16.06.2016 11:35 Uhr

Reaktion nach Landung in der Realität

Julian Baumgartlinger und Christian Fuchs beginnen mit der Aufarbeitung
Julian Baumgartlinger und Christian Fuchs beginnen mit der Aufarbeitung

Bis zum Anpfiff am Samstag (ab 21:00 Uhr im weltfussball-Liveticker) in Paris gegen Portugal herrscht im ÖFB-Team wieder die Zeit der Worte. Doch gefragt sind Taten auf dem Platz. Eine Reaktion nach der bitteren EM-Landung in der Realität. Die 0:2-Niederlage im Auftaktspiel gegen Ungarn wird für Österreichs Nationalmannschaft zur Nagelprobe.

Die Rückkehr von Bordeaux nach Mallemort wurde von zwei bitteren Ausfällen für die nächste Partie begleitet: Die Sperre für Aleksandar Dragović war bereits nach seiner Gelb-Roten Karte gegen die Magyaren fix, seit Mittwochabend steht nun auch das Fehlen von Zlatko Junuzović fest. Ein Teilriss des Außenbandes im rechten Knöchel lässt seinen Einsatz nicht zu.
>> Österreich gegen Portugal ohne Junuzović

Teamchef Marcel Koller ist damit zumindest zu zwei Umstellungen gezwungen. Ohnehin schon eine kleine Revolution für seine Verhältnisse, da der Schweizer ein Freund von Konstanz ist und im Normalfall strikt an der eingespielten Elf festhält.

"Keiner wird mehr mit Pauken und Trompeten in unser Pressing reinlaufen"

Aber neben personellen Änderungen wird die wichtigste Thematik sein, ob Österreich gegen Portugal auch eine andere Mentalität zeigen kann. Einige Spieler schienen vom Widerstand der Ungarn überrascht zu sein. Ein Gegner, der nicht nur dagegen hielt sondern mit Härte dem ÖFB-Team auch die Schneid abkaufte. Eine am Ende siegreiche Mannschaft war bereit für einen großen Kampf, eine beim Schlusspfiff unterlegene wirkte hingegen zunehmend ratlos.

Julian Baumgartlinger erschien am Tag nach der Pleite in Mallemort in der Mixed Zone und stellte sich allen Fragen. Er zog auch beim Spiel nie zurück, lief wie aufgedreht und präsentierte sich in jener starken Form, die man vom Mittelfeldmotor kennt. "Wir sind jetzt in der Realität angekommen", hatte Baumgartlinger direkt nach der Schlappe gemeint. Mit ein wenig Abstand hörte sich seine Analyse dann so an: "Wir sind mit einer Niederlage in die Europameisterschaft gestartet. Aber wir haben noch zwei Spiele, die wir gewinnen wollen, damit das Turnier weitergeht."

Gegen die Portugiesen mit Superstar Cristiano Ronaldo wird sich das ÖFB-Team keine Favoritenrolle mehr aufschwatzen lassen. Die Erwartungshaltung eines Pflichtsiegs gegen Ungarn wurde zur bleischweren Weste: "Wir haben gewusst wie schwer es wird und sicher niemand unterschätzt. Aber der große Unterschied war, dass der Gegner seinen Matchplan voll durchgezogen hat. Eine Mannschaft hat ihre Fähigkeiten umgesetzt, wir sind hingegen unter unseren Möglichkeiten geblieben."

Durch die starke EM-Qualifikation hatte sich Österreich einen Namen gemacht. Die ungeschlagene Serie mit einem Remis und neun folgenden Siegen war natürlich auch von den Scouts der EM-Kontrahenten genau registriert worden. "Keiner wird mehr mir Pauken und Trompeten in unser Pressing reinlaufen", wusste Baumgartlinger. "Doch wir hatten auch gegen Ungarn unsere Chancen, jetzt müssen wir an unserer Effizienz arbeiten."

"Flow" ist nicht verloren, "Flo" spielt hinten rechts

Andere ÖFB-Spieler, die schon auf dem Platz nicht unbedingt den Ernst der Lage erkannt hatten, präsentierten sich beim Medientermin zunächst betont locker. Martin Harnik kam aber im Laufe der Fragen leicht ins Schwitzen. Seine Schweißtropfen auf der Stirn wurden nicht weniger, als er gestand, dass sein Auftritt gegen Ungarn "nicht meine beste Leistung und sicher nicht mein Anspruch ist."

"Wo ist der 'Flow' der erfolgreichen EM-Qualifikation verloren gegangen?", wollte man von Marc Janko wissen. "Der Flo spielt bei uns hinten rechts", lautete die Antwort des Sturmtanks. Eine verbale Treffsicherheit die man sich eher im Strafraum gewünscht hätte. "Wir wissen dass wir es können, jetzt müssen wir es 'nur' mehr abrufen." Laut dem Ex-Portugal-Legionär soll dies mit der "Wut im Bauch" gelingen.

Es ist wieder die Zeit der Worte. Viel mehr gefragt sind nun aber Taten. Am Samstag ab 21:00 Uhr in Paris von elf ÖFB-Teamspielern.

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Christian Tragschitz, weltfussball.at aus Mallemort