15.03.2019 08:28 Uhr

Jann-Fiete Arp beim FC Bayern: Masterplan oder Fehler?

Jann-Fiete Arp ist beim HSV ein wenig in den Hintergrund gerückt
Jann-Fiete Arp ist beim HSV ein wenig in den Hintergrund gerückt

Mit Jann-Fiete Arp hat sich der FC Bayern einen der talentiertesten deutschen Stürmer überhaupt gesichert. Das HSV-Eigengewächs wechselt spätestens 2020 nach München. Doch Arps aktuelle Entwicklung in Hamburg wirft eine entscheidende Frage auf: Wie gut ist der Deal mit dem Fußball-Rekordmeister wirklich?

Der perfekte Karriereplan von Jann-Fiete Arp in drei Schritten. Erstens: Dem Hamburger SV trotz zahlreicher Angebote aus dem In- und Ausland auch beim schweren Bundesliga-Abstieg im vergangenen Sommer die Treue halten und endgültig zum Fanliebling mutieren.

Zweitens: Einen Wechsel zum FC Bayern vereinbaren, dem vermeintlich besten Klub Deutschlands und somit den Grundstein für eine große Karriere legen. Drittens: Selbst entscheiden, ob er im Sommer 2019 oder 2020 seinen Vierjahresvertrag in München unterzeichnet.

Der Masterplan von Jann-Fiete Arp ist ziemlich ausgeklügelt und rückt vor allem eines in den Vordergrund: Seine eigene Entwicklung. Zeit ist Geld, so die Devise. Zeit, die der dreifache U19-Nationalspieler aber auch dringend benötigt.

"Extrem gereizt": HSV-Talent Arp gibt Einblicke in sein Innenleben

Immerhin hatte er mit dem enormen Wirbel um seine Person in den letzten Monaten mächtig zu kämpfen."Ich weiß gar nicht, ob mich das Jahr 2018 sportlich so viel weitergebracht hat", so der Hamburger Jugendspieler des Jahres gegenüber dem Vereinsmagazin des Nordklubs kurz nach dem Jahreswechsel: "Ich habe mich darauf lange Zeit nicht richtig konzentrieren können."

Die "vergangenen zwölf Monate waren so intensiv wie 25 Jahre", blickte das Sturm-Juwel getrübt zurück. Ihm seien Dinge widerfahren, "die andere Menschen in 35 Jahren nicht erleben".

Nach dem historischen Abstieg mit dem HSV suchte Arp gar kurzerhand für ein paar Tage in Kanada das Weite: "Ich war extrem gereizt und unentspannt. Ich war zu der Zeit auch sehr leicht zum Heulen zu bringen. Dieser Situation zu entfliehen, war das Beste, was ich machen konnte."

Aussagen, die den extremen Druck und die Erwartungshaltung in der Hafenstadt verdeutlichen. Zurecht schottete der HSV das vermeintliche "Jahrhunderttalent" zeitweise von der Öffentlichkeit ab. Die Tragweite der Belastung auf das Sportliche wird allerdings erst mit einigen Monaten Abstand wirklich deutlich.

Noch kein Tor: Arp beim Hamburger SV nur Statist

Denn beim Hamburger SV läuft Jann-Fiete Arp in der laufenden Saison nur hinterher. Nach nunmehr 25 Spielen blickt der Stürmer auf die mickrige Bilanz von 14 Einsätzen (vier davon von Beginn an) und null Toren.

Die Hoffnung, dass der Youngster im Unterhaus den nächsten Schritt macht und die Rothosen zum direkten Wiederaufstieg schießt, sind längst dahin. Vielmehr tritt sein Konkurrent im Sturm, Pierre-Michel Lasogga, als Derbyheld und "König von St. Pauli" in Erscheinung. Mit zwölf Ligatoren ist er derzeit der beste HSV-Angreifer.

Laut Trainer Hannes Wolf liegt die Flaute seines jungen Schützlings zumindest nicht an der Einstellung. "Der Schlüssel ist, dass er so weiterarbeitet wie bisher." Arp brauche "ein Quäntchen mehr Glück", ein "leichtes Tor" könne den Knoten lösen.

Dennoch ist für die restliche Zweitligasaison nicht abzusehen, dass Arp im angestammten System mit nur einem Mittelstürmer doch noch großen Einfluss nehmen wird. Eine gute Vorbereitung auf die kommende Bundesliga-Spielzeit - sei es mit dem Hamburger SV oder mit dem FC Bayern - ist das nicht.

Trotz Kovac-Lob: Konkurrenz beim FC Bayern wird nur größer

Wenig vorstellbar außerdem, dass sich Jann-Fiete Arp daher schon in wenigen Wochen für einen baldigen Umzug nach München entscheidet. Obgleich die Bayern nach dem Abgang von Lewandowski-Backup Sandro Wagner noch eine Stelle im Kader frei haben: der Schritt vom Zweitliga-Reservisten zum Champions-League-Teilnehmer dürfte zu hoch sein.

FCB-Coach Niko Kovac, der nach eigener Aussage nicht am Arp-Deal beteiligt war, prophezeite dem künftigen Neuzugang dennoch eine große Zukunft. "Wenn wir uns in einigen Jahren wieder sprechen, gebe ich euch Brief und Siegel, dass er Nationalspieler ist." Arp sei ein "sehr guter Spieler", der Wechsel zu Bayern liege auf der Hand.

Und doch deutet zurzeit alles darauf hin, dass die Macher an der Säbener Straße im kommenden Sommer an noch größeren Transfers basteln. Nicht zuletzt Nationalspieler Timo Werner steht Medienberichten zufolge vor einem Wechsel in die bayrische Landeshauptstadt.

Dann, mit Blick auf noch größere Konkurrenz im Angriff, würde aus dem Masterplan schnell ein folgenschwerer Fehler werden. Noch bleibt Jann-Fiete Arp allerdings die so wichtige Zeit.

Gerrit Kleiböhmer