20.07.2021 11:05 Uhr

Petersen über Usain Bolt und das olympische Fieber

Nils Petersen drückt der deutschen Olympia-Auswahl die Daumen
Nils Petersen drückt der deutschen Olympia-Auswahl die Daumen

Nils Petersen wurde bei Olympia 2016 Torschützenkönig und holte Silber. Im Interview spricht der Stürmer über Usain Bolt in der Mensa, Teambesprechungen im Wohnzimmer und die Erwartungen an das Team in Tokio.

Nils Petersen, was machen Sie am Donnerstag um 13.30 Uhr?

Nils Petersen: "Spielt dann Deutschland bei Olympia?"

Genau!

"Dann werde ich natürlich zuschauen. Und mit unserem Trainer reden, damit er das Mittagessen verlegt."

Sie haben bei Olympia 2016 in Rio Silber geholt und wurden Torschützenkönig. Hat die Medaille einen Ehrenplatz?

"Die Medaille hat zwar am Abend danach ein paar Kratzer abbekommen, weil wir doch ganz gut gefeiert haben. Aber ich habe sie voller Stolz zu Hause aufgehängt. Zum Glück wird mein verschossener Elfmeter im Finale eher selten thematisiert, weil es am Ende einfach um Medaillen geht."

Gab es auch eine Auszeichnung als Torschützenkönig?

"Nein - nur einen Eintrag bei Wikipedia."

Welchen Stellenwert hat Rio 2016 in Ihrer Karriere?

"Ich muss zugeben: Ich habe damals vor dem Turnier überlegt, ob ich überhaupt mitfahre und sogar den Trainer gefragt, ob das okay ist. Später habe ich mich fast geschämt, dass ich überlegt habe. Ich war während des Turniers unfassbar glücklich, dabei zu sein. Das war eine coole Truppe mit Horst Hrubesch als Trainer. Wir sind weit gekommen, haben viel erlebt. Obwohl wir nur ein paar Tage im Olympischen Dorf waren, haben wir trotzdem das olympische Fieber gespürt. Das waren mit die schönsten vier Wochen in meinem Leben."

Hat sich seit 2016 der Stellenwert des Fußballs bei Olympia verändert?

"Ich glaube schon. Damals hat sich unsere Mannschaft in den Vordergrund gespielt, die TV-Quoten sind in die Höhe geschnellt, als wir immer weiter gekommen sind. Man hat sich mit uns identifiziert, das war schon cool. Da hat man gemerkt: Oh, Fußball kann ja auch Olympia, und Olympia kann auch Fußball."

Woran denken Sie zuerst, wenn Sie an die vier Wochen in Brasilien denken?

"An das Olympische Dorf. Darauf haben wir uns so gefreut. Es war schon cool, dort einzuziehen und zu sechst in einer kleinen Wohnung zu leben. Vor dem Finale gegen Brasilien haben wir uns alle in unser Wohnzimmer gequetscht und die Besprechung abgehalten, weil es einfach keine anderen Räume gab."

Haben Sie auch Usain Bolt getroffen?

"Den hat man in der Mensa mal von weitem gesehen. Er wurde aber gut von anderen Athleten geschützt, weil jeder ein Foto erhaschen wollte. Aber darum geht es ja auch, einfach mal ein paar Stars zu sehen. Wir sind ja alle auch Fans von anderen Sportlern und zollen diesen großen Respekt."

Können Sie Fußballer verstehen, die freiwillig auf Olympia verzichten?

"Wenn ein Spieler verletzt ist oder den Verein wechselt, dann weiß ich, dass ein Druck da ist. Aber wenn ein Spieler selbst entscheiden kann, Deutschland bei Olympia zu vertreten und eine Medaille holen könnte... nein, dann kann ich das nicht verstehen."

Was kann das deutsche Team in Tokio erreichen?

"Die Gruppenphase mit Brasilien, Elfenbeinküste und Saudi-Arabien ist nicht so leicht. Aber niemand spielt gerne gegen Deutschland, auch wenn das andere nach der EM vielleicht gerne behaupten. Man darf Deutschland nie abschreiben."

Für so eine Aufgabe scheint der Trainer wie gemacht...

"Ja - Stefan Kuntz ist einer wie damals Horst Hrubesch. Einer, der Euphorie und Lockerheit reinbringt. Deswegen hat er auch Max Kruse mitgenommen. Da geht es nicht um große taktische Elemente, sondern darum, sich als Einheit zu präsentieren und Bock auf das Turnier zu haben. Auch mit Maximilian Arnold hat er eine gute Wahl getroffen."

Am Ende hat Kuntz aber nur 18 Spieler gefunden...

"Es ist ein kleiner Haufen. Aber wenn der verschworen ist, dann muss man Deutschland erstmal schlagen."