14.01.2020 13:19 Uhr

FC Bayern im Check: "Machtprobe" und Test-Debakel

Den FC Bayern plagen einige Probleme
Den FC Bayern plagen einige Probleme

Vor dem Rückrundenstart tanzt der FC Bayern München erwartungsgemäß noch auf allen Hochzeiten. Die Winterpause offenbarte allerdings einige Baustellen, die einen erfolgreichen Saisonverlauf gefährden könnten - unter anderem den Transfer-Zwist zwischen Trainer Hansi Flick und Sportdirektor Hasan Salihamidzic. Wo liegen Chancen, wo lauern Probleme? Der FC Bayern im weltfussball-Rückrundencheck:

  • Testspiele/Form

Dass Testspiele die aktuelle Form nur bedingt widerspiegeln, lässt sich nur schwer von der Hand weisen. Die krachende 2:5-Ohrfeige gegen den 1. FC Nürnberg deckte dennoch schonungslos auf, dass beim FC Bayern längst nicht eitel Sonnenschein herrscht.

Dass der Club die Münchner in Halbzeit zwei mit 4:1 vom Platz fegte, mag zwar der Tatsache geschuldet sein, dass Flick Ersatzkeeper Sven Ulreich flankiert von zehn Talenten ins Rennen schickte. Mit elf gestandenen Top-Stars reichte es in Halbzeit eins allerdings auch nur zu einem ernüchternden 1:1 - ein Dämpfer für das Mia-san-mia-Selbstverständnis. 

"Wir haben eine Woche Trainingslager hinter uns. Aber mit dem Ergebnis kann ich nicht zufrieden sein. In der ersten Halbzeit habe ich einiges gesehen, was mir gefallen hat, aber auch das eine oder andere, was mir nicht gefallen hat. In der zweiten Halbzeit waren wir dann einen Tick überfordert", fasste Flick das Geschehen treffend zusammen.

  • Das Personal

"Wichtig war für mich, dass sich kein Spieler verletzt hat", ließ Flick nach dem Debakel in Nürnberg verlauten und legte den Finger damit nicht zum ersten Mal in die Wunde.

Denn der FC Bayern geht personell am Stock: Die verletzten Lucas Hernández, Kingsley Coman, Javi Martínez und Niklas Süle sowie der gelbgesperrte Joshua Kimmich fallen zum Rückrundenauftakt bei Hertha BSC sicher aus.

Zählt man die angeschlagenen Serge Gnabry (Achillessehnenprobleme) und Robert Lewandowski, der nach seiner Leisten-OP am Mittwoch wieder ins Training einsteigen soll, dazu, bleiben Flick gerade einmal zwölf (!) gestandene Feldspieler.

  • Die Transfers

Die angespannte Personalsituation nutzte Flick, um in der Winterpause offensiv und öffentlich Neuzugänge zu fordern. "Wir brauchen auf jeden Fall noch Verstärkung", offenbarte der 54-Jährige der "Süddeutschen Zeitung" und konkretisierte: "Ich denke da an mindestens zwei Spieler - auf jeden Fall einen für die Defensive und vielleicht auch für die offensive Außenbahn."


Mehr dazu: Rechtsverteidiger und Flügelstürmer gesucht: Die Transferkandidaten des FC Bayern 


Auf eine Vollzugsmeldung in Sachen Transfers wartet Flick bislang vergeblich. Stattdessen setzte es für die "mediale Kaderplanung" einen Rüffel von Hasan Salihamidzic.

Gegenüber "Bild am Sonntag" schloss der designierte Sportvorstand zwar Transfers nicht kategorisch aus, verwies jedoch ausdrücklich auf die Schwierigkeiten des Marktes im Winter und legte seinem Trainer Lösungen nahe, "die man nicht auf dem Zettel hatte: zum Beispiel junge Spieler, die ins kalte Wasser geworfen werden und überraschen, oder auch Positionswechsel, die so nicht vorgesehen waren, aber funktionieren."

  • Das bereitet Sorgen

"Wenn wir bis zum Ende auf drei Hochzeiten tanzen wollen, brauchen wir mehr fitte Spieler als nur 13 oder 14", verwies nach Flick unlängst auch Bayern-Leader Joshua Kimmich auf den derzeitigen Mangel an Alternativen im kleinen Münchner Kader.

Der Führungsspieler offenbarte damit aber auch ein Dilemma Flicks. Als im Herbst ein Nachfolger für Niko Kovac gesucht wurde, lag die Beförderung von Co-Trainer Flick förmlich auf dem Silbertablett. Schließlich kennt Flick die Mechanismen des Vereins und viele Stars bereits seit seiner langjährigen Tätigkeit als Assistent des DFB-Teams. Dass Flick jedoch ausgerechnet beim deutschen Rekordmeister erstmals hauptverantwortlich als Cheftrainer die Zügel in die Hand nehmen darf, ist dennoch eine einmalige Chance.

Um nach Vertragsende im Sommer 2020 nicht wieder kleinere Brötchen backen zu müssen, braucht Flick aber wohl mindestens das Double oder den Meistertitel und eine sehr überzeugende K.o.-Phase in der Champions League - große Ziele, die nicht nur laut Kimmich durch die vielen Verletzungen gefährdet sind.

Flicks ungewohnt offene Transferforderung zeigen, dass der langjährige Schattenmann von Bundestrainer Joachim Löw um seinen Posten kämpfen wird.

Ein Vorgeschmack auf das, was an der Isar bei ausbleibenden Top-Leistungen drohen könnte? Die "Süddeutsche Zeitung" rief bereits die "Machtprobe beim FC Bayern" aus.  "Ich kann mir vieles vorstellen, aber das kann ich mir im Moment nicht vorstellen", schloss Flick gegenüber dem "kicker" eine geräuschlose Rückkehr ins zweite Glied aus.

  • Das macht Hoffnung

Der FC Bayern wäre nicht der FC Bayern, wenn man in München ernsthaft daran zweifeln würde, die Konkurrenz aus Leipzig und Mönchengladbach noch abzufangen. Im vergangenen Jahr bekam das der BVB zu spüren, der in der zweiten Halbserie einen Neun-Punkte-Vorsprung auf den FCB verspielte. 

Zum Vergleich: Spitzenreiter RB Leipzig trennen vorm 18. Spieltag gerade einmal vier Zähler von den Bayern. "Wir wollen das umbiegen und Meister werden", untermauerte Kimmich im Rahmen des Trainingslagers die Ambitionen des Serienmeisters.

Zudem kehren einige Leistungsträger in den kommenden Wochen zurück auf den Rasen, sodass die aktuellen Personalsorgen bald auch ohne externe Transfers zumindest entschärft sein dürften.

  • Die Prognose

Die Liga sehnt sich nach sieben Bayern-Titeln in Serie nach einem neuen Meister. Den Gefallen werden Flick und Co. Fußball-Deutshland allerdings wohl nur erweisen, wenn sie das schwere Auftaktprogramm bei Jürgen Klinsmanns Hertha BSC und gegen den FC Schalke 04 in den Sand setzen.

Liefert der FC Bayern hingegen zum Rückrundenstart ab und sammelt das nötige Selbstvertrauen, dürfte bereits am 21. Spieltag ein großer Schritt in Richtung des nächsten Titels gemacht werden. Dann gastiert RB Leipzig in der Allianz Arena.

Marc Affeldt