24.08.2018 13:07 Uhr

"Weltklasse!" Süle als neue Galionsfigur beim FC Bayern

Niklas Süle ist in der kommenden Saison beim FCB gesetzt
Niklas Süle ist in der kommenden Saison beim FCB gesetzt

Zum Auftakt der Fußball-Bundesliga trifft Niklas Süle mit dem FC Bayern am Freitag (ab 20:30 Uhr) auf seinen Ex-Verein TSG 1899 Hoffenheim. Der Verteidiger hat in München seinen kometenhaften Aufstieg fortgesetzt und könnte in der kommenden Saison das Gesicht einer neuen Generation im deutschen Fußball werden.

"Es gibt natürlich Spieler, an denen man sich orientiert, bei mir vor allem Jérôme Boateng. Er ist schon derjenige, zu dem ich aufschaue", antwortete Süle noch vor zwei Jahren auf die Frage nach seinen Vorbildern. Doch bereits jetzt, nach nur einem Jahr im FCB-Dress, scheint der Youngster sein einstiges Idol abgehängt zu haben.

Neu-Bayern-Trainer Niko Kovac erklärte den gebürtigen Frankfurter vor dem Saisonstart laut "Bild"-Informationen zum neuen Chef in der Abwehrkette. Das über Jahre hinweg in München und der Nationalmannschaft unantastbare Weltmeister-Duo Mats Hummels / Jérôme Boateng wäre gesprengt.

Die arrivierten Kräfte duellieren sich demzufolge nur noch um den Platz neben dem gebürtigen Frankfurter. Auch wenn der Coach jüngst betone, "über drei Weltklasse-Verteidiger" zu verfügen, scheint eine Wachablösung in Bayerns Abwehr-Hierarchie vollzogen. 

"Schnelligkeit" als entscheidender Trumpf

Kovac setzt beim deutschen Rekordmeister künftig vor allem auf Geschwindigkeit. "Ohne Geschwindigkeit bringt Ballbesitz heutzutage nicht mehr viel. Und wenn die Spieler im Laufe der Endlos-Kombinationen auch noch weit vorrücken, wird der Ballbesitzfußball sogar gefährlich, weil bei Ballverlust so viele Räume für den Gegner zum Kontern entstehen", resümierte der Kroate in der "FAZ" seine Vorstellung vom modernen Fußball. Das Umschaltspiel zwischen Defensive und Offensive stehe und falle mit "Schnelligkeit".

Ein Attribut, das Süle trotz seiner üppigen Körperstatur von 1,95 Meter bei satten 97 Kilo Kampfgewicht seinen erfahrenen Kollegen in der Innenverteidigung voraushat. 

Konkurrent Boateng hat nach zahlreichen Verletzungen in der Vergangenheit sichtlich an Tempospiel eingebüßt. Erst die Zukunft wird zeigen, ob der 29-Jährige überhaupt wieder an seine früheren Sprint-Qualitäten anknüpfen kann. Zudem ist auch ein Verkauf des Triple-Gewinners von 2013 in München noch immer nicht vom Tisch.

Reifeprüfung gegen CR7

Hummels, der zweite Zurückgefallene, war ohnehin noch nie für seine hohe Endgeschwindigkeit bekannt. Der bisherige Abwehrchef überzeugt viel mehr mit einem starken Spielaufbau und seinem ausgeprägten Antizipationsvermögen in der Defensive.

Senkrechtstarter Süle dagegen stellte seine Schnelligkeit besonders deutlich in der vergangenen Saison beim Champions-League-Halbfinal-Rückspiel gegen Real Madrid zur Schau. In Vertretung des verletzten Boateng legte der gerade 22-Jährige im direkten Duell mit Cristiano Ronaldo seine Reifeprüfung im FCB-Dress ab. Der fünffache Weltfußballer war gegen den Newcomer komplett abgemeldet.

Im Eins-gegen-eins mit dem jungen Verteidiger, der aufgrund seiner kantigen Erscheinung vom Boulevard den Spitznamen "Kühlschrank" verpasst bekam, sah der Portugiese meist nur die Rücklichter. Zudem schaltete sich der vermutlich "schnellste Kühlschrank der Welt" auch in die Offensive ein. Seine Flanke leitete den 2:2-Ausgleich von James ein, der allerdings nicht zum Weiterkommen reichte.

Heynckes prophezeit "Weltklasse"

Überhaupt weiß der Abwehrspieler, im Gegensatz zu seiner oft etwas unbeweglich wirkende Art, auch mit dem Ball am Fuß zu überzeugen. Ex-Bayern-Trainer und Süle-Förderer Jupp Heynckes ließ die Abwehrkante in der vergangenen Spielzeit daher sogar kurzzeitig ins defensive Mittelfeld reinschnuppern.

Zudem verfügt Süle über ein starkes Stellungsspiel, durch das er viele brenzlige Situationen frühzeitig und in sehr hoher Prozentzahl ohne Foulspiel löst. In der Konsequenz sah der Innenverteidiger in 43 Spielen für den FC Bayern erst eine einzige gelbe Karte. Überhastete Tacklings, wie zu Anfang seiner Karriere, hat der versierte Defensivmann fast vollends aus seinem Repertoire gestrichen.

Angesichts dieser Qualitäten geriet Heynckes in diesem April ins Schwärmen. "Wenn ich Süle sehe, der wird ein super Spieler, Weltklasse und in ein paar Jahren der begehrteste Innenverteidiger im europäischen Fußball", prophezeite der 72-Jährige im "kicker".

Gesicht eines Neuanfangs

Schon vier Monate später, scheint sich die Prognose bewahrheitet zu haben. Süle ist beim Deutschen Meister in Windeseile gereift. Etwaige Nachlässigkeiten bei der Ernährung, die in Hoffenheim noch auf das Gewicht schlugen, gehören der Vergangenheit an. 

Mit Namen wie Serge Gnabry und Kingsley Coman steht der 22-Jährige an der Säbener Straße für einen neuen Jahrgang, der die glorreiche Triple-Generation um Boateng, Robben und Ribéry endgültig ablösen könnte.

In diesem Zusammenhang ist auch eine Neuordnung in der deutschen Nationalmannschaft unausweichlich. Als Innenverteidiger Nummer eins beim Branchenprimus, kommt Bundestrainer Joachim Löw nach dem WM-Debakel kaum am Ex-Hoffenheimer vorbei.

So könnte ausgerechnet ein Abwehrspieler mit der hünenhaften Gestalt eines Kühlschranks zur Galionsfigur eines Neuanfangs im deutschen Fußball werden.

Falk Velten