28.05.2025 19:27 Uhr

Zu diesem Transfer rät Helmer dem FC Bayern

Thomas Helmer sieht die Lage beim FC Bayern durchaus kritisch
Thomas Helmer sieht die Lage beim FC Bayern durchaus kritisch

Einst kickte Thomas Helmer selbst beim FC Bayern, heute gibt er als Experte seine Einschätzung zur Lage beim deutschen Rekordmeister ab.

Im Interview mit sport.de kommentierte Helmer die Absage von Florian Wirtz und verrät, auf welcher Position er das eingesparte Geld ausgeben würde.

Um Florian Wirtz und den FC Bayern gab es in den letzten Wochen zahlreiche Gerüchte, Münchner Zeitungen berichteten gar, dass der Nationalspieler schon Vorverträge unterschrieben habe. Nun gab es aber die große Kehrtwende, Wirtz steht wohl kurz vor einem Wechsel zum FC Liverpool. Wie hart trifft die Münchner die Wirtz-Absage?

Thomas Helmer: Die Bayern haben sich bei Wirtz ja recht weit aus dem Fenster gelehnt. Sie scheinen also eigentlich ein gutes Gefühl bei seinem Vater und Manager gehabt zu haben. Deswegen glaube ich schon, dass die Enttäuschung beim FC Bayern groß ist. Wirtz war das erklärte Ziel bis vor kurzem, bis das Thema Liverpool auftauchte. Bis dahin war es rund um andere Vereine und Florian Wirtz ja auch relativ ruhig. Da dürfte man bei Bayern schon ein bisschen enttäuscht gewesen sein. Aus den Gesprächen werden sie ein anderes Gefühl gehabt haben und sich dann darauf konzentriert haben, dass sie mit Leverkusen klarkommen müssen. Insgesamt kann man da schon von einer Enttäuschung sprechen.

Brauchen die Bayern Wirtz denn überhaupt, dadurch, dass mit Jamal Musiala schon ein ähnlicher Spielertyp zur Verfügung steht, hätte man ja ohnehin alles für Wirtz umstellen müssen?

Ich würde sagen, das wäre dann ein Luxusproblem gewesen (lacht). Klar, das System hätte man dann ändern müssen, im Grunde spielen Musiala und Wirtz ja ähnliche Positionen, das ist logisch. Aber ich glaube, das hätten sie hinbekommen. Die Sache ist: Wenn man den aus meiner Sicht besten deutschen Fußballer bekommen kann - und das war ja auch immer der Anspruch des FC Bayern, die Besten in Deutschland zu halten, in der Bundesliga - dann gibt es da gar keine große Diskussion.

Ist der nicht erfolgte Wunschtransfer dennoch sportlich verkraftbar?

Da bin ich mir nicht so ganz sicher. Es kommt natürlich vor allem darauf an, wie man die sportliche Ziele definiert. Was die Bundesliga angeht, reicht auch der aktuelle Kader ohne Wirtz. Möchte man allerdings die Champions League angreifen, wo am Samstag PSG und Inter in der Allianz Arena im Finale gegeneinander spielen (21 Uhr im sport.de-Live-Ticker) - machen wir uns nichts vor, das war ja das große erklärte Ziel des FC Bayern, da selbst dabei zu sein -, da bin ich mir nicht sicher, ob es für diese internationalen Ziele ohne Wirtz reichen wird. Mit Blick darauf hätte Florian den Bayern schon sehr gutgetan.

Gleichzeitig "sparen" die Bayern eine Menge Geld, von einem Paket aus Ablöse und Gehalt von mindestens 250 Millionen Euro war bei Wirtz die Rede. Wo könnten nun zumindest Teile des Geldes investiert werden, um andere Positionen zu stärken? 

Die Offensive ist insgesamt ganz gut aufgestellt. Aber auch da hat man ja noch die Hängepartie mit Leroy Sané, um ihn gab es ja auch eine Entwicklung, die keiner so erwartet hat. Bei den Außenstürmern ist man dennoch gut gerüstet. Kingsley Coman ist ja noch da, Serge Gnabry ist noch da, dazu Michael Olise, der derzeit der Beste ist. Dort haben sie ihre Möglichkeiten.

Für mich als ehemaliger Abwehrspieler geht der Blick aber natürlich immer nach hinten, und da ist bei Bayern schon Bedarf. Wobei ich auch über einen Backup für Harry Kane mal nachdenken würde. Auch wenn das extrem schwierig ist, das haben wir mit Robert Lewandowski damals ja so ähnlich auch schon gehabt. Wenn man einen unumstrittenen Neuner da vorne hat, muss man erst einmal jemanden finden, der ersten sehr gute Qualität mitbringt und bereits ist, die spezielle Rolle einzunehmen.

Aber ich sehe tatsächlich in der Defensive Bedarf: Ich weiß nicht, was mit Dayot Upamecano ist, da gibt es ja auch immer mal Gerüchte. Minjae Kim, der ja mal Fußballer des Jahres in Italien war, kommt mit der Spielweise der Bayern nicht so klar. Ich weiß auch nicht warum. Das war in Neapel noch anders. Da würde ich mir als Verantwortlicher schon Gedanken machen. 

Ist es denn ausreichend, dass Jonathan Tah hinzukommen wird? Eric Dier geht ja, bei Hiroki Ito gibt es viele Fragezeichen, wie er sich schlägt, wenn er wieder fit ist ...

Zu Dier: Schade, dass man immer erst so spät denkt: 'Mensch, vielleicht hätten wir ihn doch behalten sollen.' Er hatte aus meiner Sicht nicht das Gefühl der Wertschätzung. Dabei hat er ja immer funktioniert, wenn er gebraucht wurde, aber ihm das auch mitzuteilen, das hat man ein bisschen vernachlässigt. Nicht bewusst, sondern eher unbewusst. 

Bei Ito weiß ich auch noch nicht ... viele sagen, er ist der talentierteste Innenverteidiger, den sie haben. Das muss er aber auch erst noch zeigen. Vorher muss er aber auch erst einmal wieder gesund werden. 

Mit Tah hat man dann aber immerhin schon mal einen, der eine Bank sein sollte, als Nationalspieler und mit all den Erfahrungen bei Bayer Leverkusen. 

Eine Reihe davor gibt es Joao Palhinha, den sie als Sechser gekauft haben und der noch gar nicht in Erscheinung getreten ist, dazu Aleksandar Pavlovic, der es mit Krankheit und Verletzungen auch schwer hatte, da sollten jetzt nach und nach eigentlich noch ein paar kommen bei Bayern, die man bisher nicht immer zur Verfügung hatte. Aber einen, der in der Abwehr alle Positionen spielen kann, Außenverteidiger und auch in der Mitte, den gibt es ja nicht einfach so. 

Durch die anstehende Klub-WM dürfte immerhin noch die ein oder andere Million dazukommen, die investiert werden kann. Wie viel Geld gibt der FC Bayern im Sommer aus?

Das ist schwer zu sagen, einfach nur rausballern ergibt ja auch keinen Sinn. Keiner weiß, wie viel noch auf dem vielbesprochenen Festgeldkonto ist. Aber es ist sicherlich nicht mehr so gefüllt wie noch vor einigen Jahren.

Das Gespräch führte Chris Rohdenburg. Es fand in Kooperation mit "Beste Online Casino Nederland" statt.