04.02.2022 07:23 Uhr

Riskanter Sparkurs bei Hertha BSC

Hertha BSC will den Klassenerhalt schaffen
Hertha BSC will den Klassenerhalt schaffen

Mit vier Neuzugängen hat Hertha BSC die meisten Spieler aller Bundesligisten im zurückliegenden Wintertransferfenster unter Vertrag genommen. Dennoch musste der Hauptstadtklub einen risikoreichen Sparkurs fahren. Positionsgetreue Ersatzspieler für Abgänge wurden zudem nicht verpflichtet. Eine Transfer-Bilanz.

"Wir haben genau das gemacht, was wir uns vorgenommen haben", lautet das Fazit von Herthas Geschäftsführer Fredi Bobic zum Wintertransferfenster. Dabei hatten die Berliner noch auf mindestens zwei weiteren Positionen nachlegen wollen.

Mit Marc Oliver Kempf (VfB Stuttgart/500.000 Euro Ablöse), Fredrik André Björkan (FK Bodö Glimt/ablösefrei), Dong-jun Lee (Ulsan Hyundai/800.000 Euro Ablöse) und Kélian Nsona (SM Caen/500.000 Euro Ablöse) hat Hertha BSC gleich vier Mal auf dem Transfermarkt zugeschlagen.

Gerade in Kempf stecken die Verantwortlichen der Alten Dame große Hoffnungen. Der Innenverteidiger soll direkt als neuer Abwehrchef agieren und die desolate Verteidigung der Berliner stabilisieren.

Für den ehemaligen U21-Nationalspieler, der in Stuttgart zuletzt nur wenig Spielpraxis erhielt, wird das aber keine leichte Aufgabe. Mit 42 Gegentoren stellt Hertha BSC hinter der SpVgg Greuther Fürth die zweitschlechteste Abwehr der Bundesliga. Bobic ist dennoch optimistisch: "Er ist Kapitän des VfB Stuttgart gewesen und ein Spieler, der von jetzt auf nachher funktioniert." Außerdem verfüge Kempf über eine "unheimliche Mentalität", die im Abstiegskampf von großer Bedeutung sein kann.

Hertha BSC: Fredrik Björkan als direkte Verstärkung?

Auch Fredrik Björkan soll eine direkte Verstärkung werden, wie Bobic betonte: "Wir haben in Fredrik Björkan und Marc Oliver Kempf zwei Spieler verpflichtet, die uns direkt weiterhelfen können."

Der norwegische Linksverteidiger kam ablösefrei von FK Bodö Glimt, nur ein Handgeld musste Hertha zahlen. Björkan gilt als laufstark und spielfreudig, immer wieder schaltet er sich mit in die Offensive ein. In seiner Heimatliga sammelte er in der Saison 2021 in 27 Einsätzen sieben Scorerpunkte (ein Tor, sechs Vorlagen). 

In Berlin sind seine künftigen Konkurrenten Marvin Plattenhardt und Maximilian Mittelstädt, die zuletzt beide keinen sehr sicheren Eindruck hinterließen. Gegen den FC Bayern (1:4) feierte Björkan bereits sein Debüt und wurde nach etwa einer Stunde eingewechselt.

Dong-jun Lee braucht wohl noch Zeit bei Hertha BSC

Im südkoreanischen Nationalspieler Dong-jun Lee, der aus seiner Heimat von Ulsan Hyundai zu den Berlinern wechselte, sieht Bobic einen Spieler, "der eine gewisse Fantasie mitbringt".

Laut dem Geschäftsführer kann sich Hertha über einen "schnellen, wendigen und dribbelstark" Flügelstürmer freuen, der "trotz seiner geringen Körpergröße durchsetzungsstark und mit einem guten Kopfballspiel ausgestattet" ist. Bis sich Lee an das Niveau in der Bundesliga gewöhnt und sich in Deutschland eingelebt hat, dürfte aber wohl noch etwas Zeit vergehen.

Kélian Nsona als Transfer für die Zukunft

Die Verpflichtung von Kélian Nsona sei ein "Vorgriff auf den Sommer", wie Bobic betonte. Der 19-Jährige kam vom französischen Zweitligisten SM Caen zum Hauptstadtklub und unterschrieb dort einen Vertrag bis 2026.

Der Franzose kann sowohl auf der linken als auch auf der rechten Angriffsposition spielen und passt mit seiner Schnelligkeit gut in Herthas Anforderungsprofil. Im Abstiegskampf wird Nsona aber wohl noch keine Rolle spielen, der Youngster befindet sich nach einem Kreuzbandriss im Aufbautraining.

Hertha BSC: Kein Ersatz für Abgänge

Den vier Neuzugängen stehen die Abgänge von Krzysztof Piatek (Leihe zur AC Florenz), Deyovaisio Zeefuik (Leihe zu den Blackburn Rovers), Jordan Torunarigha (Leihe zu KAA Gent) und Dennis Jastrzembski (ablösefreier Wechsel zu Slask Wroclaw) gegenüber.

Ersatzspieler für Stürmer Piatek oder Rechtsverteidiger Zeefuik sind Fehlanzeige. Dabei hatte Bobic Verstärkungen auf genau diesen Positionen selbst als Ziel für den Winter auserkoren.

Mögliche Kandidaten waren Lucas Alario von Bayer Leverkusen und Danny da Costa von Eintracht Frankfurt. "Aber auch in diesen Fällen haben wir gesagt, dass es nicht umsetzbar ist", gab Bobic mit Blick auf die finanziell begrenzten Möglichkeiten zu. In Zeiten von Corona sei die Prämisse des Klubs gewesen, möglichst Personalkosten zu sparen und mit dem Geld "sogfältig umzugehen".

Dass Hertha finanziell in die Bredouille kommt, ist angesichts der Millionen-Spritze von Investor Lars Windhorst kaum vorstellbar. Neben der Corona-Pandemie sorgten aber vor allem Fehleinkäufe wie die von Dodi Lukebakio, Matheus Cunha, Lucas Tousart und Piatek für den neu auferlegten Sparkurs der Alten Dame.

Mehr Alternativen oder hochkarätige Verstärkungen stehen Trainer Tayfun Korkut in der restlichen Rückrunde also nicht zur Verfügung - ein Risiko, das gerade im Abstiegskampf zum Verhängnis werden könnte.

Lissy Beckonert