16.04.2025 17:52 Uhr

Das gefährliche Beinahe-Wunder des BVB

Der BVB zeigte gegen den FC Barcelona einmal mehr sein Champions-League-Gesicht
Der BVB zeigte gegen den FC Barcelona einmal mehr sein Champions-League-Gesicht

Den 2025 bis dato unbezwungenen FC Barcelona teilweise an die Gelbe Wand gespielt, den Glauben an das "größte Fußballwunder der Geschichte von Borussia Dortmund" (O-Ton: Sportchef Lars Ricken) über 90 Minuten am Leben erhalten und einmal mehr bewiesen, dass man auf europäischer Bühne im Konzert der ganz großen mitspielen kann. Der BVB hat sich am Dienstagabend mit sehr erhobenem Haupt aus der Champions League verabschiedet. Ein Umstand, der durchaus gefährlich ist.

Am Dienstagabend strahlte das berühmte Champions-League-Gesicht des BVB einmal mehr mit den Flutlichtern im Signal Iduna Park um die Wette.

Mit dem 0:4-Debakel aus dem Hinspiel im Rücken und dem scheinbar unschlagbaren Starensemble aus Barcelona um den personifizierten BVB-Nemesis Robert Lewandowski, Rekordjäger Raphinha und dem vermeintlich zukünftigen Weltfußballer Lamine Yamal vor der Brust, zeigten sich die 2024/25 vielgescholtenen BVB-Stars von ihrer allerbesten Seite: Karim Adeyemi und Co. fighteten um jeden Meter, gaben keinen Ball verloren und spielten ganz nebenbei einen Fußball der Marke "ganz feines Füßchen".

Sogar das Undenkbare, das Mega-Comeback gegen Barca, lag in der Luft. Selbst als ein Eigentor von Ramy Bensebaini die Stimmung merklich dämpfte, schüttelte sich der BVB nur kurz - und drückte wieder mutig auf die Tube.

Über den zahlreichen Lobeshymnen der europäischen Gazetten, der Gala gegen Barca, dem Dreierpack von Serhou Guirassy und dem Spektakel auf dem Weg zum Beinahe-Wunder, schwebt allerdings eine unangenehme Frage: warum nicht immer so?

Ein "Weiter so" beim BVB darf es nicht geben

Denn im Gleichschritt mit dem tollen Ausscheiden pirscht sich die Gefahr eines "Weiter so" heran. 2023/24 übertünchte der sensationelle Einzug ins Finale der Champions League bereits, dass es im Liga-Alltag keineswegs rund lief, 2024/25 präsentierte sich der BVB im Brot-und-Wasser-Geschäft des Fußballs über weiter Strecken noch lust- und ideenloser.

Dass man als ernüchternder Tabellenachter im Liga-Endspurt gewaltig darum zittern muss, überhaupt noch auf einen Platz vorzustoßen, der zur Teilnahme am europäischen Wettbewerb berechtigt, ist keineswegs eine Verkettung unglücklicher Ereignisse. Nein, der BVB hat sich seinen grauen Mittelfeldrang verdient.

Dass der BVB die europäischen Fußball-Abende im kommenden Jahr von der Couch aus verfolgt, ist alles andere als unwahrscheinlich, dass man die Champions League verpasst, eine sehr reale Gefahr - und auch das schöne Champions-League-Antlitz kann diese Gefahr nicht weglächeln.

Lars Ricken, Sebastian Kehl und Co. sind aufgerufen, ein hungriges Team auf die Beine zu stellen, das nicht nur im ganz großen Rampenlicht aufblüht, sondern auch an kalten Abenden auf St. Pauli, in Bochum oder Heidenheim bereit ist, jedem Ball nachzusetzen. 

Denn zur brutalen Wahrheit gehört auch: Das allerschönste Champions-League-Gesicht ist schlicht wertlos, wenn man sich nicht für die europäische Königsklasse qualifiziert.