15.06.2022 19:51 Uhr

Das sind die Verlierer des Länderspiel-Viererpacks

Leroy Sané enttäuschte Hansi Flick in den vergangenen Länderspielen
Leroy Sané enttäuschte Hansi Flick in den vergangenen Länderspielen

Gegen Italien feierte die DFB-Elf beim 5:2 einen versöhnlichen Abschied in die Sommerpause. Dennoch dürften sich ein paar Spieler als Verlierer der Länderspielreihe fühlen.

Eine Reaktion war gefordert worden - und sie kam. Nach den enttäuschenden Ergebnissen und mageren Leistungen in den ersten drei Spielen der UEFA Nations League hatte Bundestrainer Hansi Flick von einem "Rückschritt" und "fehlender Überzeugung" gesprochen.

Das 5:2 über Italien, gleichbedeutend mit einem der höchsten Länderspielsiege gegen den ewigen Rivalen, gab einerseits Aufschluss darüber, wer sein WM-Ticket fast sicher hat. Andererseits, welche Spieler zulegen müssen und als Verlierer der Juni-Länderspiele in die Sommerpause gehen.

  • Leroy Sané (FC Bayern)

Bereits in der Rückrunde beim FC Bayern hatte der Ausnahmekönner mit starken Leistungsschwankungen zu kämpfen. Mit diesem Eindruck ging Sané in die Länderspiele und bestätigte seine Schaffenskrise.


Mehr dazu: Das DFB-Zeugnis für die Länderspiele


Er müsse sich selbst daraus kämpfen, hatte DFB-Direktor Oliver Bierhoff vor dem Italien-Spiel gar öffentlich gefordert. Sané erhielt 90 Minuten die Chance dazu, doch seine aktuelle Form war nicht nur an seiner Körpersprache ablesbar.

Mit einer Passquote von nur 71 Prozent hatte er den schwächsten Wert aller deutschen Spieler und verzeichnete die meisten Ballverluste aller Spieler auf dem Platz (20). Sein fehlendes Zutrauen drückte sich in allen Partien vor allem vor dem gegnerischen Tor aus: In den 156 Minuten Einsatzzeit in der Nations League brachte der 26-Jährige nur einen Schuss auf das Tor und hatte lediglich zwei Ballaktionen im gegnerischen Sechzehner. Eine mehr als ernüchternde Ausbeute.

Schon vor vier Jahren hatte Leroy Sané die WM in Russland verpasst, weil Joachim Löw fehlende Reife bemängelte. Dieses Schicksal dürfte ihm zwar mit Blick auf die WM in Katar erspart bleiben, allerdings droht ihm in seiner aktuellen Form ein Stammplatz auf der Bank.

  • Nico Schlotterbeck (SC Freiburg, ab 07/22 BVB)

Der Neu-Dortmunder hat definitiv die Anlagen, einer der prägenden Defensivspieler im DFB-Trikot in den kommenden Jahren zu werden. Starke Momente, wie zum Beispiel die Vorlage für Jonas Hofmann gegen Ungarn, wechseln sich jedoch zu häufig mit unnötigen Fehlpässen oder ungeschicktem Zweikampfverhalten ab.

In seiner noch sehr jungen DFB-Karriere verschuldete er bereits zwei Elfmeter (im Testspiel gegen Israel und in der Nations League gegen England) und handelte sich eine Gelb-Sperre für die Partie gegen Italien ein. 

Zwar ist Schlotterbeck mit rund 79 Prozent gewonnener Duelle der beste Zweikämpfer im deutschen Team. Doch in entscheidenden Momenten trifft der 22-Jährige zu häufig falsche Entscheidungen. Das kann bei einer WM-Endrunde fatal sein. Beim BVB kann Schlotterbeck in der kommenden Saison neben Niklas Süle zeigen, ob er schon reif für einen WM-Startplatz ist.

  • Kai Havertz (FC Chelsea)

Der Mann vom FC Chelsea ist einer von Flicks favorisierten Optionen im Sturmzentrum. Dass seine Torgefährlichkeit auf dieser Position zum Tragen kommt, bewies er ein ums andere Mal - ob in der Nationalmannschaft (8 Tore in 28 Länderspielen) oder bei den Blues in der Premier League.

Seine Wunschposition ist es aber sicher nicht. Havertz' Problem ist, dass er zwar variabel ist, sich aber weder im Zentrum noch auf den Außen unverzichtbar gemacht hat.

In der Nations League blieb er erschreckend blass (vier Abschlüsse, keine Torbeteiligung), startete gegen England im Sturmzentrum und in Ungarn als Zehner hinter Sturmspitze Timo Werner. Flick überzeugte er anscheinend nicht, beim 5:2 gegen Italien saß er 90 Minuten auf der Bank. Das passierte ihm letztmals im September 2020. 

  • Leon Goretzka (FC Bayern)

Leon Goretzka fiel in der vergangenen Rückrunde lange Zeit mit einer Hüftverletzung aus und befindet sich noch nicht wieder in Topform. So zumindest der Eindruck aus den Nations-League-Spielen.

Seine Stärke als Box-to-Box-Spieler immer wieder für Gefahr im gegnerischen Strafraum zu sorgen, konnte er nicht wie gewohnt ausspielen. Er sammelte in drei Einsätzen lediglich zwei Ballaktionen im gegnerischen Sechzehner und präsentierte sich mit nur 47 Prozent erfolgreichen Duellen ungewohnt zweikampfschwach.

Gegen Italien bekam Ilkay Gündogan den Vorzug und traf per Elfmeter, Goretzka schmorte 90 Minuten auf der Bank. Ein Fingerzeig, dass sich Goretzka derzeit hinter Gündogan und Vereinskollege Kimmich einreihen muss.

  • Karim Adeyemi (RB Salzburg, ab 07/22 BVB)

Vor nicht allzu langer Zeit feierte Karim Adeyemi ein Traumdebüt im Nationaltrikot: Am 5. September 2021 erzielte der Neu-Dortmunder, der im Sommer von RB Salzburg ins Ruhrgebiet wechselt, in seinem ersten Länderspiel gleich sein erstes Tor und setzte bei weiteren Kurzeinsätzen im Rahmen der WM-Qualifikation immer wieder Akzente.

Der 20-Jährige scheint allerdings etwas von seiner Unbekümmertheit verloren zu haben, Hansi Flick konnte er im Training nicht überzeugen. Nur fünf Minuten Einsatzzeit bekam er in den vier Länderspielen im Juni.

Auf der Pressekonferenz sagte der Bundestrainer obendrein, dass er Wolfsburgs Lukas Nmecha "einen Tick weiter vorne" sehe und fügte hinzu: "Es ist wichtig, dass Karim den nächsten Schritt macht." Diesen muss Adeyemi nun in der Bundesliga beim BVB machen, um in der Hierarchie wieder nach oben zu kommen. 

Lars Wiedemann