Die ersten Gewinner und Verlierer unter Nuri Sahin
Drei Pflichtspiele hat Borussia Dortmund in der neuen Spielzeit hinter sich gebracht. Erste Tendenzen unter dem neuen BVB-Cheftrainer Nuri Sahin waren bis zur ersten Länderspielpause bereits zu erkennen. Einige Spieler dürfen sich zu den Gewinnern zählen, andere fallen bislang ab.
Drei erste Gewinner beim BVB:
Auf Niklas Süle ist in der vergangenen Saison so einiges eingeprasselt: Starke Formschwankungen und nicht enden wollende Diskussionen über seinen Fitnessstand hatten den Innenverteidiger sowohl beim im Sommer zurückgetretenen BVB-Coach Edin Terzic als auch bei Bundestrainer Julian Nagelsmann aus den Planungen bugsiert. Süle, 2022 mit hochdotiertem Vertrag vom FC Bayern losgeeist, wurde den Ansprüchen keineswegs gerecht.
Doch nach der Sommerpause zeigte der 29-Jährige ein ganz neues Gesicht, äußerlich (weniger Gewicht, neue Frisur) wie innerlich (dank der Hilfe eines Mentaltrainers). Süle sprach bei "Sport1" nicht umsonst vom "intensivsten Sommer" seines Lebens.
Die Veränderungen trugen Früchte: Unter Nuri Sahin stand der Abwehrspieler in allen drei Partien (4:1 gegen 1. FC Phönix Lübeck, 2:0 gegen Eintracht Frankfurt, 0:0 gegen Werder Bremen) in der Startelf. Mit 72 Prozent gewonnenen Zweikämpfen in den ersten beiden Liga-Spielen weist er BVB-intern die besten Defensivwerte auf, mit knapp 97 Prozent angekommenen Pässen ist er nahe am Maximum. Seine im Schnitt 106 Ballkontakte gegen Frankfurt und Bremen werden in der Mannschaft nur von Pascal Groß und Nico Schlotterbeck (je 113) überboten.
Can erfährt Bestätigung
Ebenfalls immer wieder kritisch beleuchtet wird Emre Can. Doch auch der Sechser darf sich zu den Gewinnern des Saisonstarts zählen, wenngleich seine Auftritte in der Liga (sport.de-Noten 3,5 und 4,0) noch ausbaufähig waren. Der Grund: Die Bestätigung, die der 30-Jährige zuletzt erfuhr.
Erst gab Sahin bekannt, dass Can weiter als Kapitän agiert und somit als absolute Führungsfigur sein verlängerter Arm auf dem Platz ist. Dann erhielt der Routinier auch noch einen Anruf von Bundestrainer Julian Nagelsmann, der ihn für die Länderspiele gegen Ungarn (7.9.) und die Niederlande (10.9.) ins Aufgebot berief.
In den EM-Kader hatte es Can nach wechselhafter Saison 2023/24 zunächst nicht geschafft, sprang auf den Zug erst durch den Ausfall von Aleksandar Pavlovic auf. Vier Partien absolvierte der BVB-Star, mit Ausnahme des Viertelfinalspiels gegen Spanien wusste er durchaus zu überzeugen.
Gittens deutet sein Potenzial beim BVB an
Jamie Gittens war in den vergangenen Monaten neben dem neuen Vizekapitän Julian Brandt der wohl einzige Angreifer des BVB, um den sich keine Wechselgerüchte rankten. Statt sich nach einer soliden Saison (34 Einsätze, 18 von Beginn an, zwei Tore, acht Vorlagen) mit einem Abschied zu beschäftigen, ging der junge Engländer voller Tatendrang in die Vorbereitung.
Dass das Toptalent tatsächlich einen "weiteren Schritt" gemacht hat, wie er sich zu Saisonbeginn selbst zuschrieb, deutete er nach Einwechslung gegen Frankfurt ein. Sein trickreiches Dribbling und sein toller Schuss führten zum ersten BVB-Tor unter Nuri Sahin, in der Nachspielzeit schnürte er gar den Doppelpack.
Der gerade einmal 20-Jährige muss in den kommenden Wochen aber weiter auf sich aufmerksam machen, sonst geht sein jüngst erarbeiteter Status als Startelfspieler schnell an andere. Mit Karim Adeyemi, Julien Duranville, Donyell Malen, Giovanni Reyna und Maximilian Beier ist die Konkurrenz enorm.
Drei erste Verlierer beim BVB:
Der beste Bundesliga-Angreifer von Borussia Dortmund der letzten zwei Spielzeiten sucht noch nach seiner Form - und seiner Rolle im System von Nuri Sahin: Donyell Malen. Der Niederländer bereitet dem BVB nach dem Saisonstart ein wenig Sorgen, war er doch von der Europameisterschaft mit einer Verletzung zurückgekehrt.
"Das hat ein bisschen länger gedauert, ehrlich gesagt. Laufaufbau ging – konditionell konnten wir ihn auskotzen lassen. Aber auf dem Platz war das nicht so einfach, weil er es immer beim Passen gespürt hat", gab Sahin unlängst Einblick in die Probleme in der Vorbereitung.
Malen kam zwar in allen drei Spielen des BVB zum Einsatz, begann aber lediglich im Heimspiel gegen Frankfurt. Seine Auswechslung, bzw. die Hereinnahme von Gittens, veränderte dann das Spiel zu Gunsten von Schwarz-Gelb. Auffällig: Im bislang unter Sahin aufgebotenen System im 3-4-2-1 mit zwei offensiven Mittelfeldspielern (Brandt und Sabitzer) musste der 25-Jährige den linken Schienenspieler geben, da Adeyemi und Beier in Abwesenheit von Serhou Guirassy den Mittelsturm besetzten. Dort war Malen aber überhaupt kein Faktor für das Team.
Bensebaini wieder nur Ersatz und eine fragwürdige Grätsche
Ja, Ramy Bensebaini hat in der Schlussphase gegen Eintracht Frankfurt das 2:0 mit seiner erfolgreichen Grätsche und dem anschließenden zielgenauen Pass in die Spitze perfekt eingeleitet. Doch die Aktion des Linksverteidigers hätte gut und gerne auch nach hinten losgehen können.
Eine Sekunde später, und der 29-Jährige hätte SGE-Stürmer Matanovic im Strafraum gelegt. Statt der drei hätte der BVB dann wohl nur einen Punkt mitgenommen. Da gleich vier Dortmunder Verteidiger im Strafraum ebenfalls nah am Gegenspieler standen, war die Grätsche wohl auch nicht zwingend notwendig.
Abseits dieser Szene war vom Ex-Gladbacher noch nicht allzu viel zu sehen. Obwohl er der einzig etatmäßige Linksverteidiger im Kader ist, entschied sich der Trainer bislang stets gegen eine Viererkette, in der seine Stammposition abgebildet wäre. Nico Schlotterbecks Gelb-Rote Karte dürfte ihn nach der Länderspielpause gegen den 1. FC Heidenheim aber wohl erstmals in die Startelf spülen - es sei denn, Sahin beordert Can in die Dreier-Abwehrreihe. Das wäre ein deutlicher Wink an Bensebaini.
Für Nmecha ist beim BVB alles beim Alten
Die ersten Wochen der neuen Spielzeit sind ins Land gegangen und für Felix Nmecha ist alles beim Alten: Im Mittelfeld des BVB geben andere den Ton an.
Geht es um die Stammplätze, hat der im vergangenen Jahr für immerhin 30 Millionen Euro geholte Hamburger hinter Neuzugang Pascal Groß bislang klar das Nachsehen, daneben ist Emre Can als Sechser gesetzt.
Gegen Lübeck saß Nmecha daher über die vollen 90 Minuten auf der Bank, gegen Frankfurt kam er für die letzten zehn Minuten für Marcel Sabitzer in die Partie. Und gegen Werder wurde er wohl nur aufgrund des Platzverweises eingewechselt, sorgte in der Verteidiger-Rolle aber durchaus für defensive Stabilität in Unterzahl.
Immerhin: Da mit Salih Özcan ein interner Konkurrent auf der defensiven Mittelfeldposition zum VfL Wolfsburg verliehen wurde, ist der 23-Jährige inzwischen erste Wahl, wenn die Stammspieler müde sind.