10.12.2021 18:19 Uhr

Zwei Endspiele: Schalkes brisante Woche der Wahrheit

Für den FC Schalke 04 steht bis zur Winterpause eine Menge auf dem Spiel
Für den FC Schalke 04 steht bis zur Winterpause eine Menge auf dem Spiel

Besinnliche Vorweihnachtszeit? Nicht in Gelsenkirchen: Der FC Schalke 04 droht noch vor der Winterpause den Anschluss an die Aufstiegsplätze zu verlieren. Auch die Finanzlage ist weiter kritisch.

Der Trainer schreit zu Hause im Wohnzimmer wieder seinen Fernseher an, das Torjägerduo schaut tatenlos auf der Tribüne zu - ohne sportliche Führung droht Schalke 04 im Kampf um den Bundesliga-Wiederaufstieg schon vor Weihnachten ein schwerer Rückschlag.

"Es ist wirklich eine Katastrophe für mich", klagte Dimitrios Grammozis vor dem letzten Heimspiel des Jahres am Freitag (ab 18:30 Uhr im LIVE-Ticker) gegen die Schalker Freunde vom 1. FC Nürnberg.

Der Coach ist nach seiner Corona-Infektion weiter in häuslicher Quarantäne, ein PCR-Test am Dienstag war erneut positiv, Co-Trainer Sven Piepenbrock muss seinen Chef wie schon beim 1:2 beim FC St. Pauli vertreten. Er "versuche, die Spieler am Bildschirm zu coachen", verriet Grammozis, doch die Anweisungen hört nur seine Familie.

FC Schalke in der Woche der Wahrheit ohne Kapitän und Top-Stürmer

Auf dem Platz fehlt die Führung ebenfalls: Neben Rekordtorjäger Simon Terodde fällt auch dessen Sturmpartner Marius Bülter erneut aus - wegen auffälliger Blutwerte müsse man "vorsichtig sein". Die beiden zeichneten für 18 der 29 Tore verantwortlich.

Kapitän Danny Latza kommt wegen einer Muskelverletzung in diesem Jahr nicht mehr zum Zug, auch der Einsatz des Mittelfeldspielers Dominick Drexler ist fraglich.

"Aber wir haben noch genug Jungs", behauptete Grammozis, der mit seiner Mannschaft bislang nur gegen ein Top-Ten-Team der Liga gewonnen hat.

Gegen Nürnberg und acht Tage später beim Hamburger SV hat Schalke im Zuge seiner Woche der Wahrheit noch zweimal die Chance dazu. Setzt sich die Serie dagegen fort, könnte der Abstand zu den Aufstiegsplätze von derzeit drei Punkten noch deutlich anwachsen.

Wintertransfers bei Schalke 04 fest eingeplant

Die jüngste Verletztenmisere offenbarte deutlich: Der aktuelle Kader reicht nicht für den Aufstieg. Deshalb will Sportdirektor Rouven Schröder in der Winterpause nachbessern. Er mache sich aber nicht nur "Gedanken über Verstärkungen", sagte Schröder, man werde auch "kritisch in den Kader blicken, wer performt hat und wer nicht".

Der Schalker Kader wird im Winter erneut umgebaut
Der Schalker Kader wird im Winter erneut umgebaut

Es sind auch Abgänge geplant. Damit könnten die finanziellen Möglichkeiten steigen, denn die wirtschaftliche Lage beim hoch verschuldeten Traditionsklub ist nach wie vor ernst.

Durch den späten Verkauf des US-Stürmers Matthew Hoppe im Sommer hat Schröder allerdings noch einen gewissen Spielraum. Gesucht wird vor allem ein Stürmer, der Torjäger Terodde unterstützen oder notfalls ersetzen kann.

Finanzielle Situation auf Schalke bleibt dramatisch

Dass mit den verschärften Corona-Maßnahmen die Zuschauerzahlen auf 15.000 reduziert wurden, trifft Schalke hart. "Das kostet bei jedem Spiel richtig Geld", sagte Finanzvorständin Christina Rühl-Hamers, "aber es bringt nichts zu jammern." Zwischenzeitlich waren wieder bis zu 55.000 Fans in die Arena geströmt.

Schalke hatte im ersten Halbjahr 2021 ein Minus von 21 Millionen Euro verbucht, die Gesamtverbindlichkeiten waren zur Jahresmitte auf 237 Millionen gestiegen.

Weil absehbar ist, dass 2023 die Mittel für die Rückzahlung einer Anleihe in Höhe von 34 Millionen Euro fehlen werden, hat der Klub die Ausgabe einer weiteren Anleihe in derselben Höhe angekündigt.

Die finanzielle Lage ist weiter ernst, auch wenn Rühl-Hamers für die laufende Saison mit 50 Prozent weniger Zuschauern geplant hat. Der Wiederaufstieg ist, so die Finanzchefin, "konservativ-realistisch" innerhalb der nächsten drei Jahre geplant. Früher würde sicher nicht schaden.

Vier bis sechs Punkte bis zur Winterpause Pflicht

Um das Ziel nicht schon im ersten Versuch frühzeitig aus den Augen zu verlieren, sind mindestens vier, besser aber sechs Punkte aus den Spielen gegen Nürnberg und den HSV im Grunde Pflicht.

Sollte sich die Spitzenspiel-Phobie der Knappen allerdings fortsetzen, droht dem FC Schalke ein ungemütlicher Winter, neuerliche Diskussionen um den weiter zum Zuschauen verdammten Dimitrios Grammozis wären ohne Kontakt zur Spitzengruppe kaum zu vermeiden.

Durchaus vorstellbar, dass die Stimmung in der Führungsebene in diesem Falle kippt und der ohnehin nie unumstrittene Trainer zum Jahreswechsel abgesägt wird. Keine Frage - für Grammozis geht es in Schalkes brisanter Woche der Wahrheit um alles.

Heiko Lütkehus (mit "AFP"-Material)