20.08.2024 13:47 Uhr

Wird der neue Kader zum BVB-Problem?

Nuri Sahin (M.) hat beim BVB aufgrund des großen Kaders aktuell die Qual der Wahl
Nuri Sahin (M.) hat beim BVB aufgrund des großen Kaders aktuell die Qual der Wahl

Borussia Dortmund greift am Samstag (18:30 Uhr) mit dem Kracher gegen Eintracht Frankfurt erstmals 2024/2025 ins Bundesliga-Geschehen ein. Rund um den Saisonstart gibt es beim BVB aber noch die ein oder andere Baustelle - auch im hochgelobten Kader.

  • BVB-Baustelle I: Kader ist noch nicht ausgeglichen

Einerseits hat Borussia Dortmund dem neuen Cheftrainer Nuri Sahin gleich mehrere Wünsche erfüllt und ihm neue Spieler zur Verfügung gestellt, die das Niveau merklich anheben sollen. Vor allem die Nationalspieler Pascal Groß, Maximilian Beier und Waldemar Anton gelten kurz vor dem Bundesliga-Start als Top-Einkäufe. Ob Serhou Guirassy seine Fabelsaison beim VfB Stuttgart noch einmal bestätigen und ob der brasilianische Außenverteidiger Yan Couto im neuen Umfeld Fuß fassen kann, bleibt indes abzuwarten.

Andererseits: Der BVB hat seine Hausaufgaben nur zur Hälfte gemacht, gleich mehrere Streichkandidaten stehen auch kurz vor dem ersten Saisonspiel noch im Kader - der mit 28 Spielern durchaus voll ist.

Zwar konnten Geschäftsführer Lars Ricken und Sportdirektor Sebastian Kehl kurz nach dem Guirassy-Deal den Abgang von Niclas Füllkrug verzeichnen und überdies einen satten Transfererlös erzielen. Seit der Verpflichtung von Beier müssen sich aber gleich zehn (!) Offensivakteure um die drei bis vier Positionen im Sturm streiten.

Heißt: Selbst im Falle eines Abschieds von Youssoufa Moukoko, dem ansonsten beim BVB die Tribüne droht, werden sich nicht wenige Spieler mit ihrem Reservistendasein abfinden müssen.

Eng wird es auch im Mittelfeld, seit Pascal Groß die Strippen zieht. Für Salih Özcan ist daher kein Platz mehr, der BVB hofft noch auf einen Abgang. Das Problem: Özcan selbst fühlt sich wohl in Dortmund - obwohl er es zuletzt ebenfalls nicht in den Kader geschafft hatte. Interessant zu beobachten wird zudem sein, wie Schwarz-Gelb mit den Leihrückkehrern Gio Reyna und Soumaila Coulibaly umgeht.

Sahin muss somit auch seine kommunikativen Fähigkeiten unter Beweis stellen, damit die Kadergröße nicht zu internen Querelen führt. Auffällig: Nach dem Pokalsieg gegen den 1. FC Phönix Lübeck (4:1) ließ er die Reservespieler in einem Geheimtest gegen Drittligist SC Verl antreten. Die 0:4-Klatsche dürfte ihm überhaupt nicht geschmeckt haben.

  • BVB-Baustelle II: Neue Hierarchie - Can muss sich steigern

Kaum war Nuri Sahin im Amt, hat er die unter seinem Vorgänger etablierte Hierarchie innerhalb der Mannschaft umgekrempelt. Zwar bleibt Emre Can Kapitän und erster Ansprechpartner, dessen Stellvertreter Gregor Kobel verlor sein Amt jedoch. Fortan ist Julian Brandt Vizekapitän beim BVB, Nummer drei ist Nico Schlotterbeck. Kobel ist nur noch im Mannschaftsrat vertreten, Marcel Sabitzer komplettiert die Führungsriege.

Eine zentrale Herausforderung in der Saison 2024/25: Das neue Quintett muss die alten Wortführer Marco Reus und Mats Hummels vergessen lassen, die die Kabine des BVB über Jahre entscheidend geprägt hatten. 

Größtes Augenmerk wird künftig wohl auf Kapitän Can liegen. Der 30-Jährige stand in der Vorsaison aufgrund schwankender Leistungen immer wieder in der Kritik, auf den EM-Zug sprang der Sechser nur noch wegen der Mandelentzündung von Aleksandar Pavlovic auf.

Auffällig im ersten Pflichtspiel: Gegen den Lübeck leistete sich Can erneut so manch einen Fehler im Spielaufbau. Gegen Eintracht Frankfurt muss er sich steigern, einen wackligen Kapitän kann sich kein Team erlauben.

  • Baustelle III: Pokalauftritt offenbart Schwächen

Über das Resultat und den Auftritt gegen den Viertligisten aus Lübeck zeigte sich Nuri Sahin im "Großen und Ganzen zufrieden", mit Ausnahme der "kleinen Phase" in der zweiten Halbzeit, in der die BVB-Defensive plötzlich mächtig wackelte. Die zweiten 45 Minuten endeten letztlich 1:1 - und hätte der Underdog statt der drei Aluminiumtreffer jeweils ins Tor getroffen, wäre es in die Verlängerung gegangen.

Vor allem kritisierte der Ex-Profi, dass seinen Spielern phasenweise die "Konzentration" abhanden ging. Zu viele leichte Ballverluste reihten sich in jener Phase aneinander, auch bei Standardsituationen verteidigte der BVB mitunter schläfrig.

Sahin, der in der 2. Halbzeit zudem fünf Mal wechselte, könne das Spiel aber richtig einordnen, hob er hervor: "Ich bin mir sicher, dass wir da gewesen wären, wenn es 0:0 gestanden hätte." Klar ist: Mit dem Bundesliga-Sechsten Eintracht Frankfurt reist ein ganz anderes Kaliber am Samstag zum BVB. "Frankfurt wird uns vor andere Aufgaben stellen, darauf werden wir uns vorbereiten", weiß auch Sahin.