BVB-Idol Kohler rechnet mit Kaderplanung ab
Vor dem Bundesliga-Kracher gegen den FC Bayern (Samstag, 18:30 Uhr) hat sich Borussia Dortmund zuletzt zwar gegen Freiburg (4:0) und in Zagreb (3:0) von seiner besten Seite gezeigt. BVB-Ikone Jürgen Kohler gibt seinem Ex-Klub dennoch eine mittelmäßige Zwischennote - und rechnet sogleich mit der Dortmunder Kaderplanung ab.
Geht es nach Jürgen Kohler, erhält sein BVB nach rund einem Drittel der Saison gerade einmal die Note 3,5. "Was Qualität und Potenzial angeht", so der 59-Jährige im Interview mit "Ruhr Nachrichten", "kann und darf Platz fünf nicht das letzte Wort sein."
Dortmunds scheidender Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke hatte jüngst auf der Mitgliederversammlung der Borussia moniert, dass der Revierklub von außen betrachtet oft viel zu schlecht wegkommt. Er verwies etwa auf das Erreichen des Champions-League-Finales in der Vorsaison, das erneut gute Auftreten in der laufenden Königsklassen-Spielzeit und die gute Heimbilanz.
BVB-Idol Kohler widerspricht Watzke: Kritik ist angebracht
Kohler hält dagegen: "Die Kritik, die an der Borussia geäußert wird, ist in Teilbereichen sicher berechtigt, das weiß auch Aki Watzke, dafür ist er zu lange im Geschäft. Eine sachliche Kritik ist absolut berechtigt." Wenn man, wie der BVB im Sommer auf der Trainerbank, "wichtige Positionen neu besetzt, musst du sehen, dass schnellstmöglich die Ergebnisse stimmen. Sonst wird alles hinterfragt."
Das Klub-Idol, Champions-League-Sieger mit dem BVB im Jahr 1997, nannte etwa die "Auswärtsbilanz und das Auftreten bei manchen Spielen" als Aspekte, die man "durchaus kritisch sehen" könne.
Damit nicht genug: Auch die Kaderplanung im Sommer sei nicht optimal verlaufen - trotz der vielen Top-Neuzugänge.
"Gekommen sind Serhou Guirassy, Waldemar Anton, Pascal Groß, Maximilian Beier und Yan Couto. Ich frage mich: Wer von diesen fünf Neuen ist ein Führungsspieler?", so Kohler: "Im Fußball brauchst du eine überragende Achse." Diese hätte der BVB unter Nuri Sahin noch nicht gefunden.
Zwar habe man mit Guirassy "einen richtig Guten" geholt und auch Torwart Gregor Kobel werde den Ansprüchen gerecht. "Aber was hat der BVB drumherum gebaut? Da fehlt nach meiner Einschätzung die optimale Mischung."
Kohler rechnet mit BVB-Kaderplanung ab
Innenverteidiger Nico Schlotterbeck mache dem einstigen Abwehr-Spezialisten zufolge "immer noch zu viele Fehler", Außenverteidiger Julian Ryerson habe "nach überragendem Start abgebaut". Der Norweger sei von seiner Einstellung zwar über jeden Zweifel erhaben, "aber fußballerisch sehe ich nicht auf dem Niveau, das er haben sollte, wenn du als Verein zwischen Platz eins und drei landen willst".
Auch im Mittelfeld habe sich noch keine "Achse" gebildet, rechnete Kohler mit der Kaderplanung weiter ab: "Dortmund holt mit Pascal Groß einen der besten Mittelfeldspieler der Premier League und setzt ihn jetzt ein paarmal auf die Bank. Die Kunst ist doch: Wenn ich einen Führungsspieler wie ihn verpflichte, muss ich ihn auch stärken. So wie Ottmar Hitzfeld das mit Paul Lambert getan hat, der auch nicht in jedem Spiel top war. Trotzdem war er ein unverzichtbarer Bestandteil unserer Mannschaft in der Champions-League-Saison 1996/97."
Selbst der zuletzt wieder formstärkere Julian Brandt hat Jürgen Kohler noch nicht überzeugen können. Zwar spiele der Vizekapitän des BVB an einem guten Tag "alle schwindelig. Aber wie viele dieser Tage hatte er in laufenden Bundesliga-Saison? Ein Tor, drei Assists - das ist einfach zu wenig".
Kohler fasste zusammen: "Wir können noch ein paar andere Namen in die Diskussion werfen, ohne dass sich das Ergebnis ändern würde. Mir mangelt es an Führung in diesem Dortmunder Team. Und Führung kannst du nicht kaufen. Führung musst du entwickeln, auch als Trainer."