Meinung: Bayern muss sich bei Kimmich mächtig strecken

Das erste Saison-Halbjahr 2024/2025 ist vorbei. Erste Gewinner und Verlierer in der Bundesliga sind gefunden, Tendenzen erkennbar. Zeit für einen Ausblick: Was ist für FC Bayern, BVB und Co. in der Rückserie drin, wie sicher sitzen die Trainer im Sattel? Drei steile Thesen - und die Meinung der sport.de-Redaktion.
These 1: Joshua Kimmich spielt 25/26 nicht mehr beim FC Bayern!
Heiko Lütkehus: Ganz im Gegenteil - Joshua Kimmich steigt zur kommenden Saison zum Bayern-Kapitän auf, und zwar unabhängig davon, ob Manuel Neuer weitermacht!
Unter Vincent Kompany ist Kimmich wieder Herz und Lunge der Mannschaft, da werden die Verantwortlichen zur Not die eine oder andere Million im Verhandlungspoker draufpacken.
Chris Rohdenburg: Alles nur Poker bei Kimmich! Der Mittelfeldspieler wird im nächsten Jahr 30 Jahre alt, hat vier kleine Kinder, eines davon ist noch nicht einmal ein Jahr alt. Dazu hat die Familie erst Anfang 2024 eine Villa im Münchner Süden bezogen. Die Zeichen stehen klar auf Verlängerung. Kimmich ist schon ein Gesicht des FC Bayern und bleibt es auch in der Zukunft.
Jannis Bartling: Ich bin mir ziemlich sicher, dass Joshua Kimmich seine Karriere nicht beim FC Bayern beenden wird. Dass es den deutschen Nationalspieler aber bereits nach dieser Spielzeit ins Ausland zieht, das halte ich für unrealistisch.
Meine These: Der 29-Jährige verlängert bis 2027, übernimmt ab 2026 als FCB-Kapitän und lässt nach einer weiteren Spielzeit sein Arbeitspapier an der Säbener Straße auslaufen.
Gerrit Kleiböhmer: Ein Selbstläufer wird die Vertragsverlängerung von Joshua Kimmich beim FC Bayern sicher nicht. Zu oft war in der jüngeren Vergangenheit die Qualität des DFB-Kapitäns auch von den Münchner Bossen angezweifelt worden, die Charme-Offensive der letzten Monate könnte letztlich zu spät kommen. "Die Vergangenheit spielt natürlich eine Rolle", hatte Kimmich schließlich nicht ohne Grund zuletzt hervorgehoben. Heißt: Der FC Bayern muss sich mächtig strecken.
Emmanuel Schneider: Der Poker zwischen Kimmich und Bayern kommt in die heiße Phase. Ein Abgang würde mich trotz der vielen Spekulationen überraschen. Ausschlaggebend wird sein, welchen Weg und Perspektiven ihm die Bayern-Bosse um Max Eberl aufzeigen können.
These 2: Nuri Sahin übersteht die Rückrunde beim BVB nicht!
Chris Rohdenburg: Es müsste schon vieles schiefgehen, dass Sahin die Saison beim BVB nicht übersteht. Klar, bislang ist die Borussia vor allem in der Liga weit unter den Erwartungen. Aber solange die Dortmunder in der Champions League weiter gut mitmischen und sich einigermaßen in der Nähe der Europacup-Ränge halten, werden die BVB-Bosse die Füße stillhalten. Denn ein weiterer Trainerwechsel würde auch arge Kratzer bei Sebastian Kehl, Lars Ricken und Co. hinterlassen.
Gerrit Kleiböhmer: Ja, die Wertschätzung für und das Vertrauen in Nuri Sahin ist beim BVB noch da. Aber auf gute Leistungen (wie gegen Bayern) folgen bislang einfach zu häufig schlechte (wie gegen Hoffenheim), die Leistungsschwankungen sind eklatant. Mein hot take: Die Borussia verliert bis März die direkte Königsklassen-Quali aus den Augen, dann kommt Edin Terzic zurück.
Emmanuel Schneider: Der BVB ist eine der größeren Enttäuschungen der bisherigen Hinserie. Trotz Verletzungsprobleme muss Dortmund mit diesem Kader weiter oben stehen. Schrammt der Klub an den Champions-League-Rängen vorbei, dürfte der BVB nach der Saison den nächsten Neustart wagen.
Jannis Bartling: Eine Entlassung von Nuri Sahin ist bereits zum Jahreswechsel längst überfällig. Die schwache Auswärtsbilanz ist einem Verein wie Borussia Dortmund unwürdig. Sahin hat seine Chancen als Cheftrainer bekommen. Wenn man das Minimalziel Champions-League-Qualifikation nicht gefährden will, gilt es zu handeln.
Es spricht wenig dafür, dass sich der BVB unter dem Ex-Profi in der Rückrunde weiterentwickelt. Spätestens im März sehen Ricken und Co. ein, dass das Experiment mit dem 36-Jährigen gescheitert ist.
Heiko Lütkehus: Das hängt nicht nur von den Ergebnissen, sondern auch von den Leistungen ab. In der Liga war der BVB schon erschreckend oft ziemlich bieder unterwegs, hat aber trotzdem hier und da noch gewonnen.
Ganz klar: Sahin kann wenig für die vielen Verletzten und Formschwachen, seinen spielerischen Stempel hat er der Mannschaft bisher aber nicht aufgedrückt. Das sieht man vor allem auswärts, wo fast nichts klappen wollte. Spätestens am Saisonende könnte für ihn Schluss sein.
These 3: Ein Überraschungsteam landet im Europacup!
Gerrit Kleiböhmer: Eine oder zwei Überraschungen gab es in den letzten Jahren immer, warum auch nicht in 2024/25? Kandidaten dafür gibt es genug, vor allem den VfL Wolfsburg. Die Hasenhüttl-Elf hat sich nach durchwachsenem Start gefunden, am Ende verdrängen die Wölfe ein Top-Team der Vorsaison, etwa den VfB Stuttgart. Den Schwaben wird der Kader-Umbruch im Sommer und der Sprung ins Haifischbecken Champions League zum Verhängnis.
Jannis Bartling: Das größte Überraschungspotential sehe ich bei Gladbach. Die Handschrift von Gerardo Seoane lässt sich nach nun 18 Monaten endlich erkennen. Im Sommer wurde gut eingekauft. Verstärken sich die Fohlen im Winter noch einmal geschickt auf ein oder zwei Positionen, dann kann die Qualifikation für die Europa League gelingen.
Heiko Lütkehus: Mainz 05, Werder Bremen, Borussia Mönchengladbach - einige Klubs, die man nicht unbedingt in der oberen Tabellenhälfte erwartet hätte, machen bis hierhin einen guten Job.
Am Ende sehe ich aber die üblichen Verdächtigen auf den ersten sechs Plätzen: Bayern, Leverkusen, Leipzig, Frankfurt, Stuttgart und Dortmund. Daneben wirkt Freiburg am stabilsten - der SC ist jedoch längst kein "Überraschungsteam" mehr.
Emmanuel Schneider: Womöglich reichen ja auch in dieser Saison wieder Rang sieben oder acht. So schaffte in der Vorsaison auch der 1. FC Heidenheim als Aufsteiger den Weg in die Conference League. Und Chancen auf diese hinteren Plätze gibt es für ein paar "Überraschungsteams" allemal, allen voran Mainz, Gladbach und Bremen. Die Top 6 dürften die favorisierten Klubs unter sich ausmachen.
Chris Rohdenburg: Kann ich mir nicht vorstellen. Dafür sind die üblichen Anwärter auf die Euro-Plätze über die Saison gesehen zu gut. Dass Außenseiter wie Mainz oder Werder sich oben halten können, ist durchaus realistisch. Dennoch werden die üblichen Verdächtigen und dazu Freiburg und der VfB das Rennen unter sich ausmachen. Und das ist nun wirklich nicht überraschend.