27.04.2017 09:55 Uhr

Meinung: Bayern-Depression statt Triple-Traum

Carlo Ancelotti kann
Carlo Ancelotti kann "nur" noch Meister mit den Bayern werden

Der FC Bayern München wird sich zum fünften Mal in Folge die Schale holen und seine beeindruckende Ausbeute auf 27 nationale Meisterschaften schrauben - soviel vorweg. Was jedoch in Dortmund für ungebrochene Jubelstürme und auf Schalke auch bei den gestandensten Schlachtenbummlern für tränengetränkte Kutten sorgen würde, ist für den erfolgsverwöhnten Rekordmeister nicht mehr als eine weitere Kerbe im Bettpfosten. Ein Kommentar.

Um den Bayern-Anhängern ein Lächeln zu entlocken, sollte es in München dann doch schon etwas mehr sein. Das Double würde der Branchenprimus natürlich nicht von der Bettkante stoßen, die wahre Sehnsucht gehört aber dem Triple.

Um die heilige Dreifaltigkeit aus Meisterschaft, Pokal und Champions-League-Titel nach 2013 erneut in die ruhmreiche Vita der Münchner zu stanzen, wurde mit Carlo Ancelotti im Sommer ein neuer Heilsbringer auserkoren, der nach der triplelosen Ära Guardiola die Bayern zurück auf Europas Fußball-Olymp führen sollte - am besten ohne jegliche Anlaufzeit.

Es zählt im Frühjahr

Erstes nervöses Augenzucken von Karl-Heinz Rummenigge und Co. - Bayern hatte nach einem Remis gegen Hoffenheim und einer 0:1-Niederlage beim BVB, die Tabellenführung verloren und in Rostov eine sensationelle CL-Pleite kassiert - wischte Ancelotti im November 2016 noch kurzerhand mit einer simplen Rechnung vom Tisch: Wer bereits in der Hinrunde "auf Hochtouren" läuft, bereut dies bei den entscheidenden Spielen im Frühjahr.

Jene entscheidenden Spiele sind nun Geschichte und Bayerns Triple-Traum ist einer gewaltigen Frühjahrsdepression gewichen. Was bleibt, sind massenhaft Fragezeichen: Lahm und Alonso beenden ihre Karriere, Robben und Ribéry werden nicht jünger, der zweite Anzug zwickt und zwackt und der Talentepool der Bayern ist seit der goldenen Generation Schweinsteiger-Lahm-Müller vollkommen leergefischt.

Klar, der Rest der einmal mehr von den scheinbar kriselnden Bayern düpierten Bundesliga würde sich um die "Luxus-Probleme" des Rekordmeisters reißen und spätestens nach ein paar investierten Milliönchen aus dem prallgefüllten Säckl wird auch Meistertitel Nummer 28 in der kommenden Saison kaum etwas im Weg stehen. 

Um Real, Barça, City und Co. auf dem Weg zum CL-Titel Paroli zu bieten, muss man in München aber endlich richtig tief in die Tasche greifen.

Marc Affeldt