon lange gewünscht, dass die Jungs diese Aufmerksamkeit bekommen. Wir sind im Mai Europameister geworden und das wurde honoriert. Das wurde wahrgenommen, aber doch nicht so, wie ich es mir persönlich eigentlich vorgestellt hätte. Es gab die Meldung in der Presse, aber es war jetzt nicht so euphorisch. Und diese Euphorie, die jetzt kommt, ja, die ist richtig und die ist gut, weil die Jungs haben sich das wirklich verdient."

Der Bundestrainer, der den Jahrgang vor drei Jahren übernommen hatte, erzählt eine schier unglaubliche Anekdote.

Weit vor U17-WM: Jahrgang wurde als schlecht eingeschätzt

Als er seine Arbeit mit dem 2006er Jahgang begann, steckte Deutschland noch mitten in der Corona-Zeit. Das Training mit den Spielern fiel aus. Es sei schwer gewesen, mit den Jungs in Kontakt zu treten, erklärt er.

"Ich habe dann angefangen, sämtliche Trainer, die mal mit den Jungs trainiert haben, anzurufen, um einfach mal ein Gefühl für den Jahrgang zu bekommen, mal zu fragen: Wie schaut es denn aus? Wie sind denn die Qualitäten?" Die Antworten waren ernüchternd. "Wirklich keiner hat mir gesagt, dass es ein guter Jahrgang ist. Und dann kommt man natürlich auch so ein bisschen ins Grübeln, Was fängt man jetzt an? Die Jungs können nicht trainieren."

Die Annahme: "Die Qualität ist vielleicht nicht ganz so hoch, wie man sich das vorstellt."

Nun, es kam anders. "Von diesem Jahrgang sind bei der Europameisterschaft 2023 gleich sechs Spieler in die Turniermannschaft der UEFA gewählt", erinnert sich Wück. "Und mit diesem Jahrgang, der damals in der U15 schlecht eingeschätzt wurde in ganz Deutschland, stehen wir jetzt im Finale einer WM."

Der WM-Coup wäre für den deutschen Fußball "mit Sicherheit eine durchweg positive Geschichte", sagt Wück, vor allem angesichts der Misserfolge der A-Nationalmannschaft und den dunklen Wolken über der Nationalelf. "Wir sind im Moment nicht zufrieden mit allem. Und von daher wäre das einfach ein Glanzpunkt, den wir wieder setzen könnten. Wir würden eine ganz andere Stimmung in Deutschland erzeugen und wir stehen kurz davor", so der U17-Coach. 

"Das ist so ein kleines Problem in Deutschland"

Die Vorgeschichte nutzt Wück auch für eine grundsätzliche Kritik: "Das ist vielleicht auch in Deutschland so ein kleines Problem, dass vieles erst mal kritisch gesehen wird, dass überall erst mal darauf geschaut wird, was die Jungs noch nicht können", sagt der 50-Jährige. "Aber vielleicht sollten wir mal drauf schauen, wo die Jungs schon ganz gut sind und vielleicht mal das Ganze ein bisschen positiver gestalten, als wir es bis jetzt vielleicht gemacht haben."

Probleme sehe er weniger im Nachwuchsbereich, sondern im "Übergangsbereich". Wück: "Das heißt, die Talente, die es in Deutschland gibt, denen müssen wir natürlich auch die Möglichkeit geben, in der ersten und 2. Bundesliga zu spielen. Dazu gehört Vertrauen. Dazu gehört sehr viel Vertrauen von den Profitrainern, von den Vereinen."