02.05.2018 12:56 Uhr

Karius in Liverpool: Erfolgsgarant ohne Jobgarantie

Loris Karius steht mit Liverpool vor dem Einzug ins Champions-League-Finale.
Loris Karius steht mit Liverpool vor dem Einzug ins Champions-League-Finale.

Am Wochenende blieb Loris Karius in seinem 29. Pflichtspiel der Saison zum 15. Mal ohne Gegentor. Der 24-Jährige spielt mehr als die Hälfte seiner Partien zu Null, ist längst Jürgen Klopps klare Nummer eins und statistisch betrachtet der beste Torhüter der Champions League. Dennoch ist der Schlussmann an der Anfield Road nicht unumstritten.

"Ich lebe meinen Traum in Liverpool. Es ist perfekt. Die Reise ist noch nicht beendet", sagte Lorius Karius dem "Liverpool-Echo" schon vor dem Hinspiel des Champions-League-Halbfinales gegen die AS Roma. Nach dem 5:2-Erfolg der Engländer sieht es so aus, als ginge auch die Reise der Reds bald weiter.

Einen "faden Beigeschmack" hatten für Karius lediglich die beiden späten Gegentreffer. "Die zwei Tore waren unnötig", stellte der ehemalige Mainzer bei "Sky" hinterher ein wenig zerknirscht klar. Ihn selbst traf dabei allerdings keine Schuld. Karius spielte auch gegen die Roma beinahe fehlerfrei. Lediglich sein Wackler im ersten Durchgang sorgte für Nervenkitzel, als er einen Schuss von Kolarov durchrutschen ließ. Ein Fehler, der unbestraft blieb.

Vom "Flutschfinger" zum großen Rückhalt

Das war beim 24-Jährigen längst nicht immer so. In seiner Bundesligazeit beim FSV Mainz 05 trat Loris Karius zunächst vor allem durch Trainingsfaulheit und Kapriolen abseits des Platzes in Erscheinung, bevor ihm Thomas Tuchel zum sportlichen Durchbruch verhalf.

2016 ging es für den zeitweise bei Manchester City ausgebildeten gebürtigen Schwaben nach konstant starken Leistungen in Mainz zurück auf die Insel. Der Start beim FC Liverpool war allerdings mehr als holprig. Im ersten Jahr musste Karius mit einem Handbruch lange aussetzen und leistete sich zudem einige grobe Patzer.

Mehrfach kosteten Fehler des deutschen Torhüters dem LFC wichtige Zähler. Manche Liverpooler Urgesteine und die britische Yellow Press waren danach nicht gerade zimperlich mit Karius, der Ende des Jahres in England als "Flutschfinger" oder "Katastrophen-Torwart" verschrien war.

Die laufende Spielzeit begann Jürgen Klopp schließlich mit einer strikten Arbeitsteilung: Während Karius nur in der Champions League ran durfte, hütete in der Premier League der Belgier Simon Mignolet den Kasten. Nachdem Karius international mit drei Zu-Null-Spielen überzeugt hatte, machte Klopp seinen Landsmann zu Jahresbeginn auch in der Liga zur Nummer eins. Seit Januar hat der Deutsche sämtliche Spiele für Liverpool bestritten.

Selbstbewusst, athletisch und stark am Ball

Mittlerweile hat Loris Karius in der Königsklasse gar sechsmal nicht hinter sich greifen müssen und ist statistisch gesehen der beste Keeper der Champions League.

Vor allem physisch hat der ehemals schlaksige 1,89-Meter-Mann zugelegt. "Loris ist viel athletischer geworden, wirkt körperlich noch stabiler und hat an Masse zugelegt", so Stephan Kuhnert, Karius' Torwarttrainer aus Mainzer Tagen, mit dem er noch immer häufig im Kontakt steht.

Nachdem er in seinen ersten Monaten in Liverpool mit einigen unglücklichen Ausflügen aus seinem Kasten und Fehlern im Aufbau aufgefallen war, ist Karius mittlerweile auch spielerisch ein Rückhalt für die Reds. "Er ist mit dem Fuß stark, strahlt Ruhe aus und hat einige gute Paraden gezeigt", lobte Mittelfeldmann James Milner seinen Keeper.

In der Nationalmannschaft kein Thema

Auch Jürgen Klopp war zuletzt voll des Lobes für seine Nummer eins. "Loris ist immer noch ein junger Torhüter mit riesigem Potenzial, der einen herausragenden Job macht", befand der Liverpool-Coach beispielsweise nach dem Viertelfinaltriumph über Manchester City.

Im Lager der deutschen Nationalmannschaft fällt der Name Karius als dritter Torwart bei der bevorstehenden WM in Russland trotz der weiter unklaren Situation um Manuel Neuer bisher nicht. Vielmehr droht Karius seinen Platz zwischen den Liverpooler Pfosten gar bald zu verlieren, geht es nach den Fußballexperten auf der Insel.

Vor allem Sloweniens Jan Oblak, derzeit bei Atlético Madrid unter Vertrag, und Brasiliens Nummer eins Alisson Becker vom Königsklassengegner AS Roma werden immer wieder mit dem LFC in Verbindung gebracht.

Spekulationen dauern an

Der 25 Jahre alte Alisson spielt ebenfalls eine starke Champions-League-Saison und hat einen großen Teil zum Aufschwung der Roma beigetragen. Der Keeper mit deutschen Wurzeln hat seinen Kasten in der Serie A in 35 Einsätzen beeindruckende 15 Mal sauber gehalten.

Im direkten Duell mit Karius hat der Stammkeeper der Selecao im Hinspiel aber klar den Kürzeren gezogen. Zwar trug er an keinem der fünf Gegentreffer explizit die Schuld. Argumente für eine Verpflichtung lieferte er allerdings ebenso wenig.

Dennoch wird es an der Anfield Road Spekulationen über einen neuen Torwart wohl immer geben. Hält Lorius Karius im Rückspiel gegen die Roma das erste Liverpooler Champions-League-Finale seit elf Jahren fest, dürften diese aber selbst dort zumindest für kurze Zeit verstummen.

Lennart Wegner