13.06.2024 21:17 Uhr

Keller bot FC-Vorstand seinen Rücktritt an

Christian Keller macht vorerst beim 1. FC Köln weiter
Christian Keller macht vorerst beim 1. FC Köln weiter

Es wird nicht ruhig beim 1. FC Köln. Für einen transparenteren Austausch zwischen Mitgliedern und Vereinsbossen fand nun jedoch der Mitgliederstammtisch des FC statt. Dieser brachte einige neue Erkenntnisse, wütende Fans und einige lebhafte Diskussionen hervor. Für Aufsehen sorgte dann Sport-Geschäftsführer Christian Keller.

Was war passiert? Der FC-Manager gab bekannt, dass er bereits vor Wochen mit dem Angebot des eigenen Rücktritts an den FC-Vorstand herangetreten sei. Auf die Frage eines Fans antwortete Keller: "Ich habe den verantwortlichen Aufsichtsgremien schon vor Wochen gesagt: 'Wenn es dem FC hilft, müsst ihr mich nicht rausschmeißen, dann gehe ich einfach'. FC-Präsident Werner Wolf hakte ein und unterbrach Keller: "Das verantwortliche Gremium hat abgelehnt." Obwohl Keller nicht einmal eine Abfindung gefordert hätte, steht der Vorstand zu ihm.

Der FC-Präsident erklärte die Beweggründe: "Wir glauben, dass die Kontinuität wichtig ist. Ich bin zutiefst überzeugt, dass es besser ist, Kontinuität zu wahren, die Dinge zu regeln und wieder aufzustehen. Wir haben eine sehr gute Analyse gemacht, wir haben uns gefragt, wer zurücktreten könnte, aber wir haben alle entschieden, dass wir bleiben, bevor wieder Chaos ausbricht."

In den vergangenen Monaten wurde Keller meist dafür kritisiert, dass er trotz einer ausgesetzten Transfersperre für den Verein im vergangenen Sommer nicht genügend Qualität verpflichtet habe und die Transfersperre nicht verhindert habe. Keller versuchte sich auf dem Mitgliederstammtisch den Fans zu erklären – und wusste durchaus zu überzeugen. Die Transfersperre sei ab einem bestimmten Punkt unumgänglich gewesen, die finanziellen Bedingungen waren auch im vergangenen Sommer noch nicht in der Form gegeben, dass die Mannschaft hätte verstärkt werden können. Auch aufgrund der erst recht kurzfristigen Aufhebung der Sperre haben im vergangenen Sommer einige Spieler, die schon zugesagt hatten, wieder abgesagt. Als Beispiel dafür wurde der heutige Unioner Benedict Hollerbach genannt.

Kritik an Türoff

Auch bei Geschäftsführer-Kollege Philipp Türoff gab es Kritik. Mit Türoff hatte der Vorstand sogar vor einigen Tagen den Vertrag verlängert – nachdem der externe Untersuchungsbericht zur Verpflichtung von Jugendspieler Jaka Cuber Potocnik (die zur Transfersperre führte) eingegangen war. Dieser bescheinigte dem Finanz-Geschäftsführer eine "leichte Pflichtverletzung". Türoff war zwar zum Zeitpunkt der Verpflichtung erst ein paar Wochen im Amt, sieht aber trotzdem ein: "Auch meine Unterschrift ist auf diesem Vertrag. Ich war daran beteiligt. Es tut mir absolut leid. Wenn ich das mit all dem Wissen, das ich heute habe, rückgängig machen könnte, würde ich es tun. Das kann ich aber nicht. Die Kritik, die geäußert wird, kann ich absolut nachvollziehen."

Türoff wird infolgedessen emotional und reumütig: "Ich entschuldige mich bei allen, die heute hier sind. Der Verein hat über 130.000 Mitglieder und noch viel mehr Anhänger – und für jeden Einzelnen tut es mir leid, dass dieser Mist passiert ist."

So ist der Stand bei Waldschmidt, Selke und Co.

Insgesamt war die Veranstaltung in drei Themenbereiche unterteilt durch die TV-Moderator Jan Henkel führte und die einzelnen Leute drannahm. Themenblock eins ging voll und ganz über die Transfersperre, Themenblock zwei kümmerte sich um den sportlichen Bereich und das Ende handelte über den wirtschaftlichen Stand des Vereins.

Was einigen Fans natürlich auch unter den Nägeln brannte, waren einige Personalien. Auch für diese Fragen stand Keller Rede und Antwort, was durchaus ungewöhnlich ist. Die Mitglieder erfuhren aus erster Hand Infos über die aktuellen Transferbewegungen, noch bevor die Medien Bescheid wussten oder der Verein sich per Pressemitteilung äußert.

Mit Davie Selke beispielsweise befinde man sich in guten Gesprächen, die Verhandlungen dauern jedoch noch an. Selke hat beim FC keinen Vertrag für die 2. Liga, müsste neu unterschreiben.

Bei Luca Waldschmidt gab Keller bekannt, dass man sich aus wirtschaftlichen Gründen nicht mit dem Spieler einigen konnte. Für Waldschmidt besitzt der FC grundsätzlich eine Kaufoption, die der Klub trotz Transfersperre ziehen dürfte. Vizepräsident Eckhard Sauren kommentierte diese Personalie jedoch und plauderte aus dem Nähkästchen: "Bei Luca ist die Tür noch nicht ganz zu."

Dies trifft auf Faride Alidou nicht zu. Auch für den Flügelspieler hatte man eine Kaufoption, diese ließ man am Geißbockheim jedoch bewusst verstreichen. Der Spieler kehrt damit zu Eintracht Frankfurt zurück.

Kainz bleibt Verein erhalten

Keller berichtete zudem von einem weiteren Spieler, bei dem "morgen bekannt gegeben wird", dass die Ausstiegsklausel ebenfalls nicht genutzt werde. Nach Mark Uth, Jan Thielmann, Eric Martel und Timo Hübers ist Florian Kainz nun der fünfte Kölner, der sich zum FC bekennt. Das gab der Verein am heutigen Donnerstag bekannt. Mehr noch: Der Kapitän der vergangenen Saison verlängerte sogar seinen Vertrag über 2025 hinaus.

Kainz: "Ich habe in meiner Zeit beim FC viele emotionale Ausnahmesituationen erlebt. Meister in der 2 .Liga, dramatischer Klassenerhalt in der Bundesliga-Relegation, Einzug in die UEFA Europa Conference League – und nun leider auch einen ganz bitteren Abstieg. Doch in Köln gehen wir zusammen durch dick und dünn. Der FC ist in den vergangenen fünf Jahren zu meiner zweiten Heimat geworden. Ich werde mein Bestes geben, um mit der Mannschaft wieder erfolgreich zu sein. Ich will mit meiner Erfahrung vorangehen und freue mich auf die kommende Saison."

Von vollen Geldkoffern und versöhnten Fans

Die Versammlung kann insgesamt wohl als Erfolg verbucht werden. Zwar riefen einige der Mitglieder immer wieder wutentbrannt dazwischen – dennoch hatte man den Eindruck, dass das Vorstands-Team und die Geschäftsführer gut vorbereitet waren und jede Frage beantworten konnten. Ruhig und gewissenhaft wurden die Entscheidungen durchaus nachvollziehbar erläutert, ernteten immer wieder auch Applaus.

Was einigen der Anwesenden durchaus missfallen wird. Denn: Auch die Opposition war zu Gast. Die ehemaligen Spieler Dieter Prestin und Harald Konopka, die den Verein mit einigen anderen aus dem sogenannten "FC-Zukunftsteam" nur allzu gerne übernehmen würden, waren ebenfalls vor Ort. Und erlebten live, dass sie den Großteil der FC-Anhänger nicht auf ihrer Seite wissen. Als ein Fan den Vorstand kritisierte und auf Veränderungen hinauswollte, grummelte es im Ossendorfer MMC-Studio, wo die Veranstaltung stattfand. Als der Fan das merkte, fühlte er sich missverstanden: "Um Gottes Willen, doch nicht den Prestin." Aus dem Grummeln wurden ein lauter Applaus, versehen mit einigen Jubelrufen.

Es erscheint zwar im Bereich des Möglichen, dass das Team Prestin die nötigen Stimmen für eine außerordentliche Mitgliederversammlung zusammenbekommt. Für einen Vorstandsturz wird es jedoch kaum die Mehrheit der Fans hinter sich bekommen. Das vor einigen Tagen vorgestellte Konzept schien die Fans inhaltlich kaum zu überzeugen, wie sport.de im Gespräch mit einigen Anhängern erfuhr.

Passend dazu erfuhren die FC-Mitglieder ein Update zur finanziellen Situation des Klubs, der sich wirtschaftlich konsolidiert hat und im Vergleich zu anderen Abstiegen keinen großen Schaden hinnehmen muss, da der Verein, beispielsweise mit angepassten Spielerverträgen, auf die Situation vorbereitet war. Präsident Werner Wolf: "Andere Vereine in der 2. Liga würden sich wünschen, so viel Geld auf dem Konto zu haben wie der FC." Eine kleine Prahlerei, die den FC-Fans zwar nicht gefiel, die jedoch an einem sonst größtenteils versöhnlichen (wenn auch hitzigem) Abend verziehen wurde. Der Blick soll nun nach vorne gehen. Dem Verein ist das nur zu wünschen.

Niclas Borner