23.05.2024 22:55 Uhr

Kompany der Pep 2.0? Das ist wirklich dran

Kennen sich bestens: Vincent Kompany und Pep Guardiola
Kennen sich bestens: Vincent Kompany und Pep Guardiola

Vincent Kompany ist der jüngste Trainer-Kandidat, der beim FC Bayern als Nachfolger von Thomas Tuchel gehandelt wird. Obwohl der ehemalige HSV-Profi noch nicht lange im Geschäft ist, wird er schon mit Star-Coach Pep Guardiola verglichen. Hinkt der Vergleich? Und welcher Fußball wäre unter Kompany beim FC Bayern zu erwarten?

Nach einer schier endlosen Suche mit zahlreichen Rückschlägen soll es beim FC Bayern also auf Vincent Kompany herauslaufen. Der Belgier ist laut übereinstimmenden Medienberichten aus England und Deutschland inzwischen derjenige, der Thomas Tuchel zur kommenden Saison beerben soll - eine durchaus überraschende Wahl.

Dass der 38-Jährige nicht schon zu Beginn der Trainersuche ganz oben auf der Wunschliste des deutschen Rekordmeisters stand, sondern vielmehr Xabi Alonso, Julian Nagelsmann oder Ralf Rangnick, liegt auf der Hand. Vorzuweisen hat er nach rund fünf Jahren Erfahrung wenig. Mit anderen prominenten Bayern-Kandidaten wie Zinedine Zidane, Mauricio Pochettino oder José Mourinho hat er überhaupt nichts gemein.

"Er ist jetzt ein Trainer, der nicht unbedingt die ganz großen Vereine trainiert hat, die ganz großen Erfolge als Trainer gehabt hat", argumentierte etwa auch Rekordnationalspieler Lothar Matthäus bei RTL.

Aktuell arbeitet er beim FC Burnley, Absteiger aus der Premier League. Zuvor war Kompany drei Jahre lang bei seinem Heimatklub RSC Anderlecht angestellt, wo er die erste - wegen der Corona-Pandemie schließlich abgebrochene - Saison als Spielertrainer begann. In seinen zwei Jahren als Chefcoach sorgten eher die Konkurrenten aus Brügge und Antwerpen in der Eersten Klasse Belgiens für Furore. Ist der FC Bayern also einfach nur verzweifelt? Eher nicht.

Kompany von Guardiola "inspiriert"

Das Interesse der Münchner um Sportvorstand Max Eberl an Vincent Kompany überrascht eben nur auf dem ersten Blick. Es gibt Anzeichen dafür, dass der einstige Weltklasse-Verteidiger, der überdies aus seiner Zeit als Spieler beim HSV Deutsch spricht, durchaus in der Lage ist, einen Klub wie den FC Bayern zurück zum Erfolg zu führen. Eng verbunden ist diese Annahme mit niemand Geringerem als Pep Guardiola.

Kompany spielte bei Manchester City zunächst drei Jahre lang unter dem Trainer-Star. In jener Zeit guckte sich der Belgier viel ab von Guardiola. "Seit meinem 30. Lebensjahr war ich bereits voll und ganz damit beschäftigt, mich auf den Moment vorzubereiten", so der Pep-Schüler über seinen Übergang vom Profi zum Trainer.

Guardiola habe ihn sicherlich "inspiriert", gab er im Winter vor dem direkten Duell im Premier-League-Rückspiel (1:3) bei "TNT Sports" zu. "Das bedeutet nicht, dass man genau das tut, was andere tun, aber es ist ein Auslöser."

Und in der Tat sind Parallelen zu erkennen. Beim FC Burnley gab Kompany bis zuletzt einen offensiven und ballbesitzorientierten Spielstil vor - ganz im Zeichen seines Meisters. 

Einer wie Bayern-Wunschlösung Xabi Alonso?

Doch der Schüler konnte mit Außenseiter Burnley Guardiolas Ballbesitz-Idee gar nicht komplett kopieren, sondern muss die Idee weiterentwickeln.

"Im eigenen Ballbesitz geht es Kompany darum, spielerische Lösungen zu finden. Kennzeichnend für seine Spielidee mit dem Ball sind viele kurze Pässe und permanente Positionswechsel. Nach Ballverlust fordert er ein aggressives Gegenpressing von seinen Spielern, um schnellstmöglich wieder in die eigene Spielkontrolle zu kommen", gibt die Beschreibung von Kompanys Spielidee in der Trainer-Datenbank "COACHINSIDE" zunächst einige deutliche Parallelen preis. 

Laut "COACHINSIDE" ist Kompanys Spielstil letztlich aber eher vergleichbar mit dem von Bayer Leverkusens Meistermacher Xabi Alonso. Beide setzen auf eben jene Mischung aus Ballbesitz und Umschaltspiel, während unter Guardiola nach Balleroberungen nicht immer zwangsläufig direkt der Weg zum gegnerischen Tor gesucht wird. Ballbesitzphasen sind unter Pep folglich noch deutlich ausgeprägter.

Vergleich der Stile anhand analysierter Spiele, Quelle: COACHINSIDE
Vergleich der Stile anhand analysierter Spiele, Quelle: COACHINSIDE

Am Turf Moor hat seine Interpretation des Fußballs derweil nicht immer nur positive Reaktionen hervorgerufen. Zwar holte er gleich in seinem ersten Jahr mit dem von ihm ausgerufenen offensiven Ballbesitzfußball die Zweitliga-Meisterschaft. Dass er an der Taktik in der Premier League stur festhielt, gefiel aber nicht jedem, wie es bei "Bild" heißt. 

Warum Kompany zum FC Bayern passen könnte

Beim FC Bayern dürfte seine Idee sicher indes gut mit den Vorstellungen der Bosse überein kommen - schließlich galt Alonso als absolute Wunschlösung. Das Spielermaterial, um mit diesem Stil auch erfolgreich zu sein, hat er in München. 

Der 38-Jährige ist zudem einer, der vor allem jungen Spielern eine Chance gibt - was wohl auch bei den Bayern-Oberen um Uli Hoeneß gut ankommen dürfte. Lag das Durchschnittsalter der Münchner unter Thomas Tuchel in dieser Saison bei 27,6 Jahren, war eine Burnley-Elf 24,2 Jahre alt. 

Ein Unterschied in der Spielweise ist unterdessen das in Burnley bevorzugte 4-4-2-System, die Grundausrichtung hängt bei Kompany aber eher von den verfügbaren Spielertypen ab. "Bei der Diskussion über den Spielstil ist es wichtig, dass man das Profil der Spieler hat, die zu dem passen, was man von ihnen verlangt. Wir sind in einer Liga, in der einige Teams einige Dinge diktieren können, und wir müssen sie umsetzen", so der aufstrebende Coach.

Als Trainer des FC Bayern hätte Vincent Kompany die Möglichkeit, das Spiel zu diktieren. So wie sein Meister Pep Guardiola, nur eben etwas anders.

Gerrit Kleiböhmer