01.11.2000 13:40 Uhr

Kehl exklusiv: "Sich zu engagieren ist sehr wichtig"

Sebastian Kehl begreift seine Prominenz als Geschenk und Verpflichtung
Sebastian Kehl begreift seine Prominenz als Geschenk und Verpflichtung

Zurück zum BVB: Mit Teilen der Mannschaft wie Roman Weidenfeller, Marcel Schmelzer, Marco Reus oder Nuri Şahin haben Sie selbst noch zusammengespielt. Wie steht es derzeit um Ihren persönlichen Kontakt zum Team?

Ich habe natürlich mit den Jungs und auch mit dem Verein noch einen engen Kontakt. Ich wohne in Dortmund, da laufen wir uns immer mal wieder über den Weg. Aber mein Leben hat sich trotzdem ein Stück weit verändert. Ich bin gerade in mehreren Projekten involviert. Aber wenn ich die Zeit habe, bin ich sehr gerne im Stadion und schau den Jungs von oben zu.

Was sind denn im Moment die wichtigsten Aufgaben bei Ihnen?

Ich habe ein Studium bei der UEFA angefangen im Bereich Sportmanagement. Das ist sehr umfangreich und füllt mich aus, hilft mir aber auch, mich weiterzuentwickeln. Zudem bin ich im Moment beim DFB in einem Projekt involviert, was mir auch sehr viel Freude macht. Dann kommen da noch Fernsehtätigkeiten, Vorträge und Präsentationen zu. Es wird definitiv nicht langweilig. Es gibt viel zu tun und führe derzeit immer wieder interessante Gespräche.

Im Sommer haben wir Sie auch als TV-Experten während der EURO kennengelernt. Wie blicken Sie auf diese Zeit zurück? Gibt es weitere Pläne in dieser Hinsicht?

Es war eine neue Erfahrung für mich, die mir sehr viel Spaß gemacht hat. Es war sehr interessant, ein Spiel auch mal von dieser Seite zu beäugen und meine Erfahrung mit einzubringen. Das hatte ich in dieser Form noch nicht gemacht. Ich habe mich in dieser Rolle sehr wohl gefühlt, da wird es sicherlich auch eine Fortsetzung geben, wobei ich meinen zukünftigen beruflichen Schwerpunkt nicht im TV sehe.

Wie sieht es mit einer Rückkehr ins Fußballgeschäft aus – sei es als Trainer oder in einer leitenden Funktion in einem Klub?

Da gibt es ganz viele Überlegungen, fix geplant ist aber im Moment noch nichts. Lassen wir uns einfach mal überraschen, was die nächsten Monate ergeben werden. Aber natürlich kann ich vorstellen, in einem Verein aktiv mitzuarbeiten und ihn zu weiter zu entwickeln. Und meine Trainerscheine möchte ich auch noch begleitend machen!

Darüber hinaus sind Sie schon seit langem im sozialen Bereich engagiert. Unter anderem seit 2002 für das Netzwerk Roter Keil, indem Sie sich mit anderen Prominenten gegen Kinderprostitution einsetzen und der Organisation Ihr Gesicht verleihen. Wie sind Sie damals zum Roten Keil gekommen?

Christoph Metzelder, den ich vor meinem Wechel zum BVB bereits kannte, war schon in diesem Netzwerk involviert. In dem Zusammenhang habe ich auch Dr. Jochen Reidegeld, den Initiator des Netzwerks, kennengelernt und von der Idee und den Beweggründen des Netzwerks Roter Keil erfahren. Das Thema Kinderprostitution ist ein Tabuthema, aber gerade deshalb wollte ich meine Prominenz nutzen, um auf die schrecklichen Gewaltverbrechen aufmerksam zu machen. So begleite ich das Netzwerk nun schon viele Jahre. Durch die Stiftung, die 2008 gegründet wurde und einige strukturelle Veränderungen hat sich der Rote Keil in den letzten Jahren extrem entwickelt und breiter aufgestellt. Aber es bleibt weiterhin viel zu tun.

Wie engagieren Sie sich genau? Was ist Ihre Arbeit für das Netzwerk Roter Keil?

Es ist vor allem ganz viel Öffentlichkeitsarbeit dabei, um auf dieses Thema aufmerksam zu machen. Ich vertrete mit vielen weiteren Prominenten das Netzwerk in der Öffentlichkeit und betreibe Networking. Wir organisieren Veranstaltungen und zahlreiche Aktionen, und versuchen fast täglich neue Spender zu akquirieren. Das ist gar nicht so einfach, denn viele Menschen schauen bei diesem Thema einfach weg. Insgesamt ist die Arbeit sehr vielfältig und nimmt viel Zeit in Anspruch.

Darüberhinaus sind Sie auch noch in anderen sozialen Projekten engagiert. Woher kommt diese Motivation bei Ihnen?

Grundsätzlich habe ich immer das Gefühl verspürt, auf der Sonnenseite des Lebens zu stehen und sehr viel Glück in meinem Leben zu erfahren – sowohl beruflich, als auch privat. Ich bin in einem wohlbehüteten Elternhaus und Umfeld groß geworden und hatte eine tolle Kindheit. Ich möchte einfach etwas von diesem Glück zurückgeben an Kinder und Jugendliche, denen es nicht so ergangen ist. Und genau deshalb nutze ich das Geschenk meiner Prominenz, um auf Dinge aufmerksam zu machen. Dieser Verantwortung bin ich mir bewusst.

Ihrem Standing insgesamt in der deutschen Öffentlichkeit hat dieses soziale Engagement ja auch geholfen, Sie genießen ein sehr hohes Ansehen...

Es ging nicht darum, Markenbildung zu betreiben und mediale Prominenz dadurch zu erringen. Mir war schon klar, dass die Rolle auf dem Platz für mich weiterhin die entscheidende sein würde. Da hilft bei schlechten Leistungen auch kein soziales Engagement. Aber soziale Verantwortung nach außen zu tragen und sich zu engagieren, war und ist mir persönlich sehr, sehr wichtig. Wie schon gesagt: Wenn man sein Glück begreift und davon etwas zurück gibt, gibt es einem auf anderen Wegen auch wieder etwas zurück. 

 

roterkeil.net ist ein Netzwerk gegen Kinderprostitution, das 1999 vom damaligen Kaplan und heutigen stellvertretenden Generalvikar Dr. Jochen Reidegeld ins Leben gerufen wurde. Seit dem ist es ständig gewachsen. Für seine Verdienste im Kampf gegen Kinder- und Jugendprostitution erhielt Dr. Reidegeld im Dezember 2013 das Bundesverdienstkreuz am Bande der Bundesrepublik Deutschland.

Mehr Informationen gibt es unter www.roterkeil.net.

Spendenkonto: Deutsche Bank
IBAN: DE08 4007 0024 0213 9939 00
BIC: DEUTDEDB400

 

Teil I: Sebastian Kehl über die Suche nach den "echten Derbytypen", die sportliche Reise seiner Borussia und die verrückte Bundesligatabelle

 

Das Gespräch führte Mats-Yannick Roth