DFB-Legenden plaudern aus dem Nähkästchen

Etliche Gänsehautmomente gab es am Montagabend im Deutschen Fußballmuseum in Dortmund, als "Die Erste Elf" mit Franz Beckenbauer, Uwe Seeler und Lothar Matthäus an der Spitze in die Ruhmeshalle aufgenommen wurde.
Selbst Franz Beckenbauer hielt es fast bis drei Uhr morgens aus und lauschte gebannt den Anekdoten, die Sepp Maier zu vorgerückter Stunde bei der After-Show-Party zum Besten gab. Das 75 Jahre alte Torwart-Unikum der deutschen Fußball-Nationalmannschaft und von Bayern München unterhielt schon zuvor die 400 geladenen Gäste aus Sport, Politik, Wirtschaft und Journalismus zur Aufnahme der "Ersten Elf" in die Hall of Fame im Deutschen Fußballmuseum in Dortmund.
Die "Katze von Anzing" gefiel sich sichtlich in der Rolle des Alleinunterhalters und lief sogar der Showgröße Thomas Gottschalk an diesem Abend den Rang ab. Neben dem Maier Sepp wurden die drei Ehrenspielführer Franz Beckenbauer, Uwe Seeler und Lothar Matthäus sowie Paul Breitner, Andreas Brehme, Günter Netzer und Matthias Sammer sowie der erkrankt fehlende Gerd Müller in die Hall of Fame aufgenommen.
"Uwe-Uwe"-Sprechchöre und Gänsehautmoment um Breitner und den Bomber
Als sich die anwesenden glorreichen Acht am Ende der "ARD"-TV-Sendung zum Gruppenbild stellten, war allen Anwesenden klar, dass dies schon ein historischer Moment war. Posthum fanden die 1954-WM-Helden, Sepp Herberger, Fritz Walter und Helmut Rahn, ebenfalls Aufnahme in die Ruhmeshalle.
Für den größten Gänsehautmoment sorgte Breitner, als er fast zum Abschluss des Zweieinhalb-Stundenprogramms im Fußballmuseum von seinem Besuch beim an Alzheimer erkrankten "Bomber" Gerd Müller zwei Tage zuvor im Pflegeheim berichtete. Er dankte seinem einstigen Mitspieler beim FC Bayern und in der Weltmeistermannschaft von 1974 ("Ohne ihn wäre ich heute nicht hier") und forderte die Anwesenden auf, für den Bundesliga-Rekordtorjäger (365 Treffer) und Schützen des 2:1-Siegtores im WM-Endspiel 1974 aufzustehen.
Die größten Ovationen und "Uwe-Uwe"-Sprechchöre gab es für Seeler. Die 82 Jahre alte Ikone des Hamburger SV bedankte sich gewohnt bescheiden für die Aufnahme in die Ruhmeshalle: "Es freut mich, dass man an mich gedacht hat!" Die Laudatio auf das Stürmertrio Müller, Seeler, Rahn hielt im Übrigen der umstrittene DFB-Präsident Reinhard Grindel, der zumindest hier einen grundsoliden Auftritt hinlegte.
Maier unterhielt derweil die Anwesenden, indem er eine Prise Schnupftabak mit einem eigens organisierten Gerät in die Nase katapultierte. Der Flachs blühte, als Netzer vom Verkauf seines Jaguar-Sportwagens an "Kaiser" Beckenbauer berichtete. Dieser kurze Zeit später aber bei ihm anrief und sich beklagte, dass die Bremsen nicht funktionierten und der Wagen undicht sei. Netzer: "Ich habe ihm gesagt: 'Das ist bei englischen Sportwagen halt so'."
Anekdoten über Anekdoten
Beckenbauer bewies aber seine Geschäftstüchtigkeit und verkaufte den Jaguar an den 1974er-WM-Champion Wolfgang Overath, der zum Entsetzen von Netzer den Sportwagen - vielleicht aus Rache? - pinkfarben umspritzen ließ.
Netzer, der einst aus der "Tiefe des Raumes" kommend den Ramba-Zamba-Fußball der 1972er-Europameistermannschaft prägte, erzählte auch, wie sein Ex-Trainer Hennes Weisweiler bei Borussia Mönchengladbach reagierte, als er in der Provinzstadt die Diskothek "lovers lane" aufmachte und er den Fußball-Professor vom Bökelberg zur Eröffnung einlud. "'Das ist das Ende', sagte mir Weisweiler daraufhin, er glaubte, ich würde jede Nacht bis morgens hinterm Tresen stehen", berichtete Netzer.
Sehr lustig war die Story, wie er Real-Präsident Santiago Bernabeu 1974 davon überzeugte, Paul Breitner von den Bayern zu verpflichten. Dabei zog der allmächtige Boss der Königlichen zwei Fotos von Breitner aus dem Schreibtisch, eines zeigte ihn vor einem Poster von Mao Tse-Tung, ein anderes mit einem Foto von Che Guevara. Netzer: "Es herrschte noch die Franco-Zeit, ich musste ihm versprechen, die Verantwortung für Paul zu übernehmen." Was offenbar leichter gesagt als getan war ...
Breitner revanchierte sich immerhin bei Netzer, der bestimmt nicht zu den laufstärksten deutschen Fußballstars der Geschichte zählte. "Ich habe gesagt: 'Günter, du bist ein Künstler, lauf bitte keinen Schritt in Richtung eigene Hälfte. Du als Künstler bekommst den Ball, wenn wir nach vorne spielen.' Günter hat dann eine überragende Saison gespielt ...", gab Breitner in launigen Worten zum Besten.
Eine von vielen Anekdoten, die die "Hall-of-Famer" mit 665 Länderspielen und sieben Weltmeistertiteln zum Vergnügen der Gäste ausplauderten.