Warum es beim BVB derzeit so unruhig ist

Die sportliche Ausbeute in der Bundesliga ist durchwachsen, die Spekulationen um Differenzen zwischen den Verantwortlichen reißen nicht ab: Bei Borussia Dortmund herrscht Unruhe vor dem kniffligen Achtelfinalspiel im DFB-Pokal beim VfB Stuttgart am Mittwoch (20:30 Uhr). Die Chefetage geht auf Maulwurfsjagd - und zieht personelle Konsequenzen.
Diese Frage gefiel Borussia Dortmunds Pressesprecher Sven Westerschulze gar nicht. "Wir sprechen hier über den aktuellen Kader. Alle Themen, die darüber hinaus gehen, besprechen wir heute nicht", bügelte er die Wortmeldung eines Reporters auf der BVB-Pressekonferenz am Dienstag vor dem Pokalspiel in Stuttgart ab.
Der "Bild"-Journalist hatte von Trainer Edin Terzic eine Einschätzung zur Personalie Slaven Stanic erbeten - ausgerechnet von Terzic also, der mit dem zu diesem Zeitpunkt noch im Amt befindlichen Koordinator Sport des BVB schwer über Kreuz gelegen haben soll.
Stanic, der erst im Mai von Sportdirektor Sebastian Kehl eingestellt worden war, hatte nach dem Champions-League-Heimspiel gegen die AC Milan (0:0) im Oktober in einer Loge des Signal Iduna Parks über Terzic gelästert, berichteten mehrere Medien übereinstimmend.
Ein Bekannter Terzics bekam die Verbalattacke demnach mit. Auch die Geschäftsführung habe Notiz von dem Vorfall genommen, hieß es.
BVB: Aki Watzke dementiert "Dissens"
Während sich BVB-Boss Hans-Joachim Watzke in einem am Sonntag veröffentlichten Interview mit den "Ruhr Nachrichten" nicht zu Stanic äußern wollte und auf "zu wenig Berührungspunkte" mit dem Ex-Profi verwies, sickerte tags darauf durch, der Klub habe bereits den Rauswurf des 49-Jährigen beschlossen.
Am Dienstag, nur rund anderthalb Stunden nachdem Terzic die Nachfrage zu dem Thema nicht beantworten durfte, bestätigte der BVB die Trennung von Stanic. Diese sei "einvernehmlich" erfolgt, hieß es in der Vereinsmitteilung. Man gehe "im Guten auseinander", erklärte Kehl.
Glaubt man den "Ruhr Nachrichten", sei in Dortmund aber zu hören, der Ex-Mitarbeiter habe "wenig Konstruktives" zum Teamerfolg beigetragen. Stanics Gedanken und Ideen hätten nicht zum BVB gepasst, schrieb das gewöhnlich gut informierte Blatt.
Mit der Trennung von Stanic befriedete die Klub-Führung zwar einen lange schwelenden und zuletzt auflodernden Unruheherd.
Die viel schwerer wiegenden Gerüchte um Konflikte zwischen Terzic und Kehl stehen aber weiterhin im Raum, auch wenn Watzke erklärte, das Verhältnis der beiden sei "völlig ok" und es gebe "keinen Dissens".
Zwei Lager in der BVB-Führung?
Die extrem enge Beziehung des Unternehmers aus dem Sauerland zu Terzic soll ein Nährboden der Probleme sein.
Watzke, der Cheftrainer sowie Berater Matthias Sammer stünden laut "Sky" auf der einen, Kehl dagegen relativ einsam auf der anderen Seite eines Grabens, der offenbar die BVB-Führung durchzieht.
Auch deshalb habe sich Kehl mit Stanic sowie Daniel Beiderbeck, dem Head of Projects and Development, zwei Assistenten und Mitstreiter an seine Seite geholt - ein Schachzug, der letztlich nach hinten losging und die Position des Sportdirektors nicht gestärkt haben dürfte.
Immerhin: Nachdem es im Sommer rund um Transfer-Themen und die Ernennung von Emre Can zum Kapitän angeblich ordentlich krachte zwischen Kehl und Terzic, sollen sich die beiden zuletzt wieder angenähert haben. Wie belastbar der Burgfrieden beim BVB wirklich ist, wird aber die Zeit zeigen müssen.
Abzuwarten bleibt zudem, ob mit dem Stanic-Aus die Flut der aus dem Klub nach außen dringenden Interna eingedämmt werden kann.
Das Informationsleck hatte beim BVB zusätzlich für Missstimmung gesorgt. "Das gab es hier früher nicht", sagte Watzke und kündigte eine Maulwurfsjagd an: "Der Sache gehen wir auf den Grund."
Tobias Knoop