VfB Stuttgart in der Undav-Falle?
Verzwickte Situation im Ländle: Der VfB Stuttgart ist in einer ewigen Hängepartie rund um Nationalstürmer Deniz Undav gefangen. Sein Arbeitgeber Brighton & Hove Albion sitzt am längeren Hebel. Die Lage birgt Gefahren.
Deutlicher kann man eigentlich nicht werden. In gefühlt jedem Interview betont DFB-Stürmer Deniz Undav, dass er unbedingt beim VfB Stuttgart bleiben möchte. Zuletzt im Crossover mit dem deutschen Schwergewichtsboxer Agit Kabayel.
"Ich fühle mich wohl in Stuttgart. Ich habe von Brighton nie richtig Wertschätzung bekommen über das Jahr, als ich weg war. Dass sich niemand gekümmert hat. Das hat mir einfach gezeigt: Stuttgart will mich unbedingt haben. Die lieben mich. Von Brighton kam ein Jahr nichts", erklärte Undav.
Deniz Undav will unbedingt beim VfB Stuttgart bleiben
Im Schwabenland (dort wurde der Döner Kebab möglicherweise erfunden, das ist aber eine andere Geschichte) schätzt Undav nicht nur sein Leibgericht Döner Kebab, sondern auch den Rückhalt und die Spielweise von der Mannschaft und Trainer Sebastian Hoeneß. Die Aussichten sind bestens: Champions League, Publikumsliebling, neuer Vertrag, der ihn sofort zum Topverdiener aufsteigen ließe.
Spieler und Klub sind sich längst einig. In Stuttgart könnte der 28-Jährige einen Vier-Jahresvertrag unterschreiben und drei Millionen Euro pro Jahr verdienen. Wenn Undav kommt, wird er definitiv der Rekordtransfer der Schwaben.
Wenn da nicht Brighton wäre. Der Premier League-Klub hat nun mal einen gültigen Vertrag (bis 2026) mit dem Angreifer. Die Kaufklausel des VfB konterten die Südengländer nach Saisonende mit einer Rück-Kaufklausel. Fußball im Jahr 2024.
Das Team vom deutschen Trainer Fabian Hürzeler hofft wohl, die Preisspirale weiter nach oben drehen zu können und den VfB in den Verhandlungen abzukochen. Auch wenn Undav Hürzeler im persönlichen Gespräch erklärte, dass er seine Zukunft nicht in Brighton sehe.
Der VfB soll Berichten zufolge ein letztes Angebot in Höhe von 25 bis 27 Millionen Euro plus Bonuszahlungen eingereicht haben – zu wenig für die Briten. Das Gesamtpaket mit Gehalt dürfte dann sogar bei über 50 Millionen Euro liegen.
Der Ball liegt bei Brighton. Intern will man beim VfB wohl noch bis zur Mitte der Woche warten, sich ansonsten aus den Verhandlungen zurückziehen.
VfB Stuttgart: Undav-Abgang wäre herber Verlust
Die Situation ist brisant. Verzockt sich der VfB in dem Undav-Poker, steht er in der Offensive komplett ohne den Rekordsturm der Vorsaison da. Serhou Guirassy zog es nach seinen 28 Ligatoren für relativ wenig Geld (18 Millionen wegen Ausstiegsklausel) zu Borussia Dortmund. Würde der Klub nun auch Undav verlieren, fehlen insgesamt 46 Tore und 12 Vorlagen. Und zwei Spieler, die von den Fans gefeiert und geschätzt wurden. Gerade der meinungsstarke Undav gilt als nahbarer Fan-Liebling. Sein Abgang dürfte als schwerer Verlust gewertet werden
Zwar ist ein neuer Stürmer mit Ermedin Demirovic (FC Augsburg) schon da, trotzdem muss der Vizemeister noch nachlegen. Langsam aber sicher geraten die VfB-Verantwortlichen Fabian Wohlgemuth und Alexander Wehrle etwas in Zeitnot. Falls der Undav-Deal platzt, muss schnell ein weiterer Ersatzmann her. Bis Ende August können die Vereine noch einkaufen.
Klar ist jetzt schon: Die Erwartungen an den neuen Mann wären riesig. Die Lücke von Guirassy/Undav gewaltig.
Ein Deal mit Risiko für den VfB Stuttgart
Auf der anderen Seite: Dass der VfB dermaßen viel Geld für einen Spieler in die Hand nimmt, ist durchaus ein Risiko. Trotz der Champions-League-Millionen und dem Erfolg in der vergangenen Saison ist der Klub finanziell nicht auf Rosen gebettet. Corona und Verbindlichkeiten aus der Vergangenheit hinterließen ihre Spure. 50 plus x Millionen Gesamtpaket für Undav sind durchaus ein Risiko und möglicherweise auch überteuert und über dem Marktwert.
Zumal Undav am Ende des Vertrags schon deutlich über 30 Jahre alt sein wird. Viele Fans der Schwaben kriegen bei solchen Summen daher mindestens leichtes Magengrummeln. Bei nicht wenigen dürfte die Erinnerungen an die Champions-League Falle der 2000er noch präsent sein.
Nach Erfolgen in der Liga blähte der Klub damals den Kader auf und brachte das Gehaltsgefüge ins Wanken, holte Transfer-Flops. Als es dann sportlich nach unten ging, geriet der ganze Verein ins Wanken. Am Ende stieg der VfB zweimal ab.
Gerade im Erfolg hat der VfB Stuttgart in der Vergangenheit das eine oder andere Mal kolossale Fehler gemacht.
Klar ist aber auch: Spielt Deniz Undav in der neuen Spielzeit so wie in der zurückliegenden, dann ist er die Millionen wohl auch Wert. Es ist wie so oft, eine Wette auf die Zukunft. Die Entscheidung naht.
Emmanuel Schneider