13.06.2024 16:02 Uhr

Der überraschende Ito-Deal und die Folgen

Hiroki Ito wechselt wohl zum FC Bayern
Hiroki Ito wechselt wohl zum FC Bayern

Der FC Bayern landet einen Transfer-Coup und holt in Hiroki Ito offenbar einen Verteidiger des VfB Stuttgart ins Team. Welche Auswirkungen hat das für das Mannschaftsgefüge des FCB?

Es gibt sie noch, die Überraschungen. So eine war die Transfer-Meldung, die am Mittwochabend als "quasi fix" aufploppte. VfB-Verteidiger Hiroki Ito soll zum FC Bayern wechseln. Selbst die gut unterrichteten Transferinsider waren überrascht.

Der 25-Jährige hat einen steilen und ungewöhnlichen Karriereweg hinter sich. 2021 lotste der damalige VfB-Sportdirektor Sven Mislintat das Talent aus der zweiten japanischen Liga von Jubilo Iwata per Leihe (100.000 Euro) ins Schwabenland. Dort war er ursprünglich für die Zweitvertretung in der Regionalliga Südwest eingeplant.

Doch schnell war den Beteiligten klar: Ito ist zu Höherem berufen. Der damalige Trainer Pellegrino Matarazzo zog ihn in das Training der ersten Mannschaft hoch. Dort erarbeitete er sich einen festen Platz im Kader und der Startelf. 2022 wurde er für 400.000 Euro fest verpflichtet. Vor allem unter Sebastian Hoeneß blühte der Japaner weiter auf, hatte einen großen Anteil daran, dass der VfB 2023/24 eine märchenhafte Saison spielte, die mit der Vizemeisterschaft endete.

Stiller Held des VfB Stuttgart

In der abgelaufenen Spielzeit kam er auf 26 Bundesliga-Einsätze und überzeugte mit Schnelligkeit, Übersicht und einer starken Passquote. Ito gilt als stiller Held, "unsung Hero" des VfB und einer der solidesten Verteidiger der Liga. Kurzum: als unterschätzt. Das unterstrich er nicht zuletzt im Spiel gegen die Bayern (3:1) am 32. Spieltag.

Den VfB-Transfer kann man getrost als Mislintat-Steal bezeichnen. Der Wert des Verteidigers hat sich binnen drei Jahren ver-x-facht. Aus den 400.000 Euro werden nun rund 30 Mio. Ablösesumme wegen einer fest verankerten Ausstiegsklausel, die von den Bayern aktiviert wird. Es fehlt nur noch die Unterschrift, heißt es.

Die große Frage ist, welche Auswirkungen der Deal auf die Hierarchie des Defensivverbundes des FCB hat. Mit der wohl sicheren Ankunft des japanischen Nationalspielers werden hier die Karten neu gemischt.

Denn neben Ito arbeiten die Bayern bekanntlich weiter an einem Königstransfer für die Abwehr. Seit Wochen gibt es Gerüchte und Updates zu einem Wechsel von Nationalspieler Jonathan Tah. Wie mehrere Medien berichten, wollen die Münchner den Abwehrchef von Bayer Leverkusen unbedingt verpflichten und orientieren sich am alten Motto: Die neu aufkommenden Gegner (Leverkusen, Stuttgart) schwächen und sich selbst stärken. Klub und Spieler sollen sich bereits einig sein. 

Apropos Leverkusen: Auch Josip Stanisic soll im Sommer wieder bei den Bayern aufschlagen. Der 24-Jährige ist an die Werkself ausgeliehen, wirkte mit Blick auf eine geplante Rückkehr nicht unbedingt euphorisch. Zuletzt sprach Bayern-Sportvorstand Max Eberl aber ein Machtwort und erklärte, dass der Kroate in der kommenden Spielzeit in München gefragt ist. "Er wird bei uns eine wichtige Rolle spielen", sagte Eberl dem "kicker."

FC Bayern: Wer spielt in der Innenverteidigung?

Wenn also zusätzlich zu Ito tatsächlich Tah und Rechtsverteidiger Stanisic (der aber auch als Innenverteidiger auflaufen kann) aus Leverkusen kommen, wird es plötzlich sehr eng im Defensivverbund.

Denn neben Stanisic stehen mit Joshua Kimmich, Sacha Boey und Noussair Mazraoui mehrere Rechtsverteidiger im Kader. Gut möglich, dass Kimmich unter Neu-Trainer Vincent Kompany wieder ins defensive Mittelfeld rückt. Wobei über der sportlichen Zukunft Kimmichs in München auch noch ein mittelgroßes Fragezeichen steht. Mazraoui und Boey hingegen dürften einen schweren Stand haben. Beide haben in der zurückliegenden Saison nicht überzeugt. Abgänge sind durchaus realistisch.

Ebenfalls kuschelig ist es auf der Position der Innenverteidiger. Neben den möglichen Zugängen Tah und Ito stehen noch Matthijs de Ligt, Min-jae Kim, Dayot Upamecano und Eric Dier parat. Wobei Ito als Linksfuß gut neben einem Tah oder Dier auf der linken Außenseite spielen könnte. Auch in Stuttgart lief er hier schon auf, machte seinen Job gut.

Während es zuletzt hieß, dass Dayot Upamecano den Klub bei einem entsprechenden Angebot verlassen könnte, soll der Franzose wohl nun unter Kompany eine neue Chance erhalten. Laut "Sport Bild" gilt der Belgier als Fan von Upamecano.

Ähnlich gelagert ist der Fall Min-jae Kim. Der Südkoreaner, der zuletzt keine konstanten Leistungen auf den Platz brachte, soll wohl eine neue Chance unter dem neuen Bayern-Trainer erhalten.

De Ligt bald weg?

Schlechter sieht es dem Vernehmen nach für Matthijs de Ligt aus. Das hat allerdings weniger sportliche Gründe. Der niederländische Nationalspieler steht angeblich auf der Verkaufsliste der Bayern. Er kam 2022 für 67 Millionen Euro nach München.

De Ligt soll mit einem jährlichen Gehalt von 15 Millionen Euro der bestbezahlte Innenverteidiger im Kader sein, kämpfte zudem häufig gegen Verletzungsprobleme.

Sportlich präsentierte sich der Rechtsfuß in den letzten Monaten definitiv stabiler als seine Kollegen, allen voran Dayot Upamecano und Min-jae Kim patzten oft. Beide verdienen allerdings weniger Geld - teils deutlich. Die Frage ist, ob die Bayern einen Abnehmer finden, der einen Preis bezahlt, mit dem der FCB gut leben kann.

Klar ist, dass der routinierte IV-Kollege Dier auch 2024/2025 in München spielen wird. Die Leihe von Tottenham ist beendet, der Verteidiger inzwischen fest verpflichtet bis 2025.

Beim FC Bayern spielte er eine überraschend gute Rolle. Unter Ex-Coach Thomas Tuchel war der 49-malige Nationalspieler der Three Lions über weite Strecken unangefochtener Stammspieler – wird sich diesen Status unter Kompany und der neuen Konkurrenz aber wohl neu erarbeiten müssen.

Viel hängt also vom Dominostein Tah ab, der als Wunschlösung in München gilt. Weitere Überraschungsmeldungen an der Säbener Straße sind aber nicht ausgeschlossen.

Emmanuel Schneider